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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Sculptur des XV. Jahrhunderts. Die Robbia.
lichsten der ganzen Schule. -- Aus mehrern Klostergängen, u. a. aus
der Certosa sind ganze grosse Reihenfolgen von Heiligenköpfen in
aMedaillons nach der Academie gebracht und in deren Hof eingemauert
worden; sie sind von sehr verschiedener Güte, die bessern darunter
aber sehr würdig und zum Theil von himmlischer wie weltlicher Ju-
bgendschönheit. -- (Zwei einzelne Köpfe, ein lachendes Weib und ein
Bacchus, im Hof von Pal. Magnani.) An Orsanmicchele hat Luca
czwei von den Medaillons mit holdseligen Reliefs ausgefüllt (sitzende
Madonna und zwei Wappenengel). -- In andern, hauptsächlich klei-
nern Bauten übernahm die Schule wenigstens die Cassettirung ein-
dzelner Wölbungen, kleiner Kuppeln (Cap. Pazzi bei S. Croce, wo
eauch Figürliches; Vorhalle des Domes von Pistoja etc.); auch die
fVerzierung des Frieses und der Pendentifs (Madonna delle Carceri in
Prato etc.); kleine Gewölbe wurden wohl ganz ihren Sculpturen ge-
gwidmet (die vier Tugenden und der heil. Geist, Cap. des Cardinals
von Portugal in der Kirche S. Miniato etc.). -- Ein höchst eigenthüm-
liches Denkmal der ganzen Schule gewährt endlich der grosse Fries
hdes Hospitals del Ceppo zu Pistoja (seit 1525); die Werke der Barm-
herzigkeit, hier von Ordensleuten ausgeübt, in zum Theil vortrefflicher
dramatischer Erzählung durch figurenreiche Scenen. Hier vorzüglich
kann man die Mässigung in der Vielfarbigkeit, und zwar auf ver-
schiedenen Stufen erkennen; Consequenz der Färbung war ferner das
Verzichten auf allen landschaftlichen und sonstigen perspectivischen
Hintergrund, der ohne grosse Buntheit nicht wäre anzubringen ge-
wesen 1). Überhaupt ist diese in ihrer Art einzige Arbeit fast ebenso
wichtig durch das was die Künstler mit weisem Bedacht wegliessen
als durch das was sie gaben. Das italienische Relief ist rein von
sich aus
hier dem griechischen näher gekommen als irgendwo mit
Hülfe römischer Vorbilder 2). (Das äusserste Relief rechts im Styl
beträchtlich moderner.)

1) Vielleicht hat einst auch im altgriechischen Relief die Farbigkeit einen grossen
und zwingenden Einfluss auf die Vereinfachung des Styles geübt. -- Das
Verhältniss der Robbia zur Decoration ihrer Zeit s. S. 237.
2) Man vergleiche z. B. die antikisirenden Thonreliefs eines oder mehrerer un-
*bekannten Meister (etwa 1530) im Hof des Pal. Gherardesca (Borgo a Pinti)
in Florenz. Sie sind schon an Liebe und Fleiss der Behandlung nicht mit

Sculptur des XV. Jahrhunderts. Die Robbia.
lichsten der ganzen Schule. — Aus mehrern Klostergängen, u. a. aus
der Certosa sind ganze grosse Reihenfolgen von Heiligenköpfen in
aMedaillons nach der Academie gebracht und in deren Hof eingemauert
worden; sie sind von sehr verschiedener Güte, die bessern darunter
aber sehr würdig und zum Theil von himmlischer wie weltlicher Ju-
bgendschönheit. — (Zwei einzelne Köpfe, ein lachendes Weib und ein
Bacchus, im Hof von Pal. Magnani.) An Orsanmicchele hat Luca
czwei von den Medaillons mit holdseligen Reliefs ausgefüllt (sitzende
Madonna und zwei Wappenengel). — In andern, hauptsächlich klei-
nern Bauten übernahm die Schule wenigstens die Cassettirung ein-
dzelner Wölbungen, kleiner Kuppeln (Cap. Pazzi bei S. Croce, wo
eauch Figürliches; Vorhalle des Domes von Pistoja etc.); auch die
fVerzierung des Frieses und der Pendentifs (Madonna delle Carceri in
Prato etc.); kleine Gewölbe wurden wohl ganz ihren Sculpturen ge-
gwidmet (die vier Tugenden und der heil. Geist, Cap. des Cardinals
von Portugal in der Kirche S. Miniato etc.). — Ein höchst eigenthüm-
liches Denkmal der ganzen Schule gewährt endlich der grosse Fries
hdes Hospitals del Ceppo zu Pistoja (seit 1525); die Werke der Barm-
herzigkeit, hier von Ordensleuten ausgeübt, in zum Theil vortrefflicher
dramatischer Erzählung durch figurenreiche Scenen. Hier vorzüglich
kann man die Mässigung in der Vielfarbigkeit, und zwar auf ver-
schiedenen Stufen erkennen; Consequenz der Färbung war ferner das
Verzichten auf allen landschaftlichen und sonstigen perspectivischen
Hintergrund, der ohne grosse Buntheit nicht wäre anzubringen ge-
wesen 1). Überhaupt ist diese in ihrer Art einzige Arbeit fast ebenso
wichtig durch das was die Künstler mit weisem Bedacht wegliessen
als durch das was sie gaben. Das italienische Relief ist rein von
sich aus
hier dem griechischen näher gekommen als irgendwo mit
Hülfe römischer Vorbilder 2). (Das äusserste Relief rechts im Styl
beträchtlich moderner.)

