in Massstab und Arbeit meist so gleichartig, dass sie von einem und ademselben Gebäude stammen könnten. -- Andere im Vatican (be- bsonders im Hof des Belvedere, auch im Appartamento Borgia).
Diese möchten alle als blosse Decoration gedient haben. Als Dampfspeier sind zunächst vier fast vollständige Köpfe im Museum cvon Neapel (Marmorwerke, zweiter Gang) zu nennen, ideal, nicht carikirt, und noch von sehr guter Arbeit. Andere Dampfspeier da- gegen zeigen den komischen Ausdruck des Herauspressens der Luft daus dem Munde; so die rothmarmornen an der Treppe der Villa eAlbani und in der Villa Ludovisi (Vorraum), beide im Profil, Flach- relief.
Als Impluvium oder Wasserablauf diente die grandiose aber sehr fverstümmelte Bocca della verita in der Vorhalle von S. Maria in Cosmedin zu Rom; wahrscheinlich ein Oceanus. Ebenso eine treffliche gPansmaske der Villa Albani (Nebenräume rechts). -- Ein gutes Hoch- hrelief, drei tragische Masken zusammengruppirt, in den Uffizien, zwei- ter Gang. (Auf der Rückseite eine Satyrsmaske in Flachrelief.)
Endlich giebt es eine Gestalt des griechischen Mythus, welche nur als Maske vorkömmt: das Tod und Entsetzen bringende, ver- steinernde Gorgonenhaupt, die Medusa. Die ältere Kunst bildete sie als eine Grimasse, die höchstens denjenigen Widerwillen hervor- bringen kann, welchen etwa die Kriegsdrachen der Chinesen erregen mögen. Später aber (durch Praxiteles?) kam derjenige Typus auf, iden wir z. B. in den colossalen vaticanischen Medusenmasken (aus hadrianischer Zeit, im Braccio nuovo) bewundern. Unter den schlangenähnlichen Locken treten gewaltige, breitgebildete Köpfe her- vor, schön und erbarmungslos, zugleich aber selbst von geheimem Entsetzen durchbebt; nur so konnte diese Empfindung auch in dem Beschauer erregt werden. Für die Behandlung des Dämonisch- Schrecklichen in der griechischen Kunst die wichtigste Urkunde. -- kLeider findet man an der Treppe des Pal. Colonna in Rom von dem berühmten porphyrnen Colossalrelief eines Medusenhauptes nur noch lden bemalten Gypsabguss. -- Medusa im Profil, Hauptsaal der Villa Ludovisi.
Im Ganzen haben unter den Masken diejenigen der Komödie, wie bemerkt, das grosse Übergewicht; sie herrschen auch wohl in
Antike Sculptur. Masken. Medusa.
in Massstab und Arbeit meist so gleichartig, dass sie von einem und ademselben Gebäude stammen könnten. — Andere im Vatican (be- bsonders im Hof des Belvedere, auch im Appartamento Borgia).
Diese möchten alle als blosse Decoration gedient haben. Als Dampfspeier sind zunächst vier fast vollständige Köpfe im Museum cvon Neapel (Marmorwerke, zweiter Gang) zu nennen, ideal, nicht carikirt, und noch von sehr guter Arbeit. Andere Dampfspeier da- gegen zeigen den komischen Ausdruck des Herauspressens der Luft daus dem Munde; so die rothmarmornen an der Treppe der Villa eAlbani und in der Villa Ludovisi (Vorraum), beide im Profil, Flach- relief.
Als Impluvium oder Wasserablauf diente die grandiose aber sehr fverstümmelte Bocca della verità in der Vorhalle von S. Maria in Cosmedin zu Rom; wahrscheinlich ein Oceanus. Ebenso eine treffliche gPansmaske der Villa Albani (Nebenräume rechts). — Ein gutes Hoch- hrelief, drei tragische Masken zusammengruppirt, in den Uffizien, zwei- ter Gang. (Auf der Rückseite eine Satyrsmaske in Flachrelief.)
