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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Sculptur des XV. Jahrhunderts. Siena. Quercia.
adie des Sandro Botticelli erinnern, sind die sieben Tugenden in Re-
lief neben dem Hauptaltar in S. Maria della Spina; möglicherweise
gehören die noch bessern drei Tugenden an dem Sarcophag des Erz-
bbischofes Ricci (+ 1418, aber das Grab aus späterer Zeit) im Campo
santo, bei N. 49, derselben Hand an, ebenso die Reliefstatuetten der
Caritas, Misericordia etc. ebenda, N. 90, 94 etc.

Den Ausgang ins XVI. Jahrh. belegen die ziemlich guten und
cfreien Sculpturen des Altars in S. Ranieri.


Die Sculptur von Siena seit dem Anfang des XV. Jahrh. ist
der gleichzeitigen sienesischen Malerei im Ganzen überlegen, ja sie
kann in Betreff der neuen Auffassungsweise sogar gegenüber der flo-
rentinischen Sculptur eine zeitliche Priorität in Anspruch nehmen.
Ihr wichtigster Meister, Jacopo della Quercia, ist wohl über-
haupt der frühste unter Jenen, welche den ausgelebten Styl, der einst
von Giovanni Pisano ausgegangen, gegen eine derbere, mehr natura-
listische Auffassung vertauschten. Von ihm sind zu Siena: zwei von
dden sechs Bronzereliefs am Taufbrunnen in S. Giovanni (Geburt und
Predigt des Täufers), noch im Styl des XIV. Jahrh., und die Sculptu-
eren der Fonte gaja auf dem grossen Platz (1419), sein vollständigstes
und anmuthigstes Werk im neuen Styl. An dem Grabmal der Ilaria
fdel Carretto (+ 1405) im linken Querschiff des Domes von Lucca ist
die liegende Statue noch mehr germanisch, der Sarcophag dagegen --
nackte Kinder (Putten), welche eine Fruchtschnur tragen -- von einer
weichen und schönen Lebendigkeit, die den Vorgängern noch fremd
gist. (Die eine Seite von diesem Sarcophag befindet sich in den Uf-
fizien zu Florenz, Gang der tosk. Sculptur.) -- Der Altar in der Sacra-
hmentscapelle zu S. Frediano in Lucca, datirt 1422, kann kaum von
Qu. sein, wenn dieser schon 1419 die Fonte gaja gearbeitet hatte;
freilich ist es schwer, neben ihm einen zweiten "Jacopo Sohn Pietro's"
aus blosser Vermuthung anzunehmen, da auch sein Vater Pietro hiess;
vielleicht könnte das Werk früher von ihm gearbeitet und erst 1422
aus der Werkstatt gegeben worden sein. (Vgl. S. 575, b.) An der zwei-
iten Thür der Nordseite des Domes von Florenz ist von ihm (eher als
von Nanni di Banco) das Giebelrelief der Madonna della cintola, eine

Sculptur des XV. Jahrhunderts. Siena. Quercia.
adie des Sandro Botticelli erinnern, sind die sieben Tugenden in Re-
lief neben dem Hauptaltar in S. Maria della Spina; möglicherweise
gehören die noch bessern drei Tugenden an dem Sarcophag des Erz-
bbischofes Ricci († 1418, aber das Grab aus späterer Zeit) im Campo
santo, bei N. 49, derselben Hand an, ebenso die Reliefstatuetten der
Caritas, Misericordia etc. ebenda, N. 90, 94 etc.

Den Ausgang ins XVI. Jahrh. belegen die ziemlich guten und
cfreien Sculpturen des Altars in S. Ranieri.