1) Vielleicht hat einst auch im altgriechischen Relief die Farbigkeit einen grossen
und zwingenden Einfluss auf die Vereinfachung des Styles geübt. — Das
Verhältniss der Robbia zur Decoration ihrer Zeit s. S. 237.
2) Man vergleiche z. B. die antikisirenden Thonreliefs eines oder mehrerer un-
*bekannten Meister (etwa 1530) im Hof des Pal. Gherardesca (Borgo a Pinti)
in Florenz. Sie sind schon an Liebe und Fleiss der Behandlung nicht mit
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[592/0614] Sculptur des XV. Jahrhunderts. Die Robbia. lichsten der ganzen Schule. — Aus mehrern Klostergängen, u. a. aus der Certosa sind ganze grosse Reihenfolgen von Heiligenköpfen in Medaillons nach der Academie gebracht und in deren Hof eingemauert worden; sie sind von sehr verschiedener Güte, die bessern darunter aber sehr würdig und zum Theil von himmlischer wie weltlicher Ju- gendschönheit. — (Zwei einzelne Köpfe, ein lachendes Weib und ein Bacchus, im Hof von Pal. Magnani.) An Orsanmicchele hat Luca zwei von den Medaillons mit holdseligen Reliefs ausgefüllt (sitzende Madonna und zwei Wappenengel). — In andern, hauptsächlich klei- nern Bauten übernahm die Schule wenigstens die Cassettirung ein- zelner Wölbungen, kleiner Kuppeln (Cap. Pazzi bei S. Croce, wo auch Figürliches; Vorhalle des Domes von Pistoja etc.); auch die Verzierung des Frieses und der Pendentifs (Madonna delle Carceri in Prato etc.); kleine Gewölbe wurden wohl ganz ihren Sculpturen ge- widmet (die vier Tugenden und der heil. Geist, Cap. des Cardinals von Portugal in der Kirche S. Miniato etc.). — Ein höchst eigenthüm- liches Denkmal der ganzen Schule gewährt endlich der grosse Fries des Hospitals del Ceppo zu Pistoja (seit 1525); die Werke der Barm- herzigkeit, hier von Ordensleuten ausgeübt, in zum Theil vortrefflicher dramatischer Erzählung durch figurenreiche Scenen. Hier vorzüglich kann man die Mässigung in der Vielfarbigkeit, und zwar auf ver- schiedenen Stufen erkennen; Consequenz der Färbung war ferner das Verzichten auf allen landschaftlichen und sonstigen perspectivischen Hintergrund, der ohne grosse Buntheit nicht wäre anzubringen ge- wesen 1). Überhaupt ist diese in ihrer Art einzige Arbeit fast ebenso wichtig durch das was die Künstler mit weisem Bedacht wegliessen als durch das was sie gaben. Das italienische Relief ist rein von sich aus hier dem griechischen näher gekommen als irgendwo mit Hülfe römischer Vorbilder 2). (Das äusserste Relief rechts im Styl beträchtlich moderner.) a b c d e f g h 1) Vielleicht hat einst auch im altgriechischen Relief die Farbigkeit einen grossen und zwingenden Einfluss auf die Vereinfachung des Styles geübt. — Das Verhältniss der Robbia zur Decoration ihrer Zeit s. S. 237. 2) Man vergleiche z. B. die antikisirenden Thonreliefs eines oder mehrerer un- bekannten Meister (etwa 1530) im Hof des Pal. Gherardesca (Borgo a Pinti) in Florenz. Sie sind schon an Liebe und Fleiss der Behandlung nicht mit

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/614>, abgerufen am 18.12.2024.