Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.Sculptur des Mittelalters. [Abbildung]
Als das Christenthum die antike Sculptur in seine Dienste nahm, Vielleicht im stillen Bewusstsein dieser Ohnmacht, vielleicht auch Auf diese Weise war von einer Entwicklung heiliger Typen, wie Sculptur des Mittelalters. [Abbildung]
Als das Christenthum die antike Sculptur in seine Dienste nahm, Vielleicht im stillen Bewusstsein dieser Ohnmacht, vielleicht auch Auf diese Weise war von einer Entwicklung heiliger Typen, wie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0574" n="552"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sculptur des Mittelalters.</hi> </fw><lb/> <figure/><lb/> <p>Als das Christenthum die antike Sculptur in seine Dienste nahm,<lb/> war sie bereits in tiefen Verfall gerathen; schon seit dem Ende des<lb/> II. Jahrhunderts war die Reproduction der frühern Typen zur todten<lb/> Wiederholung geworden und die ganze Detailbehandlung bedenklich<lb/> ausgeartet. Die Vorliebe für das Colossale, für kostbare und ausser-<lb/> ordentlich harte Steinarten lenkte die Mittel und das technische Ge-<lb/> schick von den höchsten Zwecken ab; der Verfall und die Umbildung<lb/> der heidnischen Religion that das Übrige. Die Sculptur der constan-<lb/> tinischen Zeit konnte jedenfalls keine christlichen Typen mehr schaf-<lb/> fen, welche den Vergleich mit irgend einem Götterbild der bessern<lb/> Zeit ausgehalten hätten.</p><lb/> <p>Vielleicht im stillen Bewusstsein dieser Ohnmacht, vielleicht auch<lb/> aus Scheu vor der dem Heidenthum so theuern statuarischen Kunst<lb/> und aus Rücksicht auf das mosaische Gesetz wurde der kirchlichen<lb/> Sculptur die Anfertigung von Statuen fortan fast gänzlich erlassen.<lb/><note place="left">a</note>Werke wie die beiden (sehr geringen) Statuen des guten Hirten in<lb/> der vaticanischen Bibliothek (Ausbau gegen den Garten), wie die<lb/><note place="left">b</note>eherne Statue des heil. Petrus aus dem V. Jahrhundert (in S. Peter)<lb/> gehören zu den grössten Seltenheiten; letztere ist offenbar mit aller<lb/> Anstrengung den sitzenden Togafiguren der heidnischen Zeit nach-<lb/> geahmt. — Von den noch bis ins V. Jahrhundert häufig vorkommen-<lb/> den weltlichen Ehrenstatuen hat sich fast nichts erhalten, und selbst<lb/> von den Regenten nach Constantin besitzt Italien nur noch die form-<lb/> lose eherne Colossalstatue des Kaisers Heraklius zu Barletta.</p><lb/> <p>Auf diese Weise war von einer Entwicklung heiliger Typen, wie<lb/> das Heidenthum sie seinen Göttern gegeben, wenigstens auf plasti-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [552/0574]
Sculptur des Mittelalters.
[Abbildung]
Als das Christenthum die antike Sculptur in seine Dienste nahm,
war sie bereits in tiefen Verfall gerathen; schon seit dem Ende des
II. Jahrhunderts war die Reproduction der frühern Typen zur todten
Wiederholung geworden und die ganze Detailbehandlung bedenklich
ausgeartet. Die Vorliebe für das Colossale, für kostbare und ausser-
ordentlich harte Steinarten lenkte die Mittel und das technische Ge-
schick von den höchsten Zwecken ab; der Verfall und die Umbildung
der heidnischen Religion that das Übrige. Die Sculptur der constan-
tinischen Zeit konnte jedenfalls keine christlichen Typen mehr schaf-
fen, welche den Vergleich mit irgend einem Götterbild der bessern
Zeit ausgehalten hätten.
Vielleicht im stillen Bewusstsein dieser Ohnmacht, vielleicht auch
aus Scheu vor der dem Heidenthum so theuern statuarischen Kunst
und aus Rücksicht auf das mosaische Gesetz wurde der kirchlichen
Sculptur die Anfertigung von Statuen fortan fast gänzlich erlassen.
Werke wie die beiden (sehr geringen) Statuen des guten Hirten in
der vaticanischen Bibliothek (Ausbau gegen den Garten), wie die
eherne Statue des heil. Petrus aus dem V. Jahrhundert (in S. Peter)
gehören zu den grössten Seltenheiten; letztere ist offenbar mit aller
Anstrengung den sitzenden Togafiguren der heidnischen Zeit nach-
geahmt. — Von den noch bis ins V. Jahrhundert häufig vorkommen-
den weltlichen Ehrenstatuen hat sich fast nichts erhalten, und selbst
von den Regenten nach Constantin besitzt Italien nur noch die form-
lose eherne Colossalstatue des Kaisers Heraklius zu Barletta.
a
b
Auf diese Weise war von einer Entwicklung heiliger Typen, wie
das Heidenthum sie seinen Göttern gegeben, wenigstens auf plasti-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |