Etrusker arbeiten. Die Gebräuche, Trachten und Mythen, welche sie darstellen, sind fast ausschliesslich griechisch. Der Zeit nach mögen sie meist in das VI.--III. Jahrh. v. Chr. fallen; zur Zeit der Römer- herrschaft über Italien wurde nicht mehr in diesem Styl gearbeitet und Pompeji liefert z. B. keine Vasen der Art mehr.
Zum täglichen Gebrauch für Küche, Tisch und Waschung haben wohl nur die Wenigsten gedient. Ihre Bedeutung ist eine festliche, man erhielt sie als Kampfpreis, als Hochzeitgeschenk u. s. w.; hatte man sie das Leben hindurch als Schmuck in der Wohnung vor sich gehabt, so erhielt sie der Todte zur Begleitung mit in das Grab. Viele aber, und zwar von den wichtigsten, wurden wohl ausschliess- lich für den Gräberluxus des alten Italiens gefertigt. Rings um die Leiche herum pflegen sie in den Gruftkammern gefunden zu werden, leider fast durchgängig in einer Menge von Scherben, die sich nicht immer glücklich zusammensetzen lassen.
Es sind Gefässe jeder Gattung und Gestalt, von der riesigen Am- phore bis zum kleinsten Näpfchen. Da sie aber nicht zu gemeinem Gebrauche benützt wurden, konnte man an jeder Form -- Amphore, Urne, Topf, Schale, Trinkhorn u. s. w. -- das Schöne und Bedeu- tende nach Belieben hervortreten lassen.
Mit höchstem Wohlgefallen verweilt das Auge schon bei den Formen und Profilen, welche der Töpfer dem Gefäss gab. Die strenge plastische Durchführung, welche wir an den marmornen Prachtvasen fanden, wäre hier nicht an der Stelle gewesen; was aber von einfach schöner Form mit dem Drehrad vereinbar ist, das wurde angewandt. Freilich sind die von freier Hand gearbeiteten Henkel oft ganz be- sonders schön und lebendig.
Die aufgemalten Ornamente tragen ebenfalls nicht wenig zur Be- lebung des Gefässes bei, indem sie gerade für ihre Stelle und Func- tion bezeichnend gebildet sind.
Den untern Auslauf der Henkel schmücken oft ganze Büschel von Palmetten (d. h. immer ein oval gespitztes Blatt von geschwunge- nen kleinen Seitenblättern begleitet), in welchen gleichsam die über- schüssige Elasticität sich ausströmt. Am obern Rande der Vase, als Sinnbild des darin Enthaltenen, zieht sich wellenförmiges Blumwerk hin; den Hals umgeben strengere Palmetten oder auch bloss senk-
Antike Malerei.
Etrusker arbeiten. Die Gebräuche, Trachten und Mythen, welche sie darstellen, sind fast ausschliesslich griechisch. Der Zeit nach mögen sie meist in das VI.—III. Jahrh. v. Chr. fallen; zur Zeit der Römer- herrschaft über Italien wurde nicht mehr in diesem Styl gearbeitet und Pompeji liefert z. B. keine Vasen der Art mehr.
Zum täglichen Gebrauch für Küche, Tisch und Waschung haben wohl nur die Wenigsten gedient. Ihre Bedeutung ist eine festliche, man erhielt sie als Kampfpreis, als Hochzeitgeschenk u. s. w.; hatte man sie das Leben hindurch als Schmuck in der Wohnung vor sich gehabt, so erhielt sie der Todte zur Begleitung mit in das Grab. Viele aber, und zwar von den wichtigsten, wurden wohl ausschliess- lich für den Gräberluxus des alten Italiens gefertigt. Rings um die Leiche herum pflegen sie in den Gruftkammern gefunden zu werden, leider fast durchgängig in einer Menge von Scherben, die sich nicht immer glücklich zusammensetzen lassen.
Es sind Gefässe jeder Gattung und Gestalt, von der riesigen Am- phore bis zum kleinsten Näpfchen. Da sie aber nicht zu gemeinem Gebrauche benützt wurden, konnte man an jeder Form — Amphore, Urne, Topf, Schale, Trinkhorn u. s. w. — das Schöne und Bedeu- tende nach Belieben hervortreten lassen.
