werth als das physiognomische Interesse zum Massstab, ungewiss ob der Leser uns gerne auf diesen Pfaden folgen wird.
a
Im Vatican: Braccio nuovo: der sog. Kopf des Sulla; -- Mus. bChiaramonti: der sog. Marius, treffendes Bild eines etwas galligen Al- ten; -- der (wahrscheinlich richtig benannte) Cicero, N. 422, nicht N. 697; -- und der sog. Ahenobarbus mit dem feinen und klugen Aus- cdruck des fetten Angesichtes; -- Büstenzimmer: einige interessante dFrauenköpfe. -- Im Museo capitolino: erstes unteres Zimmer: ein Mann von Jahren (jetzt für Hadrian ausgegeben, aufgestellt auf einem Hercules-Altar), wundervoll wahr in dem zweideutig Verbis- esenen des Ausdruckes; -- Zimmer des sterbenden Fechters: der beste Kopf des Marcus Brutus, Mörders des Cäsar, von widerlichem, ob- fwohl nicht geistlosem Ausdruck; -- Zimmer des Fauns: der sog. Ce- thegus, ein noch junger, vornehm abgelebter Spätrömer; -- Philo- gsophenzimmer: hier muss man wohl von den meisten Taufen mit Römernamen absehen und sich einzig mit dem geistigen Inhalt be- gnügen; Virgil als idealer, wahrscheinlich göttlicher Kopf gehört gar nicht hieher; ein kahler, delicater sauertöpfischer Alter heisst Cato; ein (auch sonst öfter vorkommender) trauernder, entbehrungsvoller Kopf (squalidum), die Haare in der Stirn, wird überall Seneca ge- tauft; der sog. Cicero ist ein ansehnlicher grosser Beamter mit klaren, wohlwollenden Zügen; der sog. Pompejus ein leidenschaftlicher, sehr vornehmer junger Herr, dessen Gleichen der Leser wohl schon öfter begegnet sein wird. U. s. w. 1). Mitten unter diese sehr bunte Schaar hat sich ein ganz schöner jugendlicher Heldenkopf (N. 59) verirrt, mit einem leisen Anflug des Barbarentypus; wenn Jemand in ihm den Germanen Arminius erkennen will, so wird ein alterthumskundi- ger Freund, den ich hier nicht nennen darf, nichts dagegen einzu- hwenden haben. -- Im Palast der Conservatoren (Eckzimmer) die vorgebliche Bronzebüste des alten L. Junius Brutus, ein höchst charakteristischer Römerkopf.
i
Im Museum von Neapel: Grosse Bronzen: schönes Exemplar des schon bezeichneten Seneca; Lepidus (wenig sicher, allein voll in-
1) [Braun S. 170 ff. erkennt u. a. den Aeschylus (N. 82), den Marcus Agrippa (N. 16), den Terenz (N. 76), den Corbulo (N. 48) als richtig benannt an, hält aber (nach Visconti) den Cicero (N. 75) eher für einen Asinius Pollio.]
Antike Sculptur. Römische Porträtköpfe.
werth als das physiognomische Interesse zum Massstab, ungewiss ob der Leser uns gerne auf diesen Pfaden folgen wird.
a
Im Vatican: Braccio nuovo: der sog. Kopf des Sulla; — Mus. bChiaramonti: der sog. Marius, treffendes Bild eines etwas galligen Al- ten; — der (wahrscheinlich richtig benannte) Cicero, N. 422, nicht N. 697; — und der sog. Ahenobarbus mit dem feinen und klugen Aus- cdruck des fetten Angesichtes; — Büstenzimmer: einige interessante dFrauenköpfe. — Im Museo capitolino: erstes unteres Zimmer: ein Mann von Jahren (jetzt für Hadrian ausgegeben, aufgestellt auf einem Hercules-Altar), wundervoll wahr in dem zweideutig Verbis- esenen des Ausdruckes; — Zimmer des sterbenden Fechters: der beste Kopf des Marcus Brutus, Mörders des Cäsar, von widerlichem, ob- fwohl nicht geistlosem Ausdruck; — Zimmer des Fauns: der sog. Ce- thegus, ein noch junger, vornehm abgelebter Spätrömer; — Philo- gsophenzimmer: hier muss man wohl von den meisten Taufen mit Römernamen absehen und sich einzig mit dem geistigen Inhalt be- gnügen; Virgil als idealer, wahrscheinlich göttlicher Kopf gehört gar nicht hieher; ein kahler, delicater sauertöpfischer Alter heisst Cato; ein (auch sonst öfter vorkommender) trauernder, entbehrungsvoller Kopf (squalidum), die Haare in der Stirn, wird überall Seneca ge- tauft; der sog. Cicero ist ein ansehnlicher grosser Beamter mit klaren, wohlwollenden Zügen; der sog. Pompejus ein leidenschaftlicher, sehr vornehmer junger Herr, dessen Gleichen der Leser wohl schon öfter begegnet sein wird. U. s. w. 1). Mitten unter diese sehr bunte Schaar hat sich ein ganz schöner jugendlicher Heldenkopf (N. 59) verirrt, mit einem leisen Anflug des Barbarentypus; wenn Jemand in ihm den Germanen Arminius erkennen will, so wird ein alterthumskundi- ger Freund, den ich hier nicht nennen darf, nichts dagegen einzu- hwenden haben. — Im Palast der Conservatoren (Eckzimmer) die vorgebliche Bronzebüste des alten L. Junius Brutus, ein höchst charakteristischer Römerkopf.
