im Kampfgewühl zu Pferde streitenden Alexander -- wahrscheinlich einer sehr ausgezeichneten Gruppe -- wenigstens eine kleine Erinne- arung vorhanden in der sehr lebendig gedachten Bronzestatuette des Museums von Neapel (grosse Bronzen; ein lediges Pferd, wel- ches in der Nähe des Reiters aufgestellt ist, könnte der Arbeit nach wohl dazu gehören und ebenfalls aus jener Gruppe wiederholt sein).
Ausser diesen Idealbildungen hat sich aber auch noch ein lebens- treues Porträt erhalten, u. a. in einer (bezeichneten) Büste des Lou- vre. Der Gypsabguss z. B. in der Academie de France bietet eine anregende Vergleichung zunächst mit dem capitolinischen Kopfe dar. Die Bronze in Neapel gleicht ihm in den Zügen mehr als jenen beiden Idealköpfen.
Unter allen römischen Bildnissen kommen natürlich die der Kaiser und ihrer Angehörigen vorzüglich häufig vor. Die Gelegen- heiten, Statuen und Büsten der Herrscher aufzustellen, waren der ver- schiedensten Art; die Foren und Basiliken der Städte mussten von Rechtswegen damit versehen sein, die Gebäude jedes Kaisers enthiel- ten gewiss die Bildnisse seiner ganzen Familie, und auch mancher Privatmann mochte es gerathen finden, seinem Herrn ein Denkmal zu setzen. Im III. Jahrhundert wurden bereits die Bilder der frühern guten Kaiser, zumal das des Marc-Aurel, aus historischer und reli- giöser Verehrung vervielfacht.
Unter den ganzen Statuen sind die geharnischten die häufig- sten. Der Brustpanzer und die unten daran befestigten Schuppen sind, oft überreich, mit getriebener Arbeit, Victorien, Löwenköpfen u. dgl. geschmückt; von dem Kriegermantel (Paludamentum) erscheint ein Bausch auf der linken Schulter; das Übrige zieht sich hinten abwärts und kommt über dem linken, auch wohl über dem rechten Arm wie- der zum Vorschein; die Rechte wird meist gesticulirend, auch etwa mit einer Waffe restaurirt. Sehr oft, ja in der Regel, ist nur der Rumpf alt oder ursprünglich; dem Kopfwechsel war gerade diese bGattung am meisten unterworfen. (Der prächtig geharnischte L. Ve- rus, im Vatican, Galeria delle Statue; eine Anzahl von den besten in cder untern Halle des Palastes der Villa Albani; andere im Museum
Antike Sculptur. Kaiserstatuen im Harnisch.
im Kampfgewühl zu Pferde streitenden Alexander — wahrscheinlich einer sehr ausgezeichneten Gruppe — wenigstens eine kleine Erinne- arung vorhanden in der sehr lebendig gedachten Bronzestatuette des Museums von Neapel (grosse Bronzen; ein lediges Pferd, wel- ches in der Nähe des Reiters aufgestellt ist, könnte der Arbeit nach wohl dazu gehören und ebenfalls aus jener Gruppe wiederholt sein).
Ausser diesen Idealbildungen hat sich aber auch noch ein lebens- treues Porträt erhalten, u. a. in einer (bezeichneten) Büste des Lou- vre. Der Gypsabguss z. B. in der Académie de France bietet eine anregende Vergleichung zunächst mit dem capitolinischen Kopfe dar. Die Bronze in Neapel gleicht ihm in den Zügen mehr als jenen beiden Idealköpfen.
Unter allen römischen Bildnissen kommen natürlich die der Kaiser und ihrer Angehörigen vorzüglich häufig vor. Die Gelegen- heiten, Statuen und Büsten der Herrscher aufzustellen, waren der ver- schiedensten Art; die Foren und Basiliken der Städte mussten von Rechtswegen damit versehen sein, die Gebäude jedes Kaisers enthiel- ten gewiss die Bildnisse seiner ganzen Familie, und auch mancher Privatmann mochte es gerathen finden, seinem Herrn ein Denkmal zu setzen. Im III. Jahrhundert wurden bereits die Bilder der frühern guten Kaiser, zumal das des Marc-Aurel, aus historischer und reli- giöser Verehrung vervielfacht.
