deutlich durch; ja es fehlt durchgängig nicht an plastisch untadelhaften Einzelmotiven; im Ganzen aber ist das Relief dieser Zeit eine Neben- gattung der Malerei. Die Überfüllung spätrömischer Sarcophage mochte wohl zur Entschuldigung dienen. Im Ganzen aber wird man erstau- nen, in dieser Sculptur, deren decorative Einfassung lauter antikisi- rende Renaissance ist, fast gar keinen plastischen Einfluss des Alterthums zu entdecken. Mit Ausnahme etwa einzelner Puttenmo- tive ist nur hie und da eine Figur von dort entlehnt; die Behandlung aber, Zeichnung und Modellirung, ist kaum irgendwie vom Alterthum berührt.
Die neuen und die in neuer Gestalt fortdauernden frühern Gat- tungen der Denkmäler wurden schon bei Anlass der Decoration (Seite 227, ff.) aufgezählt.
Die zeitliche Priorität in Betreff des neuen Styles könnte zwischen dem Sienesen Jacopodella Quercia (1344-- um 1424) und dem Flo- rentiner Lorenzo Ghiberti (1378--1455) streitig sein 1). Allein der letztere hat jedenfalls den ganzen Stylwechsel ebenso selbstständig durchgemacht als Jener, und zwar als Führer der mächtigsten Schule; er ist zugleich einer der grössten Bildhauer aller Zeiten.
Merkwürdig durchdringt sich in ihm der Geist des XIV. und der des XV. Jahrh. mit einem schon darüber hinausgehenden Zug frei- ster Schönheit, wie er im XVI. Jahrh. zur Blüthe kam. Die beiden Idealismen, Giotto und Rafael, reichen sich über den Realismus hin- weg die Hand, und dabei erscheint Ghiberti durchgängig voll des höchsten Lebensgefühles, wie es selbst in Donatello nicht reichlicher vorhanden ist. -- Die Belege zu seinem Entwicklungsgang liegen haupt- sächlich in den gegossenen Bronzereliefs, aus welchen seine meisten Werke bestehen. Die Technik des Gusses gilt hier, beiläufig gesagt, als eine vollendete.
Die frühern Arbeiten zeigen noch den Künstler des germanischen Styles, und zwar den geistvollen Erweiterer desjenigen Principes, wel- chem Andrea Pisano nachlebte. Ausser dem Relief mit Isaaks Opfer,
1) Jedenfalls ist sie auch hier auf Seiten der Sculptur, nicht auf Seiten der Malerei, wenn es sich auch nur um etwa ein Jahrzehnd handelt.
Sculptur des XV. Jahrhunderts. Florenz.
deutlich durch; ja es fehlt durchgängig nicht an plastisch untadelhaften Einzelmotiven; im Ganzen aber ist das Relief dieser Zeit eine Neben- gattung der Malerei. Die Überfüllung spätrömischer Sarcophage mochte wohl zur Entschuldigung dienen. Im Ganzen aber wird man erstau- nen, in dieser Sculptur, deren decorative Einfassung lauter antikisi- rende Renaissance ist, fast gar keinen plastischen Einfluss des Alterthums zu entdecken. Mit Ausnahme etwa einzelner Puttenmo- tive ist nur hie und da eine Figur von dort entlehnt; die Behandlung aber, Zeichnung und Modellirung, ist kaum irgendwie vom Alterthum berührt.
Die neuen und die in neuer Gestalt fortdauernden frühern Gat- tungen der Denkmäler wurden schon bei Anlass der Decoration (Seite 227, ff.) aufgezählt.
Die zeitliche Priorität in Betreff des neuen Styles könnte zwischen dem Sienesen Jacopodella Quercia (1344— um 1424) und dem Flo- rentiner Lorenzo Ghiberti (1378—1455) streitig sein 1). Allein der letztere hat jedenfalls den ganzen Stylwechsel ebenso selbstständig durchgemacht als Jener, und zwar als Führer der mächtigsten Schule; er ist zugleich einer der grössten Bildhauer aller Zeiten.
