sehens, dargestellt. Die gewöhnliche Bezeichnung, ebenfalls auf Orest und Elektra lautend, ist der ungleichen Grösse wegen jedenfalls un- statthaft, während den Namen Penelope und Telemach nichts ernstlich widersprechen würde 1). Die Mutter ist die ungleich bessere Figur, nicht bloss durch den reinern Ausdruck gemüthlicher Hin- gebung, sondern auch in Beziehung auf die Arbeit; ihr Gewand er- scheint in der Erfindung wie ein Prachtstück der spätern griechischen Kunst. Der Name des Bildhauers, am Unterkleid, lautet; Menelaos, Schüler des Stephanos.
Ein höheres und ein untergeordnetes göttliches Wesen, das eine träumerisch versunken, das andere stützend und mit schalkhaftem Ausdruck zur Bewegung auffordernd, sind in den Gruppen des Bac- chus und Ampelos zusammengesellt (S. 471, 472). Nur weicht gerade das beste Exemplar beträchtlich von der Anordnung der übrigen ab und lässt doch zugleich bei seinem trümmerhaften Zustande kein ge- naueres Urtheil zu.
Lehrer und Zögling, allerdings von eigener Art, finden sich ver- bunden in den schon (S. 481) genannten Gruppen des Pan und des jungen Satyrs Olympos, welcher Unterricht im Spiel der Syrinx erhält. -- Die ebenfalls erwähnte kleine vaticanische Gruppe des Pan, welcher einem Satyr einen Dorn aus dem Fusse zieht, lässt wie diese ein gutes, nicht mehr vorhandenes Urbild bedauern.
Von Liebespaaren sind fast nur Amor und Psyche (S. 469) mit der Absicht auf vollen Ausdruck tieferer Innigkeit gearbeitet worden, oder Anderes der Art ist uns verloren gegangen. Gegenstände dieser Art lagen der antiken Kunst bei weitem nicht so nahe als der jetzi- gen; auch sind "Amor und Psyche" eine ihrer späteren Schöpfungen.
Mit grosser Meisterschaft bildete sie dagegen Vereinigungen von mehr sinnlicher Art, dergleichen in italienischen Sammlungen nicht leicht ans Tageslicht gestellt werden. Den Triton, welcher eine Ne- reide entführt, haben wir bereits an seiner Stelle erwähnt (S. 484, b).
In der Gruppe "Mars und Venus" wozu meist noch ein
1) Die frühere Deutung "Papirius und seine Mutter, die ihm das Senatsgeheim- niss abfragen will" -- ging wohl gar nicht so weit am rechten Ziel vorbei. Nur wäre die Verewigung solch eines historischen römischen Einzelfactums ohne Beispiel in der alten Kunst.
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Gruppen des schlichten Verkehrs; der Liebe.
sehens, dargestellt. Die gewöhnliche Bezeichnung, ebenfalls auf Orest und Elektra lautend, ist der ungleichen Grösse wegen jedenfalls un- statthaft, während den Namen Penelope und Telemach nichts ernstlich widersprechen würde 1). Die Mutter ist die ungleich bessere Figur, nicht bloss durch den reinern Ausdruck gemüthlicher Hin- gebung, sondern auch in Beziehung auf die Arbeit; ihr Gewand er- scheint in der Erfindung wie ein Prachtstück der spätern griechischen Kunst. Der Name des Bildhauers, am Unterkleid, lautet; Menelaos, Schüler des Stephanos.
Ein höheres und ein untergeordnetes göttliches Wesen, das eine träumerisch versunken, das andere stützend und mit schalkhaftem Ausdruck zur Bewegung auffordernd, sind in den Gruppen des Bac- chus und Ampelos zusammengesellt (S. 471, 472). Nur weicht gerade das beste Exemplar beträchtlich von der Anordnung der übrigen ab und lässt doch zugleich bei seinem trümmerhaften Zustande kein ge- naueres Urtheil zu.
Lehrer und Zögling, allerdings von eigener Art, finden sich ver- bunden in den schon (S. 481) genannten Gruppen des Pan und des jungen Satyrs Olympos, welcher Unterricht im Spiel der Syrinx erhält. — Die ebenfalls erwähnte kleine vaticanische Gruppe des Pan, welcher einem Satyr einen Dorn aus dem Fusse zieht, lässt wie diese ein gutes, nicht mehr vorhandenes Urbild bedauern.
