Sculptur des XVI. Jahrhunderts. Benvenuto Cellini.
Ganzen nicht von glücklicher Anordnung (diese von Peruzzi), und auch im Einzelnen unplastisch überfüllt. Übrigens ist Tribolo's An- theil vielleicht auf die allegorischen Figuren zu beschränken; die liegende Statue ist bestimmt und das meiste übrige vielleicht von Michelangelo Sanese.
Die spätere Thätigkeit T.'s betraf zum Theil Decorationen des Augenblickes, für welche er ein besonderes Talent besass; auch wurde er eines der baulichen Factotum Cosimo's I (S. 401, b). Was von seinen (auch plastischen) Arbeiten in der Villa Castello unweit Florenz noch erhalten ist, weiss ich nicht anzugeben.
In diese Reihe gehört auch Benvenuto Cellini (1500--1572), der durch seine eigene Lebensbeschreibung eine grössere Bedeutung gewonnen hat als durch seine Werke. Von seinem decorativen Ver- dienst ist oben (S. 272) die Rede gewesen; hier handelt es sich um seine Bildwerke. Von grösserm Umfang und selbständiger Bedeutung aist bloss der eherne Perseus unter der Loggia de' Lanzi in Florenz. Benvenuto erscheint hier noch wesentlich als der Naturalist des XV. Jahrh., als der geistige Sohn Donatello's, allein das Motiv ist b ei aller Wunderlichkeit (man sehe die Verschränkung der Medusenleiche) doch nicht nur energisch, sondern auch in den Linien bedeutend, so- dass man die Mängel der an sich sehr fleissigen Einzelbehandlu ng, z. B. die Dürftigkeit des Rumpfes im Verhältniss zu den Extremitäten, darob übersehen mag. Die Statuetten an der Basis sind dagegen idealistisch manierirt in der schlechtesten Art der römischen Sch ule, das Relief ebenso und dabei möglichst unplastisch. -- In den Uffizien b(I. Zimmer der Br.) findet man ausser zwei unter sich verschiedenen Modellen zum Perseus, von welchen das wächserne den Vorzug ha ben möchte, die colossale Bronzebüste Cosimo's I, etwas gesucht in Schmuck und Haltung, aber von vortrefflicher Arbeit. -- Seine Restaurationen an- ctiker Werke, wie z. B. an dem Ganymed in den Uffizien (Saal d. Hermaphr.) sehen freilich sehr geziert aus 1).
1) Unter den Elfenbeinsachen im Pal. vecchio, Sala dell' Udienza, welche nebst *den dort aufgestellten Gegenständen von Bernstein durchschnittlich von ge- ringem Werthe sind, könnte ein S. Sebastian wirklich von ihm herrühren
Sculptur des XVI. Jahrhunderts. Benvenuto Cellini.
Ganzen nicht von glücklicher Anordnung (diese von Peruzzi), und auch im Einzelnen unplastisch überfüllt. Übrigens ist Tribolo’s An- theil vielleicht auf die allegorischen Figuren zu beschränken; die liegende Statue ist bestimmt und das meiste übrige vielleicht von Michelangelo Sanese.
Die spätere Thätigkeit T.’s betraf zum Theil Decorationen des Augenblickes, für welche er ein besonderes Talent besass; auch wurde er eines der baulichen Factotum Cosimo’s I (S. 401, b). Was von seinen (auch plastischen) Arbeiten in der Villa Castello unweit Florenz noch erhalten ist, weiss ich nicht anzugeben.
