sich einigermassen durch Abwechselung von Geschlecht, Alter und Charakteren in dieser sonst auf so abgemessene Mittel beschränkten Gattung annehmbar machen liessen; -- und es werden ihrer nur we- nige sein. Man vergleiche diese Bilder dacischer und parthischer Kriege mit den Kampfschilderungen der Ilias, und man wird inne werden, wie schön hier der Dichter seine einzelnen Momente isolirt und gleichsam in hoher Ahnung für eine künftige Kunst vorbereitet hat. Der siegende Imperator dagegen verlangte seine und seines Heeres Thaten in möglichster Wirklichkeit vor sich zu sehen, und unter solch einer lastenden Masse des äusserlich Gegebenen mussten sich auch die keineswegs sparsam angebrachten symbolischen Zutha- ten und Beziehungen gänzlich verlieren 1).
Eine besondere Gattung von erhobenen Arbeiten, diejenigen an den wahrhaft unzähligen Sarcophagen, dürften wir ganz mit Still- schweigen übergehen, wenn der absolute Kunstwerth einer Arbeit allein entschiede. Diese Steinsärge sind nämlich fast ohne Ausnahme Werke der Kaiserzeit, und zwar seit dem II. Jahrhundert n. Chr., indem erst damals die Leichenverbrennung ausser Gebrauch zu kom- men anfing. Die Behandlung des Einzelnen ist nur an wenigen dieser Denkmäler wirklich gut zu nennen, an vielen dagegen mittelmässig und an der grossen Mehrzahl kümmerlich. Allein abgesehen von ihrer doppelten religionsgeschichtlichen Bedeutung (indem sie erstens eine Fülle griechischer Mythen und zweitens in diesen Mythen oft Be- ziehungen auf die Unsterblichkeit enthalten), besitzen viele davon auch einen hohen indirekten Kunstwerth. In diese engen Räume sind viel- leicht Erinnerungen und Nachklänge aus griechischen Freigruppen, Giebelgruppen und Tempelfriesen zusammengedrängt; ganz befremd- lich blicken bisweilen die schönsten Gedanken griechischer Composi- tion hinter der befangenen Ausführung hervor. Sodann gewinnen wir fast nur hier (abgesehen von den griechischen Reliefs des brittischen
1) Die Abgüsse von einzelnen Theilen der Spiralsäulen und andern der ge- *nannten Monumente in der Academia di S. Luca (Treppe) und in der Aca- demie de France sind dem Auge viel erreichbarer als die Originale.
Antike Sculptur. Sarcophage.
sich einigermassen durch Abwechselung von Geschlecht, Alter und Charakteren in dieser sonst auf so abgemessene Mittel beschränkten Gattung annehmbar machen liessen; — und es werden ihrer nur we- nige sein. Man vergleiche diese Bilder dacischer und parthischer Kriege mit den Kampfschilderungen der Ilias, und man wird inne werden, wie schön hier der Dichter seine einzelnen Momente isolirt und gleichsam in hoher Ahnung für eine künftige Kunst vorbereitet hat. Der siegende Imperator dagegen verlangte seine und seines Heeres Thaten in möglichster Wirklichkeit vor sich zu sehen, und unter solch einer lastenden Masse des äusserlich Gegebenen mussten sich auch die keineswegs sparsam angebrachten symbolischen Zutha- ten und Beziehungen gänzlich verlieren 1).
Eine besondere Gattung von erhobenen Arbeiten, diejenigen an den wahrhaft unzähligen Sarcophagen, dürften wir ganz mit Still- schweigen übergehen, wenn der absolute Kunstwerth einer Arbeit allein entschiede. Diese Steinsärge sind nämlich fast ohne Ausnahme Werke der Kaiserzeit, und zwar seit dem II. Jahrhundert n. Chr., indem erst damals die Leichenverbrennung ausser Gebrauch zu kom- men anfing. Die Behandlung des Einzelnen ist nur an wenigen dieser Denkmäler wirklich gut zu nennen, an vielen dagegen mittelmässig und an der grossen Mehrzahl kümmerlich. Allein abgesehen von ihrer doppelten religionsgeschichtlichen Bedeutung (indem sie erstens eine Fülle griechischer Mythen und zweitens in diesen Mythen oft Be- ziehungen auf die Unsterblichkeit enthalten), besitzen viele davon auch einen hohen indirekten Kunstwerth. In diese engen Räume sind viel- leicht Erinnerungen und Nachklänge aus griechischen Freigruppen, Giebelgruppen und Tempelfriesen zusammengedrängt; ganz befremd- lich blicken bisweilen die schönsten Gedanken griechischer Composi- tion hinter der befangenen Ausführung hervor. Sodann gewinnen wir fast nur hier (abgesehen von den griechischen Reliefs des brittischen
1) Die Abgüsse von einzelnen Theilen der Spiralsäulen und andern der ge- *nannten Monumente in der Academia di S. Luca (Treppe) und in der Aca- démie de France sind dem Auge viel erreichbarer als die Originale.
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Antike Sculptur. Sarcophage.
sich einigermassen durch Abwechselung von Geschlecht, Alter und
Charakteren in dieser sonst auf so abgemessene Mittel beschränkten
Gattung annehmbar machen liessen; — und es werden ihrer nur we-
nige sein. Man vergleiche diese Bilder dacischer und parthischer
Kriege mit den Kampfschilderungen der Ilias, und man wird inne
werden, wie schön hier der Dichter seine einzelnen Momente isolirt
und gleichsam in hoher Ahnung für eine künftige Kunst vorbereitet
hat. Der siegende Imperator dagegen verlangte seine und seines
Heeres Thaten in möglichster Wirklichkeit vor sich zu sehen, und
unter solch einer lastenden Masse des äusserlich Gegebenen mussten
sich auch die keineswegs sparsam angebrachten symbolischen Zutha-
ten und Beziehungen gänzlich verlieren 1).
Eine besondere Gattung von erhobenen Arbeiten, diejenigen an
den wahrhaft unzähligen Sarcophagen, dürften wir ganz mit Still-
schweigen übergehen, wenn der absolute Kunstwerth einer Arbeit
allein entschiede. Diese Steinsärge sind nämlich fast ohne Ausnahme
Werke der Kaiserzeit, und zwar seit dem II. Jahrhundert n. Chr.,
indem erst damals die Leichenverbrennung ausser Gebrauch zu kom-
men anfing. Die Behandlung des Einzelnen ist nur an wenigen dieser
Denkmäler wirklich gut zu nennen, an vielen dagegen mittelmässig
und an der grossen Mehrzahl kümmerlich. Allein abgesehen von ihrer
doppelten religionsgeschichtlichen Bedeutung (indem sie erstens eine
Fülle griechischer Mythen und zweitens in diesen Mythen oft Be-
ziehungen auf die Unsterblichkeit enthalten), besitzen viele davon auch
einen hohen indirekten Kunstwerth. In diese engen Räume sind viel-
leicht Erinnerungen und Nachklänge aus griechischen Freigruppen,
Giebelgruppen und Tempelfriesen zusammengedrängt; ganz befremd-
lich blicken bisweilen die schönsten Gedanken griechischer Composi-
tion hinter der befangenen Ausführung hervor. Sodann gewinnen wir
fast nur hier (abgesehen von den griechischen Reliefs des brittischen
1) Die Abgüsse von einzelnen Theilen der Spiralsäulen und andern der ge-
nannten Monumente in der Academia di S. Luca (Treppe) und in der Aca-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/568>, abgerufen am 18.12.2024.
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