i
Im Museum von Neapel: Grosse Bronzen: schönes Exemplar des schon bezeichneten Seneca; Lepidus (wenig sicher, allein voll in-
1) [Braun S. 170 ff. erkennt u. a. den Aeschylus (N. 82), den Marcus Agrippa (N. 16), den Terenz (N. 76), den Corbulo (N. 48) als richtig benannt an, hält aber (nach Visconti) den Cicero (N. 75) eher für einen Asinius Pollio.]
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0548"n="526"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Antike Sculptur. Römische Porträtköpfe.</hi></fw><lb/>
werth als das physiognomische Interesse zum Massstab, ungewiss ob<lb/>
der Leser uns gerne auf diesen Pfaden folgen wird.</p><lb/><noteplace="left">a</note><p>Im <hirendition="#g">Vatican</hi>: Braccio nuovo: der sog. Kopf des Sulla; — Mus.<lb/><noteplace="left">b</note>Chiaramonti: der sog. Marius, treffendes Bild eines etwas galligen Al-<lb/>
ten; — der (wahrscheinlich richtig benannte) Cicero, N. 422, nicht N.<lb/>
697; — und der sog. Ahenobarbus mit dem feinen und klugen Aus-<lb/><noteplace="left">c</note>druck des fetten Angesichtes; — Büstenzimmer: einige interessante<lb/><noteplace="left">d</note>Frauenköpfe. — Im <hirendition="#g">Museo capitolino</hi>: erstes unteres Zimmer:<lb/>
ein Mann von Jahren (jetzt für Hadrian ausgegeben, aufgestellt auf<lb/>
einem Hercules-Altar), wundervoll wahr in dem zweideutig Verbis-<lb/><noteplace="left">e</note>senen des Ausdruckes; — Zimmer des sterbenden Fechters: der beste<lb/>
Kopf des Marcus Brutus, Mörders des Cäsar, von widerlichem, ob-<lb/><noteplace="left">f</note>wohl nicht geistlosem Ausdruck; — Zimmer des Fauns: der sog. Ce-<lb/>
thegus, ein noch junger, vornehm abgelebter Spätrömer; — Philo-<lb/><noteplace="left">g</note>sophenzimmer: hier muss man wohl von den meisten Taufen mit<lb/>
Römernamen absehen und sich einzig mit dem geistigen Inhalt be-<lb/>
gnügen; Virgil als idealer, wahrscheinlich göttlicher Kopf gehört gar<lb/>
nicht hieher; ein kahler, delicater sauertöpfischer Alter heisst Cato;<lb/>
ein (auch sonst öfter vorkommender) trauernder, entbehrungsvoller<lb/>
Kopf (squalidum), die Haare in der Stirn, wird überall Seneca ge-<lb/>
tauft; der sog. Cicero ist ein ansehnlicher grosser Beamter mit klaren,<lb/>
wohlwollenden Zügen; der sog. Pompejus ein leidenschaftlicher, sehr<lb/>
vornehmer junger Herr, dessen Gleichen der Leser wohl schon öfter<lb/>
begegnet sein wird. U. s. w. <noteplace="foot"n="1)">[Braun S. 170 ff. erkennt u. a. den Aeschylus (N. 82), den Marcus Agrippa<lb/>
(N. 16), den Terenz (N. 76), den Corbulo (N. 48) als richtig benannt an,<lb/>
hält aber (nach Visconti) den Cicero (N. 75) eher für einen Asinius Pollio.]</note>. Mitten unter diese sehr bunte Schaar<lb/>
hat sich ein ganz schöner jugendlicher Heldenkopf (N. 59) verirrt,<lb/>
mit einem leisen Anflug des Barbarentypus; wenn Jemand in ihm<lb/>
den Germanen Arminius erkennen will, so wird ein alterthumskundi-<lb/>
ger Freund, den ich hier nicht nennen darf, nichts dagegen einzu-<lb/><noteplace="left">h</note>wenden haben. — Im <hirendition="#g">Palast der Conservatoren</hi> (Eckzimmer)<lb/>
die vorgebliche Bronzebüste des alten L. Junius Brutus, ein höchst<lb/>
charakteristischer Römerkopf.</p><lb/><noteplace="left">i</note><p>Im <hirendition="#g">Museum von Neapel</hi>: Grosse Bronzen: schönes Exemplar<lb/>
des schon bezeichneten Seneca; Lepidus (wenig sicher, allein voll in-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[526/0548]
Antike Sculptur. Römische Porträtköpfe.