Unter den ganzen Statuen sind die geharnischten die häufig- sten. Der Brustpanzer und die unten daran befestigten Schuppen sind, oft überreich, mit getriebener Arbeit, Victorien, Löwenköpfen u. dgl. geschmückt; von dem Kriegermantel (Paludamentum) erscheint ein Bausch auf der linken Schulter; das Übrige zieht sich hinten abwärts und kommt über dem linken, auch wohl über dem rechten Arm wie- der zum Vorschein; die Rechte wird meist gesticulirend, auch etwa mit einer Waffe restaurirt. Sehr oft, ja in der Regel, ist nur der Rumpf alt oder ursprünglich; dem Kopfwechsel war gerade diese bGattung am meisten unterworfen. (Der prächtig geharnischte L. Ve- rus, im Vatican, Galeria delle Statue; eine Anzahl von den besten in cder untern Halle des Palastes der Villa Albani; andere im Museum
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Antike Sculptur. Kaiserstatuen im Harnisch.
im Kampfgewühl zu Pferde streitenden Alexander — wahrscheinlich
einer sehr ausgezeichneten Gruppe — wenigstens eine kleine Erinne-
rung vorhanden in der sehr lebendig gedachten Bronzestatuette
des Museums von Neapel (grosse Bronzen; ein lediges Pferd, wel-
ches in der Nähe des Reiters aufgestellt ist, könnte der Arbeit nach
wohl dazu gehören und ebenfalls aus jener Gruppe wiederholt sein).
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Ausser diesen Idealbildungen hat sich aber auch noch ein lebens-
treues Porträt erhalten, u. a. in einer (bezeichneten) Büste des Lou-
vre. Der Gypsabguss z. B. in der Académie de France bietet eine
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Die Bronze in Neapel gleicht ihm in den Zügen mehr als jenen beiden
Idealköpfen.
Unter allen römischen Bildnissen kommen natürlich die der
Kaiser und ihrer Angehörigen vorzüglich häufig vor. Die Gelegen-
heiten, Statuen und Büsten der Herrscher aufzustellen, waren der ver-
schiedensten Art; die Foren und Basiliken der Städte mussten von
Rechtswegen damit versehen sein, die Gebäude jedes Kaisers enthiel-
ten gewiss die Bildnisse seiner ganzen Familie, und auch mancher
Privatmann mochte es gerathen finden, seinem Herrn ein Denkmal zu
setzen. Im III. Jahrhundert wurden bereits die Bilder der frühern
guten Kaiser, zumal das des Marc-Aurel, aus historischer und reli-
giöser Verehrung vervielfacht.
Unter den ganzen Statuen sind die geharnischten die häufig-
sten. Der Brustpanzer und die unten daran befestigten Schuppen sind,
oft überreich, mit getriebener Arbeit, Victorien, Löwenköpfen u. dgl.
geschmückt; von dem Kriegermantel (Paludamentum) erscheint ein
Bausch auf der linken Schulter; das Übrige zieht sich hinten abwärts
und kommt über dem linken, auch wohl über dem rechten Arm wie-
der zum Vorschein; die Rechte wird meist gesticulirend, auch etwa
mit einer Waffe restaurirt. Sehr oft, ja in der Regel, ist nur der
Rumpf alt oder ursprünglich; dem Kopfwechsel war gerade diese
Gattung am meisten unterworfen. (Der prächtig geharnischte L. Ve-
rus, im Vatican, Galeria delle Statue; eine Anzahl von den besten in
der untern Halle des Palastes der Villa Albani; andere im Museum
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/538>, abgerufen am 18.12.2024.
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