In diese Reihe gehört auch Benvenuto Cellini (1500—1572), der durch seine eigene Lebensbeschreibung eine grössere Bedeutung gewonnen hat als durch seine Werke. Von seinem decorativen Ver- dienst ist oben (S. 272) die Rede gewesen; hier handelt es sich um seine Bildwerke. Von grösserm Umfang und selbständiger Bedeutung aist bloss der eherne Perseus unter der Loggia de’ Lanzi in Florenz. Benvenuto erscheint hier noch wesentlich als der Naturalist des XV. Jahrh., als der geistige Sohn Donatello’s, allein das Motiv ist b ei aller Wunderlichkeit (man sehe die Verschränkung der Medusenleiche) doch nicht nur energisch, sondern auch in den Linien bedeutend, so- dass man die Mängel der an sich sehr fleissigen Einzelbehandlu ng, z. B. die Dürftigkeit des Rumpfes im Verhältniss zu den Extremitäten, darob übersehen mag. Die Statuetten an der Basis sind dagegen idealistisch manierirt in der schlechtesten Art der römischen Sch ule, das Relief ebenso und dabei möglichst unplastisch. — In den Uffizien b(I. Zimmer der Br.) findet man ausser zwei unter sich verschiedenen Modellen zum Perseus, von welchen das wächserne den Vorzug ha ben möchte, die colossale Bronzebüste Cosimo’s I, etwas gesucht in Schmuck und Haltung, aber von vortrefflicher Arbeit. — Seine Restaurationen an- ctiker Werke, wie z. B. an dem Ganymed in den Uffizien (Saal d. Hermaphr.) sehen freilich sehr geziert aus 1).
1) Unter den Elfenbeinsachen im Pal. vecchio, Sala dell’ Udienza, welche nebst *den dort aufgestellten Gegenständen von Bernstein durchschnittlich von ge- ringem Werthe sind, könnte ein S. Sebastian wirklich von ihm herrühren
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Sculptur des XVI. Jahrhunderts. Benvenuto Cellini.
Ganzen nicht von glücklicher Anordnung (diese von Peruzzi), und
auch im Einzelnen unplastisch überfüllt. Übrigens ist Tribolo’s An-
theil vielleicht auf die allegorischen Figuren zu beschränken; die
liegende Statue ist bestimmt und das meiste übrige vielleicht von
Michelangelo Sanese.
Die spätere Thätigkeit T.’s betraf zum Theil Decorationen des
Augenblickes, für welche er ein besonderes Talent besass; auch wurde
er eines der baulichen Factotum Cosimo’s I (S. 401, b). Was von seinen
(auch plastischen) Arbeiten in der Villa Castello unweit Florenz noch
erhalten ist, weiss ich nicht anzugeben.
In diese Reihe gehört auch Benvenuto Cellini (1500—1572),
der durch seine eigene Lebensbeschreibung eine grössere Bedeutung
gewonnen hat als durch seine Werke. Von seinem decorativen Ver-
dienst ist oben (S. 272) die Rede gewesen; hier handelt es sich um
seine Bildwerke. Von grösserm Umfang und selbständiger Bedeutung
ist bloss der eherne Perseus unter der Loggia de’ Lanzi in Florenz.
Benvenuto erscheint hier noch wesentlich als der Naturalist des XV.
Jahrh., als der geistige Sohn Donatello’s, allein das Motiv ist b ei aller
Wunderlichkeit (man sehe die Verschränkung der Medusenleiche)
doch nicht nur energisch, sondern auch in den Linien bedeutend, so-
dass man die Mängel der an sich sehr fleissigen Einzelbehandlu ng,
z. B. die Dürftigkeit des Rumpfes im Verhältniss zu den Extremitäten,
darob übersehen mag. Die Statuetten an der Basis sind dagegen
idealistisch manierirt in der schlechtesten Art der römischen Sch ule,
das Relief ebenso und dabei möglichst unplastisch. — In den Uffizien
(I. Zimmer der Br.) findet man ausser zwei unter sich verschiedenen
Modellen zum Perseus, von welchen das wächserne den Vorzug ha ben
möchte, die colossale Bronzebüste Cosimo’s I, etwas gesucht in Schmuck
und Haltung, aber von vortrefflicher Arbeit. — Seine Restaurationen an-
tiker Werke, wie z. B. an dem Ganymed in den Uffizien (Saal d.
Hermaphr.) sehen freilich sehr geziert aus 1).
a
b
c
1) Unter den Elfenbeinsachen im Pal. vecchio, Sala dell’ Udienza, welche nebst
den dort aufgestellten Gegenständen von Bernstein durchschnittlich von ge-
ringem Werthe sind, könnte ein S. Sebastian wirklich von ihm herrühren
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 644. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/666>, abgerufen am 18.12.2024.
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