aMuseum von Neapel, Halle der farbigen Marmore, sowie -- weissmar- bmorn mit schwarzen Zuthaten -- im Kaffehaus der Villa Albani) etc.
In dreierlei Typen hat die antike Kunst den Fremden, den Bar- baren personificirt und als stehendes Element der Darstellung ge- braucht.
Der edelste dieser Typen ist der des Asiaten, speciell des Phry- gers. Er unterscheidet sich in den ältern Werken, wie z. B. den tro- janischen Figuren der Äginetengruppen, nur durch die charakteristische Tracht -- Ermelkleid, Hosen und phrygische Mütze -- von den Ge- stalten der classischen Welt. Später, als man mit allem Asiatischen durchgehends den Begriff der Weichlichkeit verband, wurden die Er- mel und Hosen weit und faltig und ein reichwallender Mantel kam chinzu. Dieser Art ist der sitzende Paris des Vaticans (Galeria delle statue), ein sehr glücklich gedachtes Werk, aber von unbedeu- tender Ausführung. (Paris als Knabe, s. oben.) Auch für die asiati- schen Gottheiten, die in den Kreis römischer Verehrung aufgenommen wurden, nahm später die Kunst diesen längst fertigen Typus in An- spruch, wie die häufigen Gruppen des Mithras auf dem Stier knieend d(die beste freistehende im Vatican, Saal der Thiere, viele Reliefs überall) eund einzelne Gestalten des Attys beweisen. (Diejenige der Uffizien, erster Gang, ist stark restaurirt und überarbeitet.)
Ganz anders verfuhr die Kunst mit (scytischen?) Sklaven, welche meist in komisch-charakterisirender Absicht gebildet wurden, als alte, stotternde, schlotterbeinige, dummpfiffige Individuen, wie sie hie und da dem griechischen Hause zur Erheiterung dienen mochten. Eine solche Figur ist z. B. der sog. Seneca im Louvre, ebenso der Sklave mit dem fBadegefäss, im obern Gang des Vaticans. Auch einzelne gute Köpfe kommen vor; man glaubt das Stammeln des fremden Knechtes aus dem offenen Munde zu hören. -- Possierliche Sklaven waren auch als gkleine Bronzen ein beliebter Gegenstand; mehrere der Art z. B. in den Uffizien (II. Zimmer d. Br., 6. Schrank).
Endlich bildeten Griechen und Römer ihre Feinde ab, als Käm- pfende und als Überwundene. Der Typus, von welchem die griechische Kunst hiebei ausging, war nicht der des Persers, sondern der des
Antike Sculptur. Barbaren. Phryger. Sklaven.
aMuseum von Neapel, Halle der farbigen Marmore, sowie — weissmar- bmorn mit schwarzen Zuthaten — im Kaffehaus der Villa Albani) etc.
In dreierlei Typen hat die antike Kunst den Fremden, den Bar- baren personificirt und als stehendes Element der Darstellung ge- braucht.
Der edelste dieser Typen ist der des Asiaten, speciell des Phry- gers. Er unterscheidet sich in den ältern Werken, wie z. B. den tro- janischen Figuren der Äginetengruppen, nur durch die charakteristische Tracht — Ermelkleid, Hosen und phrygische Mütze — von den Ge- stalten der classischen Welt. Später, als man mit allem Asiatischen durchgehends den Begriff der Weichlichkeit verband, wurden die Er- mel und Hosen weit und faltig und ein reichwallender Mantel kam chinzu. Dieser Art ist der sitzende Paris des Vaticans (Galeria delle statue), ein sehr glücklich gedachtes Werk, aber von unbedeu- tender Ausführung. (Paris als Knabe, s. oben.) Auch für die asiati- schen Gottheiten, die in den Kreis römischer Verehrung aufgenommen wurden, nahm später die Kunst diesen längst fertigen Typus in An- spruch, wie die häufigen Gruppen des Mithras auf dem Stier knieend d(die beste freistehende im Vatican, Saal der Thiere, viele Reliefs überall) eund einzelne Gestalten des Attys beweisen. (Diejenige der Uffizien, erster Gang, ist stark restaurirt und überarbeitet.)
