Minerva zu Rom (um 1527). Es ist eines seiner liebenswürdigsten Werke; Kreuz und Rohr sind zu der nackten Gestalt und ihrer Be- wegung edel und geschickt geordnet, der Oberleib eines der schönsten Motive der neuern Kunst; der sanfte Ausdruck und die Bildung des Kopfes mag so wenig dem Höchsten genügen als irgend ein Christus, und doch wird man diesen milden Blick des "Siegers über den Tod" auf die Gemeinde der Gläubigen schön und tief gefühlt nennen müssen. aEbenfalls wohl aus dieser Zeit: die nur aus dem Rohen gehauene und in diesem Zustand sehr viel versprechende Statue eines Jünglings, in den Uffizien (zweiter Gang), wahrscheinlich Apoll, der mit der Linken über die Schulter greift, um einen Pfeil aus dem Köcher zu holen. -- Dessgleichen, wenigstens aus der ersten Hälfte von Michelangelo's bLeben: das runde Relief in den Uffizien (Gang der tosc. Sculptur), Madonna mit dem auf ihr Buch lehnenden Kinde, hinten der kleine Johannes; wundervoll in diesen Raum componirt und, soweit die Ar- beit vollendet ist, edel und leicht belebt.
Die Arbeiten des vorgerückten Alters möchten etwa mit dem ctodten Adonis der Uffizien (zweiter Gang) zu beginnen sein. Der Künstler hat Alles gethan, um die Statue plastisch interessant zu ma- chen; der Körper beginnt auf der rechten Seite liegend und wendet sich nachher mehr nach links; unter den gekreuzten Füssen lagert der Eber, dessen Zahn dem Jüngling die (sehr grelle) Schenkelwunde bei- gebracht hat. Aber der Kopf gehört zu den manierirtesten und der Leib ist von keiner schönen Bildung.
Um das Jahr 1529 soll dann die Arbeit an den Statuen der welt- dberühmten mediceischen Capelle (oder Sagrestia nuova) bei S. Lorenzo ihren Anfang genommen haben. Selten hat ein Künstler freier über Ort und Aufstellung verfügen können (vgl. S. 329, c). Die Denkmäler wirken desshalb in diesem Raum ganz vorzüglich, schon wenn man sie nur als Ergänzung und Resultat der Architektur be- trachtet. Um die Figuren gross erscheinen zu lassen, hat der Künstler sie in eine aus kleinen Gliedern gebildete bauliche Decoration einge- rahmt, deren Detail freilich nicht zu rühmen ist. Die Aufgabe selbst enthielt eine starke Aufforderung zu allgemeinen Allegorien; es han-
Sculptur des XVI. Jahrhunderts. Michelangelo.
Minerva zu Rom (um 1527). Es ist eines seiner liebenswürdigsten Werke; Kreuz und Rohr sind zu der nackten Gestalt und ihrer Be- wegung edel und geschickt geordnet, der Oberleib eines der schönsten Motive der neuern Kunst; der sanfte Ausdruck und die Bildung des Kopfes mag so wenig dem Höchsten genügen als irgend ein Christus, und doch wird man diesen milden Blick des „Siegers über den Tod“ auf die Gemeinde der Gläubigen schön und tief gefühlt nennen müssen. aEbenfalls wohl aus dieser Zeit: die nur aus dem Rohen gehauene und in diesem Zustand sehr viel versprechende Statue eines Jünglings, in den Uffizien (zweiter Gang), wahrscheinlich Apoll, der mit der Linken über die Schulter greift, um einen Pfeil aus dem Köcher zu holen. — Dessgleichen, wenigstens aus der ersten Hälfte von Michelangelo’s bLeben: das runde Relief in den Uffizien (Gang der tosc. Sculptur), Madonna mit dem auf ihr Buch lehnenden Kinde, hinten der kleine Johannes; wundervoll in diesen Raum componirt und, soweit die Ar- beit vollendet ist, edel und leicht belebt.