werth als das physiognomische Interesse zum Massstab, ungewiss ob
der Leser uns gerne auf diesen Pfaden folgen wird.
Im Vatican: Braccio nuovo: der sog. Kopf des Sulla; — Mus.
Chiaramonti: der sog. Marius, treffendes Bild eines etwas galligen Al-
ten; — der (wahrscheinlich richtig benannte) Cicero, N. 422, nicht N.
697; — und der sog. Ahenobarbus mit dem feinen und klugen Aus-
druck des fetten Angesichtes; — Büstenzimmer: einige interessante
Frauenköpfe. — Im Museo capitolino: erstes unteres Zimmer:
ein Mann von Jahren (jetzt für Hadrian ausgegeben, aufgestellt auf
einem Hercules-Altar), wundervoll wahr in dem zweideutig Verbis-
senen des Ausdruckes; — Zimmer des sterbenden Fechters: der beste
Kopf des Marcus Brutus, Mörders des Cäsar, von widerlichem, ob-
wohl nicht geistlosem Ausdruck; — Zimmer des Fauns: der sog. Ce-
thegus, ein noch junger, vornehm abgelebter Spätrömer; — Philo-
sophenzimmer: hier muss man wohl von den meisten Taufen mit
Römernamen absehen und sich einzig mit dem geistigen Inhalt be-
gnügen; Virgil als idealer, wahrscheinlich göttlicher Kopf gehört gar
nicht hieher; ein kahler, delicater sauertöpfischer Alter heisst Cato;
ein (auch sonst öfter vorkommender) trauernder, entbehrungsvoller
Kopf (squalidum), die Haare in der Stirn, wird überall Seneca ge-
tauft; der sog. Cicero ist ein ansehnlicher grosser Beamter mit klaren,
wohlwollenden Zügen; der sog. Pompejus ein leidenschaftlicher, sehr
vornehmer junger Herr, dessen Gleichen der Leser wohl schon öfter
begegnet sein wird. U. s. w. 1). Mitten unter diese sehr bunte Schaar
hat sich ein ganz schöner jugendlicher Heldenkopf (N. 59) verirrt,
mit einem leisen Anflug des Barbarentypus; wenn Jemand in ihm
den Germanen Arminius erkennen will, so wird ein alterthumskundi-
ger Freund, den ich hier nicht nennen darf, nichts dagegen einzu-
wenden haben. — Im Palast der Conservatoren (Eckzimmer)
die vorgebliche Bronzebüste des alten L. Junius Brutus, ein höchst
charakteristischer Römerkopf.
b
c
d
e
f
g
h
Im Museum von Neapel: Grosse Bronzen: schönes Exemplar
des schon bezeichneten Seneca; Lepidus (wenig sicher, allein voll in-
1) [Braun S. 170 ff. erkennt u. a. den Aeschylus (N. 82), den Marcus Agrippa
(N. 16), den Terenz (N. 76), den Corbulo (N. 48) als richtig benannt an,
hält aber (nach Visconti) den Cicero (N. 75) eher für einen Asinius Pollio.]
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/548>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.