Mit höchstem Wohlgefallen verweilt das Auge schon bei den Formen und Profilen, welche der Töpfer dem Gefäss gab. Die strenge plastische Durchführung, welche wir an den marmornen Prachtvasen fanden, wäre hier nicht an der Stelle gewesen; was aber von einfach schöner Form mit dem Drehrad vereinbar ist, das wurde angewandt. Freilich sind die von freier Hand gearbeiteten Henkel oft ganz be- sonders schön und lebendig.
Die aufgemalten Ornamente tragen ebenfalls nicht wenig zur Be- lebung des Gefässes bei, indem sie gerade für ihre Stelle und Func- tion bezeichnend gebildet sind.
Den untern Auslauf der Henkel schmücken oft ganze Büschel von Palmetten (d. h. immer ein oval gespitztes Blatt von geschwunge- nen kleinen Seitenblättern begleitet), in welchen gleichsam die über- schüssige Elasticität sich ausströmt. Am obern Rande der Vase, als Sinnbild des darin Enthaltenen, zieht sich wellenförmiges Blumwerk hin; den Hals umgeben strengere Palmetten oder auch bloss senk-
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Antike Malerei.
Etrusker arbeiten. Die Gebräuche, Trachten und Mythen, welche sie
darstellen, sind fast ausschliesslich griechisch. Der Zeit nach mögen
sie meist in das VI.—III. Jahrh. v. Chr. fallen; zur Zeit der Römer-
herrschaft über Italien wurde nicht mehr in diesem Styl gearbeitet
und Pompeji liefert z. B. keine Vasen der Art mehr.
Zum täglichen Gebrauch für Küche, Tisch und Waschung haben
wohl nur die Wenigsten gedient. Ihre Bedeutung ist eine festliche,
man erhielt sie als Kampfpreis, als Hochzeitgeschenk u. s. w.; hatte
man sie das Leben hindurch als Schmuck in der Wohnung vor sich
gehabt, so erhielt sie der Todte zur Begleitung mit in das Grab.
Viele aber, und zwar von den wichtigsten, wurden wohl ausschliess-
lich für den Gräberluxus des alten Italiens gefertigt. Rings um die
Leiche herum pflegen sie in den Gruftkammern gefunden zu werden,
leider fast durchgängig in einer Menge von Scherben, die sich nicht
immer glücklich zusammensetzen lassen.
Es sind Gefässe jeder Gattung und Gestalt, von der riesigen Am-
phore bis zum kleinsten Näpfchen. Da sie aber nicht zu gemeinem
Gebrauche benützt wurden, konnte man an jeder Form — Amphore,
Urne, Topf, Schale, Trinkhorn u. s. w. — das Schöne und Bedeu-
tende nach Belieben hervortreten lassen.
Mit höchstem Wohlgefallen verweilt das Auge schon bei den
Formen und Profilen, welche der Töpfer dem Gefäss gab. Die strenge
plastische Durchführung, welche wir an den marmornen Prachtvasen
fanden, wäre hier nicht an der Stelle gewesen; was aber von einfach
schöner Form mit dem Drehrad vereinbar ist, das wurde angewandt.
Freilich sind die von freier Hand gearbeiteten Henkel oft ganz be-
sonders schön und lebendig.
Die aufgemalten Ornamente tragen ebenfalls nicht wenig zur Be-
lebung des Gefässes bei, indem sie gerade für ihre Stelle und Func-
tion bezeichnend gebildet sind.
Den untern Auslauf der Henkel schmücken oft ganze Büschel
von Palmetten (d. h. immer ein oval gespitztes Blatt von geschwunge-
nen kleinen Seitenblättern begleitet), in welchen gleichsam die über-
schüssige Elasticität sich ausströmt. Am obern Rande der Vase, als
Sinnbild des darin Enthaltenen, zieht sich wellenförmiges Blumwerk
hin; den Hals umgeben strengere Palmetten oder auch bloss senk-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 716. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/738>, abgerufen am 18.12.2024.
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