Endlich giebt es eine Gestalt des griechischen Mythus, welche nur als Maske vorkömmt: das Tod und Entsetzen bringende, ver- steinernde Gorgonenhaupt, die Medusa. Die ältere Kunst bildete sie als eine Grimasse, die höchstens denjenigen Widerwillen hervor- bringen kann, welchen etwa die Kriegsdrachen der Chinesen erregen mögen. Später aber (durch Praxiteles?) kam derjenige Typus auf, iden wir z. B. in den colossalen vaticanischen Medusenmasken (aus hadrianischer Zeit, im Braccio nuovo) bewundern. Unter den schlangenähnlichen Locken treten gewaltige, breitgebildete Köpfe her- vor, schön und erbarmungslos, zugleich aber selbst von geheimem Entsetzen durchbebt; nur so konnte diese Empfindung auch in dem Beschauer erregt werden. Für die Behandlung des Dämonisch- Schrecklichen in der griechischen Kunst die wichtigste Urkunde. — kLeider findet man an der Treppe des Pal. Colonna in Rom von dem berühmten porphyrnen Colossalrelief eines Medusenhauptes nur noch lden bemalten Gypsabguss. — Medusa im Profil, Hauptsaal der Villa Ludovisi.
Im Ganzen haben unter den Masken diejenigen der Komödie, wie bemerkt, das grosse Übergewicht; sie herrschen auch wohl in
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Antike Sculptur. Masken. Medusa.
in Massstab und Arbeit meist so gleichartig, dass sie von einem und
demselben Gebäude stammen könnten. — Andere im Vatican (be-
sonders im Hof des Belvedere, auch im Appartamento Borgia).
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Diese möchten alle als blosse Decoration gedient haben. Als
Dampfspeier sind zunächst vier fast vollständige Köpfe im Museum
von Neapel (Marmorwerke, zweiter Gang) zu nennen, ideal, nicht
carikirt, und noch von sehr guter Arbeit. Andere Dampfspeier da-
gegen zeigen den komischen Ausdruck des Herauspressens der Luft
aus dem Munde; so die rothmarmornen an der Treppe der Villa
Albani und in der Villa Ludovisi (Vorraum), beide im Profil, Flach-
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Als Impluvium oder Wasserablauf diente die grandiose aber sehr
verstümmelte Bocca della verità in der Vorhalle von S. Maria in
Cosmedin zu Rom; wahrscheinlich ein Oceanus. Ebenso eine treffliche
Pansmaske der Villa Albani (Nebenräume rechts). — Ein gutes Hoch-
relief, drei tragische Masken zusammengruppirt, in den Uffizien, zwei-
ter Gang. (Auf der Rückseite eine Satyrsmaske in Flachrelief.)
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Endlich giebt es eine Gestalt des griechischen Mythus, welche
nur als Maske vorkömmt: das Tod und Entsetzen bringende, ver-
steinernde Gorgonenhaupt, die Medusa. Die ältere Kunst bildete
sie als eine Grimasse, die höchstens denjenigen Widerwillen hervor-
bringen kann, welchen etwa die Kriegsdrachen der Chinesen erregen
mögen. Später aber (durch Praxiteles?) kam derjenige Typus auf,
den wir z. B. in den colossalen vaticanischen Medusenmasken
(aus hadrianischer Zeit, im Braccio nuovo) bewundern. Unter den
schlangenähnlichen Locken treten gewaltige, breitgebildete Köpfe her-
vor, schön und erbarmungslos, zugleich aber selbst von geheimem
Entsetzen durchbebt; nur so konnte diese Empfindung auch in dem
Beschauer erregt werden. Für die Behandlung des Dämonisch-
Schrecklichen in der griechischen Kunst die wichtigste Urkunde. —
Leider findet man an der Treppe des Pal. Colonna in Rom von dem
berühmten porphyrnen Colossalrelief eines Medusenhauptes nur noch
den bemalten Gypsabguss. — Medusa im Profil, Hauptsaal der Villa
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/552>, abgerufen am 18.12.2024.
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