Ganz anders verfuhr die Kunst mit (scytischen?) Sklaven, welche meist in komisch-charakterisirender Absicht gebildet wurden, als alte, stotternde, schlotterbeinige, dummpfiffige Individuen, wie sie hie und da dem griechischen Hause zur Erheiterung dienen mochten. Eine solche Figur ist z. B. der sog. Seneca im Louvre, ebenso der Sklave mit dem fBadegefäss, im obern Gang des Vaticans. Auch einzelne gute Köpfe kommen vor; man glaubt das Stammeln des fremden Knechtes aus dem offenen Munde zu hören. — Possierliche Sklaven waren auch als gkleine Bronzen ein beliebter Gegenstand; mehrere der Art z. B. in den Uffizien (II. Zimmer d. Br., 6. Schrank).
Endlich bildeten Griechen und Römer ihre Feinde ab, als Käm- pfende und als Überwundene. Der Typus, von welchem die griechische Kunst hiebei ausging, war nicht der des Persers, sondern der des
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Antike Sculptur. Barbaren. Phryger. Sklaven.
Museum von Neapel, Halle der farbigen Marmore, sowie — weissmar-
morn mit schwarzen Zuthaten — im Kaffehaus der Villa Albani) etc.
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In dreierlei Typen hat die antike Kunst den Fremden, den Bar-
baren personificirt und als stehendes Element der Darstellung ge-
braucht.
Der edelste dieser Typen ist der des Asiaten, speciell des Phry-
gers. Er unterscheidet sich in den ältern Werken, wie z. B. den tro-
janischen Figuren der Äginetengruppen, nur durch die charakteristische
Tracht — Ermelkleid, Hosen und phrygische Mütze — von den Ge-
stalten der classischen Welt. Später, als man mit allem Asiatischen
durchgehends den Begriff der Weichlichkeit verband, wurden die Er-
mel und Hosen weit und faltig und ein reichwallender Mantel kam
hinzu. Dieser Art ist der sitzende Paris des Vaticans (Galeria
delle statue), ein sehr glücklich gedachtes Werk, aber von unbedeu-
tender Ausführung. (Paris als Knabe, s. oben.) Auch für die asiati-
schen Gottheiten, die in den Kreis römischer Verehrung aufgenommen
wurden, nahm später die Kunst diesen längst fertigen Typus in An-
spruch, wie die häufigen Gruppen des Mithras auf dem Stier knieend
(die beste freistehende im Vatican, Saal der Thiere, viele Reliefs überall)
und einzelne Gestalten des Attys beweisen. (Diejenige der Uffizien,
erster Gang, ist stark restaurirt und überarbeitet.)
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Ganz anders verfuhr die Kunst mit (scytischen?) Sklaven, welche
meist in komisch-charakterisirender Absicht gebildet wurden, als alte,
stotternde, schlotterbeinige, dummpfiffige Individuen, wie sie hie und
da dem griechischen Hause zur Erheiterung dienen mochten. Eine solche
Figur ist z. B. der sog. Seneca im Louvre, ebenso der Sklave mit dem
Badegefäss, im obern Gang des Vaticans. Auch einzelne gute Köpfe
kommen vor; man glaubt das Stammeln des fremden Knechtes aus
dem offenen Munde zu hören. — Possierliche Sklaven waren auch als
kleine Bronzen ein beliebter Gegenstand; mehrere der Art z. B. in
den Uffizien (II. Zimmer d. Br., 6. Schrank).
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Endlich bildeten Griechen und Römer ihre Feinde ab, als Käm-
pfende und als Überwundene. Der Typus, von welchem die griechische
Kunst hiebei ausging, war nicht der des Persers, sondern der des
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/510>, abgerufen am 18.12.2024.
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