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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Sculptur des XVI. Jahrhunderts. Montorsoli.
vinische Inspiration; die (ungeschickter Weise viel grösser gebildeten)
Statuen über den beiden Seitenthüren und unten an den Seiten des
Altares, sowie die sämmtlichen Sculpturen der Rückseite mehr das
Öde und Allgemeine der römischen Schule. -- Nicht sehr viel früher
aarbeitete M. die Statuen des Moses und Paulus in der Capella de'
Pittori bei der Annunziata in Florenz. (Die ebendort befindlichen
sitzenden Statuen sind von Verschiedenen nach den gemalten Pro-
pheten der sixtinischen Capelle in Thon modellirt; ein Zeugniss mehr
für den Einfluss der letztern auf die ganze Sculptur, welche noch
heute daraus Belehrung schöpfen kann.)

b

Das Grabmal Sannazaro's in S. Maria del Parto zu Neapel,
woran die sitzenden Statuen des Apoll und der Minerva (in David
und Judith travestirt) von M.'s Hand sind (der Rest von Santacroce)
bekenne ich nicht gesehen zu haben.


Ein anderer Schüler Michelangelo's, Rafaelle da Montelupo,
carbeitete nach des Meisters Modellen in der mediceischen Capelle den
dheil. Damian und oben am Grabmal Julius II die Statuen des Propheten
und der Sibylle (S. 670, b). Von seinen unabhängigen Werken ist die
etüchtige und einfache Grabstatue des Cardinals Rossi (in der Vorhalle
von S. Felicita in Florenz) zu nennen.

Guglielmo della Porta (+ 1577) könnte nach seiner frühern
und spätern Thätigkeit auf zwei verschiedene Stellen dieser Übersicht
vertheilt werden, wenn nicht auf der spätern Zeit, da er den Michel-
angelo nachahmte, der beträchtlich stärkere Accent läge. Seine frü-
hern Sachen, die den lombardischen Styl am Anfang des XVI. Jahrh.
repräsentiren, mit einem kleinen Anklang an A. Sansovino, sind be-
sonders zahlreich in Genua vorhanden. Sehr unerquicklich: die
fPropheten in Relief an den Säulenbasen des Tabernakels der Jo-
hannescapelle im Dom; -- höchst fleissig, überladen und von gesuchter
gBelebung in Draperie und Fleisch: die sieben Statuen am Altar des
linken Querschiffes ebenda; nur die mittlere, ein sitzender Christus,
hmit höherer Weihe; -- fast roh: die Gruppe Christi und des heil.
Thomas, an der Vorhalle von S. Tommaso. -- Später, unter dem sehr
nahen Einfluss Michelangelo's, entstand das berühmte Grabmal

Sculptur des XVI. Jahrhunderts. Montorsoli.
vinische Inspiration; die (ungeschickter Weise viel grösser gebildeten)
Statuen über den beiden Seitenthüren und unten an den Seiten des
Altares, sowie die sämmtlichen Sculpturen der Rückseite mehr das
Öde und Allgemeine der römischen Schule. — Nicht sehr viel früher
aarbeitete M. die Statuen des Moses und Paulus in der Capella de’
Pittori bei der Annunziata in Florenz. (Die ebendort befindlichen
sitzenden Statuen sind von Verschiedenen nach den gemalten Pro-
pheten der sixtinischen Capelle in Thon modellirt; ein Zeugniss mehr
für den Einfluss der letztern auf die ganze Sculptur, welche noch
heute daraus Belehrung schöpfen kann.)

b

Das Grabmal Sannazaro’s in S. Maria del Parto zu Neapel,
woran die sitzenden Statuen des Apoll und der Minerva (in David
und Judith travestirt) von M.’s Hand sind (der Rest von Santacroce)
bekenne ich nicht gesehen zu haben.