Die Sculptur von Siena seit dem Anfang des XV. Jahrh. ist
der gleichzeitigen sienesischen Malerei im Ganzen überlegen, ja sie
kann in Betreff der neuen Auffassungsweise sogar gegenüber der flo-
rentinischen Sculptur eine zeitliche Priorität in Anspruch nehmen.
Ihr wichtigster Meister, Jacopo della Quercia, ist wohl über-
haupt der frühste unter Jenen, welche den ausgelebten Styl, der einst
von Giovanni Pisano ausgegangen, gegen eine derbere, mehr natura-
listische Auffassung vertauschten. Von ihm sind zu Siena: zwei von
dden sechs Bronzereliefs am Taufbrunnen in S. Giovanni (Geburt und
Predigt des Täufers), noch im Styl des XIV. Jahrh., und die Sculptu-
eren der Fonte gaja auf dem grossen Platz (1419), sein vollständigstes
und anmuthigstes Werk im neuen Styl. An dem Grabmal der Ilaria
fdel Carretto († 1405) im linken Querschiff des Domes von Lucca ist
die liegende Statue noch mehr germanisch, der Sarcophag dagegen —
nackte Kinder (Putten), welche eine Fruchtschnur tragen — von einer
weichen und schönen Lebendigkeit, die den Vorgängern noch fremd
gist. (Die eine Seite von diesem Sarcophag befindet sich in den Uf-
fizien zu Florenz, Gang der tosk. Sculptur.) — Der Altar in der Sacra-
hmentscapelle zu S. Frediano in Lucca, datirt 1422, kann kaum von
Qu. sein, wenn dieser schon 1419 die Fonte gaja gearbeitet hatte;
freilich ist es schwer, neben ihm einen zweiten „Jacopo Sohn Pietro’s“
aus blosser Vermuthung anzunehmen, da auch sein Vater Pietro hiess;
vielleicht könnte das Werk früher von ihm gearbeitet und erst 1422
aus der Werkstatt gegeben worden sein. (Vgl. S. 575, b.) An der zwei-
iten Thür der Nordseite des Domes von Florenz ist von ihm (eher als
von Nanni di Banco) das Giebelrelief der Madonna della cintola, eine

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[612/0634] Sculptur des XV. Jahrhunderts. Siena. Quercia. die des Sandro Botticelli erinnern, sind die sieben Tugenden in Re- lief neben dem Hauptaltar in S. Maria della Spina; möglicherweise gehören die noch bessern drei Tugenden an dem Sarcophag des Erz- bischofes Ricci († 1418, aber das Grab aus späterer Zeit) im Campo santo, bei N. 49, derselben Hand an, ebenso die Reliefstatuetten der Caritas, Misericordia etc. ebenda, N. 90, 94 etc. a b Den Ausgang ins XVI. Jahrh. belegen die ziemlich guten und freien Sculpturen des Altars in S. Ranieri. c Die Sculptur von Siena seit dem Anfang des XV. Jahrh. ist der gleichzeitigen sienesischen Malerei im Ganzen überlegen, ja sie kann in Betreff der neuen Auffassungsweise sogar gegenüber der flo- rentinischen Sculptur eine zeitliche Priorität in Anspruch nehmen. Ihr wichtigster Meister, Jacopo della Quercia, ist wohl über- haupt der frühste unter Jenen, welche den ausgelebten Styl, der einst von Giovanni Pisano ausgegangen, gegen eine derbere, mehr natura- listische Auffassung vertauschten. Von ihm sind zu Siena: zwei von den sechs Bronzereliefs am Taufbrunnen in S. Giovanni (Geburt und Predigt des Täufers), noch im Styl des XIV. Jahrh., und die Sculptu- ren der Fonte gaja auf dem grossen Platz (1419), sein vollständigstes und anmuthigstes Werk im neuen Styl. An dem Grabmal der Ilaria del Carretto († 1405) im linken Querschiff des Domes von Lucca ist die liegende Statue noch mehr germanisch, der Sarcophag dagegen — nackte Kinder (Putten), welche eine Fruchtschnur tragen — von einer weichen und schönen Lebendigkeit, die den Vorgängern noch fremd ist. (Die eine Seite von diesem Sarcophag befindet sich in den Uf- fizien zu Florenz, Gang der tosk. Sculptur.) — Der Altar in der Sacra- mentscapelle zu S. Frediano in Lucca, datirt 1422, kann kaum von Qu. sein, wenn dieser schon 1419 die Fonte gaja gearbeitet hatte; freilich ist es schwer, neben ihm einen zweiten „Jacopo Sohn Pietro’s“ aus blosser Vermuthung anzunehmen, da auch sein Vater Pietro hiess; vielleicht könnte das Werk früher von ihm gearbeitet und erst 1422 aus der Werkstatt gegeben worden sein. (Vgl. S. 575, b.) An der zwei- ten Thür der Nordseite des Domes von Florenz ist von ihm (eher als von Nanni di Banco) das Giebelrelief der Madonna della cintola, eine d e f g h i

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/634>, abgerufen am 18.12.2024.