Die Arbeiten des vorgerückten Alters möchten etwa mit dem ctodten Adonis der Uffizien (zweiter Gang) zu beginnen sein. Der Künstler hat Alles gethan, um die Statue plastisch interessant zu ma- chen; der Körper beginnt auf der rechten Seite liegend und wendet sich nachher mehr nach links; unter den gekreuzten Füssen lagert der Eber, dessen Zahn dem Jüngling die (sehr grelle) Schenkelwunde bei- gebracht hat. Aber der Kopf gehört zu den manierirtesten und der Leib ist von keiner schönen Bildung.
Um das Jahr 1529 soll dann die Arbeit an den Statuen der welt- dberühmten mediceischen Capelle (oder Sagrestia nuova) bei S. Lorenzo ihren Anfang genommen haben. Selten hat ein Künstler freier über Ort und Aufstellung verfügen können (vgl. S. 329, c). Die Denkmäler wirken desshalb in diesem Raum ganz vorzüglich, schon wenn man sie nur als Ergänzung und Resultat der Architektur be- trachtet. Um die Figuren gross erscheinen zu lassen, hat der Künstler sie in eine aus kleinen Gliedern gebildete bauliche Decoration einge- rahmt, deren Detail freilich nicht zu rühmen ist. Die Aufgabe selbst enthielt eine starke Aufforderung zu allgemeinen Allegorien; es han-
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Sculptur des XVI. Jahrhunderts. Michelangelo.
Minerva zu Rom (um 1527). Es ist eines seiner liebenswürdigsten
Werke; Kreuz und Rohr sind zu der nackten Gestalt und ihrer Be-
wegung edel und geschickt geordnet, der Oberleib eines der schönsten
Motive der neuern Kunst; der sanfte Ausdruck und die Bildung des
Kopfes mag so wenig dem Höchsten genügen als irgend ein Christus,
und doch wird man diesen milden Blick des „Siegers über den Tod“
auf die Gemeinde der Gläubigen schön und tief gefühlt nennen müssen.
Ebenfalls wohl aus dieser Zeit: die nur aus dem Rohen gehauene und
in diesem Zustand sehr viel versprechende Statue eines Jünglings, in
den Uffizien (zweiter Gang), wahrscheinlich Apoll, der mit der Linken
über die Schulter greift, um einen Pfeil aus dem Köcher zu holen. —
Dessgleichen, wenigstens aus der ersten Hälfte von Michelangelo’s
Leben: das runde Relief in den Uffizien (Gang der tosc. Sculptur),
Madonna mit dem auf ihr Buch lehnenden Kinde, hinten der kleine
Johannes; wundervoll in diesen Raum componirt und, soweit die Ar-
beit vollendet ist, edel und leicht belebt.
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Die Arbeiten des vorgerückten Alters möchten etwa mit dem
todten Adonis der Uffizien (zweiter Gang) zu beginnen sein. Der
Künstler hat Alles gethan, um die Statue plastisch interessant zu ma-
chen; der Körper beginnt auf der rechten Seite liegend und wendet
sich nachher mehr nach links; unter den gekreuzten Füssen lagert der
Eber, dessen Zahn dem Jüngling die (sehr grelle) Schenkelwunde bei-
gebracht hat. Aber der Kopf gehört zu den manierirtesten und der
Leib ist von keiner schönen Bildung.
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Um das Jahr 1529 soll dann die Arbeit an den Statuen der welt-
berühmten mediceischen Capelle (oder Sagrestia nuova) bei
S. Lorenzo ihren Anfang genommen haben. Selten hat ein Künstler
freier über Ort und Aufstellung verfügen können (vgl. S. 329, c). Die
Denkmäler wirken desshalb in diesem Raum ganz vorzüglich, schon
wenn man sie nur als Ergänzung und Resultat der Architektur be-
trachtet. Um die Figuren gross erscheinen zu lassen, hat der Künstler
sie in eine aus kleinen Gliedern gebildete bauliche Decoration einge-
rahmt, deren Detail freilich nicht zu rühmen ist. Die Aufgabe selbst
enthielt eine starke Aufforderung zu allgemeinen Allegorien; es han-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 672. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/694>, abgerufen am 18.12.2024.
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