Ein anderer Schüler Michelangelo’s, Rafaelle da Montelupo,
carbeitete nach des Meisters Modellen in der mediceischen Capelle den
dheil. Damian und oben am Grabmal Julius II die Statuen des Propheten
und der Sibylle (S. 670, b). Von seinen unabhängigen Werken ist die
etüchtige und einfache Grabstatue des Cardinals Rossi (in der Vorhalle
von S. Felicita in Florenz) zu nennen.

Guglielmo della Porta († 1577) könnte nach seiner frühern
und spätern Thätigkeit auf zwei verschiedene Stellen dieser Übersicht
vertheilt werden, wenn nicht auf der spätern Zeit, da er den Michel-
angelo nachahmte, der beträchtlich stärkere Accent läge. Seine frü-
hern Sachen, die den lombardischen Styl am Anfang des XVI. Jahrh.
repräsentiren, mit einem kleinen Anklang an A. Sansovino, sind be-
sonders zahlreich in Genua vorhanden. Sehr unerquicklich: die
fPropheten in Relief an den Säulenbasen des Tabernakels der Jo-
hannescapelle im Dom; — höchst fleissig, überladen und von gesuchter
gBelebung in Draperie und Fleisch: die sieben Statuen am Altar des
linken Querschiffes ebenda; nur die mittlere, ein sitzender Christus,
hmit höherer Weihe; — fast roh: die Gruppe Christi und des heil.
Thomas, an der Vorhalle von S. Tommaso. — Später, unter dem sehr
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[678/0700] Sculptur des XVI. Jahrhunderts. Montorsoli. vinische Inspiration; die (ungeschickter Weise viel grösser gebildeten) Statuen über den beiden Seitenthüren und unten an den Seiten des Altares, sowie die sämmtlichen Sculpturen der Rückseite mehr das Öde und Allgemeine der römischen Schule. — Nicht sehr viel früher arbeitete M. die Statuen des Moses und Paulus in der Capella de’ Pittori bei der Annunziata in Florenz. (Die ebendort befindlichen sitzenden Statuen sind von Verschiedenen nach den gemalten Pro- pheten der sixtinischen Capelle in Thon modellirt; ein Zeugniss mehr für den Einfluss der letztern auf die ganze Sculptur, welche noch heute daraus Belehrung schöpfen kann.) a Das Grabmal Sannazaro’s in S. Maria del Parto zu Neapel, woran die sitzenden Statuen des Apoll und der Minerva (in David und Judith travestirt) von M.’s Hand sind (der Rest von Santacroce) bekenne ich nicht gesehen zu haben. Ein anderer Schüler Michelangelo’s, Rafaelle da Montelupo, arbeitete nach des Meisters Modellen in der mediceischen Capelle den heil. Damian und oben am Grabmal Julius II die Statuen des Propheten und der Sibylle (S. 670, b). Von seinen unabhängigen Werken ist die tüchtige und einfache Grabstatue des Cardinals Rossi (in der Vorhalle von S. Felicita in Florenz) zu nennen. c d e Guglielmo della Porta († 1577) könnte nach seiner frühern und spätern Thätigkeit auf zwei verschiedene Stellen dieser Übersicht vertheilt werden, wenn nicht auf der spätern Zeit, da er den Michel- angelo nachahmte, der beträchtlich stärkere Accent läge. Seine frü- hern Sachen, die den lombardischen Styl am Anfang des XVI. Jahrh. repräsentiren, mit einem kleinen Anklang an A. Sansovino, sind be- sonders zahlreich in Genua vorhanden. Sehr unerquicklich: die Propheten in Relief an den Säulenbasen des Tabernakels der Jo- hannescapelle im Dom; — höchst fleissig, überladen und von gesuchter Belebung in Draperie und Fleisch: die sieben Statuen am Altar des linken Querschiffes ebenda; nur die mittlere, ein sitzender Christus, mit höherer Weihe; — fast roh: die Gruppe Christi und des heil. Thomas, an der Vorhalle von S. Tommaso. — Später, unter dem sehr nahen Einfluss Michelangelo’s, entstand das berühmte Grabmal f g h

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 678. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/700>, abgerufen am 16.07.2024.