Merkwürdig durchdringt sich in ihm der Geist des XIV. und der des XV. Jahrh. mit einem schon darüber hinausgehenden Zug frei- ster Schönheit, wie er im XVI. Jahrh. zur Blüthe kam. Die beiden Idealismen, Giotto und Rafael, reichen sich über den Realismus hin- weg die Hand, und dabei erscheint Ghiberti durchgängig voll des höchsten Lebensgefühles, wie es selbst in Donatello nicht reichlicher vorhanden ist. — Die Belege zu seinem Entwicklungsgang liegen haupt- sächlich in den gegossenen Bronzereliefs, aus welchen seine meisten Werke bestehen. Die Technik des Gusses gilt hier, beiläufig gesagt, als eine vollendete.
Die frühern Arbeiten zeigen noch den Künstler des germanischen Styles, und zwar den geistvollen Erweiterer desjenigen Principes, wel- chem Andrea Pisano nachlebte. Ausser dem Relief mit Isaaks Opfer,
1) Jedenfalls ist sie auch hier auf Seiten der Sculptur, nicht auf Seiten der Malerei, wenn es sich auch nur um etwa ein Jahrzehnd handelt.
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Sculptur des XV. Jahrhunderts. Florenz.
deutlich durch; ja es fehlt durchgängig nicht an plastisch untadelhaften
Einzelmotiven; im Ganzen aber ist das Relief dieser Zeit eine Neben-
gattung der Malerei. Die Überfüllung spätrömischer Sarcophage mochte
wohl zur Entschuldigung dienen. Im Ganzen aber wird man erstau-
nen, in dieser Sculptur, deren decorative Einfassung lauter antikisi-
rende Renaissance ist, fast gar keinen plastischen Einfluss des
Alterthums zu entdecken. Mit Ausnahme etwa einzelner Puttenmo-
tive ist nur hie und da eine Figur von dort entlehnt; die Behandlung
aber, Zeichnung und Modellirung, ist kaum irgendwie vom Alterthum
berührt.
Die neuen und die in neuer Gestalt fortdauernden frühern Gat-
tungen der Denkmäler wurden schon bei Anlass der Decoration
(Seite 227, ff.) aufgezählt.
Die zeitliche Priorität in Betreff des neuen Styles könnte zwischen
dem Sienesen Jacopodella Quercia (1344— um 1424) und dem Flo-
rentiner Lorenzo Ghiberti (1378—1455) streitig sein 1). Allein der
letztere hat jedenfalls den ganzen Stylwechsel ebenso selbstständig
durchgemacht als Jener, und zwar als Führer der mächtigsten Schule;
er ist zugleich einer der grössten Bildhauer aller Zeiten.
Merkwürdig durchdringt sich in ihm der Geist des XIV. und der
des XV. Jahrh. mit einem schon darüber hinausgehenden Zug frei-
ster Schönheit, wie er im XVI. Jahrh. zur Blüthe kam. Die beiden
Idealismen, Giotto und Rafael, reichen sich über den Realismus hin-
weg die Hand, und dabei erscheint Ghiberti durchgängig voll des
höchsten Lebensgefühles, wie es selbst in Donatello nicht reichlicher
vorhanden ist. — Die Belege zu seinem Entwicklungsgang liegen haupt-
sächlich in den gegossenen Bronzereliefs, aus welchen seine meisten
Werke bestehen. Die Technik des Gusses gilt hier, beiläufig gesagt,
als eine vollendete.
Die frühern Arbeiten zeigen noch den Künstler des germanischen
Styles, und zwar den geistvollen Erweiterer desjenigen Principes, wel-
chem Andrea Pisano nachlebte. Ausser dem Relief mit Isaaks Opfer,
1) Jedenfalls ist sie auch hier auf Seiten der Sculptur, nicht auf Seiten der
Malerei, wenn es sich auch nur um etwa ein Jahrzehnd handelt.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 586. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/608>, abgerufen am 18.12.2024.
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