Von Liebespaaren sind fast nur Amor und Psyche (S. 469) mit der Absicht auf vollen Ausdruck tieferer Innigkeit gearbeitet worden, oder Anderes der Art ist uns verloren gegangen. Gegenstände dieser Art lagen der antiken Kunst bei weitem nicht so nahe als der jetzi- gen; auch sind „Amor und Psyche“ eine ihrer späteren Schöpfungen.
Mit grosser Meisterschaft bildete sie dagegen Vereinigungen von mehr sinnlicher Art, dergleichen in italienischen Sammlungen nicht leicht ans Tageslicht gestellt werden. Den Triton, welcher eine Ne- reide entführt, haben wir bereits an seiner Stelle erwähnt (S. 484, b).
In der Gruppe „Mars und Venus“ wozu meist noch ein
1) Die frühere Deutung „Papirius und seine Mutter, die ihm das Senatsgeheim- niss abfragen will“ — ging wohl gar nicht so weit am rechten Ziel vorbei. Nur wäre die Verewigung solch eines historischen römischen Einzelfactums ohne Beispiel in der alten Kunst.
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Gruppen des schlichten Verkehrs; der Liebe.
sehens, dargestellt. Die gewöhnliche Bezeichnung, ebenfalls auf Orest
und Elektra lautend, ist der ungleichen Grösse wegen jedenfalls un-
statthaft, während den Namen Penelope und Telemach nichts
ernstlich widersprechen würde 1). Die Mutter ist die ungleich bessere
Figur, nicht bloss durch den reinern Ausdruck gemüthlicher Hin-
gebung, sondern auch in Beziehung auf die Arbeit; ihr Gewand er-
scheint in der Erfindung wie ein Prachtstück der spätern griechischen
Kunst. Der Name des Bildhauers, am Unterkleid, lautet; Menelaos,
Schüler des Stephanos.
Ein höheres und ein untergeordnetes göttliches Wesen, das eine
träumerisch versunken, das andere stützend und mit schalkhaftem
Ausdruck zur Bewegung auffordernd, sind in den Gruppen des Bac-
chus und Ampelos zusammengesellt (S. 471, 472). Nur weicht gerade
das beste Exemplar beträchtlich von der Anordnung der übrigen ab
und lässt doch zugleich bei seinem trümmerhaften Zustande kein ge-
naueres Urtheil zu.
Lehrer und Zögling, allerdings von eigener Art, finden sich ver-
bunden in den schon (S. 481) genannten Gruppen des Pan und des
jungen Satyrs Olympos, welcher Unterricht im Spiel der Syrinx
erhält. — Die ebenfalls erwähnte kleine vaticanische Gruppe des Pan,
welcher einem Satyr einen Dorn aus dem Fusse zieht, lässt wie diese
ein gutes, nicht mehr vorhandenes Urbild bedauern.
Von Liebespaaren sind fast nur Amor und Psyche (S. 469)
mit der Absicht auf vollen Ausdruck tieferer Innigkeit gearbeitet worden,
oder Anderes der Art ist uns verloren gegangen. Gegenstände dieser
Art lagen der antiken Kunst bei weitem nicht so nahe als der jetzi-
gen; auch sind „Amor und Psyche“ eine ihrer späteren Schöpfungen.
Mit grosser Meisterschaft bildete sie dagegen Vereinigungen von
mehr sinnlicher Art, dergleichen in italienischen Sammlungen nicht
leicht ans Tageslicht gestellt werden. Den Triton, welcher eine Ne-
reide entführt, haben wir bereits an seiner Stelle erwähnt (S. 484, b).
In der Gruppe „Mars und Venus“ wozu meist noch ein
1) Die frühere Deutung „Papirius und seine Mutter, die ihm das Senatsgeheim-
niss abfragen will“ — ging wohl gar nicht so weit am rechten Ziel vorbei.
Nur wäre die Verewigung solch eines historischen römischen Einzelfactums
ohne Beispiel in der alten Kunst.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/521>, abgerufen am 22.12.2024.
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