die schwellenden Bauchadern u. dgl. in dem grossen Massstab schon anicht mehr angenehm. (Ein dritter grosser Satyr, im Faunszimmer, bist mehr als zur Hälfte neu.) -- Zwei fast identische Statuetten, sprin- gende Satyrn mit Klingplatten, sich stark zurückbeugend, im obern Gang des Vaticans; vielleicht Nachbildungen eines berühmten Origi- cnals. Ein eifriger Bläser der Doppelflöte, kleine Bronze in den Uffi- zien, zweites Zimmer der Bronzen, dritter Schrank.
Bisweilen ist es mehr ein blosses fröhliches Aufspringen als ein eigentlicher Tanz, was der Bildner geben wollte. So vielleicht in der dherrlichen Statuette des Museums von Neapel (grosse Bronzen); aufwärts blickend, mit den Fingern der einen Hand in der Luft schnal- zend schwebt der nicht mehr junge Gesell mit, ich möchte sagen, hör- barem Jubelruf dahin.
Sehr wesentlich ist endlich das Verhältniss der Satyrn zum Wein, dessen Werth, Bereitung und Wirkung an und mit ihnen hauptsäch- lich dargestellt wird. (Weinbereitende Genien und Eroten sind in der Regel eine spätere, schwächere Schöpfung.) Die Reliefs geben den betreffenden Bilderkreis vollständig; wir müssen uns auf die Sta- tuen beschränken.
Schon an der Traube (hat der Satyr seine lüsterne Wonne; er hält sie empor und besieht sie mit einem Gemisch von Lachen und Begier, das die Kunst gerne raffinirt behandelte. Ein Meisterwerk eder sog. Fauno di rosso antico, in dem Faunszimmer des Museo capitolino, spät und zur Hälfte neu, aber in den erhaltenen Theilen classisch für die Behandlung des Satyrleibes. Eine Wiederholung in fMarmor, im grossen Saal desselben Museums; ein gutes Exemplar gwiederum in rosso antico, im Gabinetto delle Maschere des Vaticans. Andere a. a. O.
Wenn in diesem Typus die Frechheit des ausgewachsenen Satyrs kenntlich vorherrscht, so verknüpfen andere Statuen dieselbe Handlung mit einer jugendlichern und edlern Körperbildung und einem harm- losern Ausdruck; es sind schlanke, ausschreitende Gestalten in der Art des Satyrs mit dem Bacchuskind; leider fast sämmtlich stark re- staurirt, doch so beschaffen, dass man ein ausgezeichnetes Urbild ver- muthen darf, in welchem ein eigenthümliches Problem elastisch- jugendlicher Form und Bewegung schön muss gelöst gewesen sein.
Antike Sculptur. Satyrn.
die schwellenden Bauchadern u. dgl. in dem grossen Massstab schon anicht mehr angenehm. (Ein dritter grosser Satyr, im Faunszimmer, bist mehr als zur Hälfte neu.) — Zwei fast identische Statuetten, sprin- gende Satyrn mit Klingplatten, sich stark zurückbeugend, im obern Gang des Vaticans; vielleicht Nachbildungen eines berühmten Origi- cnals. Ein eifriger Bläser der Doppelflöte, kleine Bronze in den Uffi- zien, zweites Zimmer der Bronzen, dritter Schrank.
Bisweilen ist es mehr ein blosses fröhliches Aufspringen als ein eigentlicher Tanz, was der Bildner geben wollte. So vielleicht in der dherrlichen Statuette des Museums von Neapel (grosse Bronzen); aufwärts blickend, mit den Fingern der einen Hand in der Luft schnal- zend schwebt der nicht mehr junge Gesell mit, ich möchte sagen, hör- barem Jubelruf dahin.
Sehr wesentlich ist endlich das Verhältniss der Satyrn zum Wein, dessen Werth, Bereitung und Wirkung an und mit ihnen hauptsäch- lich dargestellt wird. (Weinbereitende Genien und Eroten sind in der Regel eine spätere, schwächere Schöpfung.) Die Reliefs geben den betreffenden Bilderkreis vollständig; wir müssen uns auf die Sta- tuen beschränken.
Schon an der Traube (hat der Satyr seine lüsterne Wonne; er hält sie empor und besieht sie mit einem Gemisch von Lachen und Begier, das die Kunst gerne raffinirt behandelte. Ein Meisterwerk eder sog. Fauno di rosso antico, in dem Faunszimmer des Museo capitolino, spät und zur Hälfte neu, aber in den erhaltenen Theilen classisch für die Behandlung des Satyrleibes. Eine Wiederholung in fMarmor, im grossen Saal desselben Museums; ein gutes Exemplar gwiederum in rosso antico, im Gabinetto delle Maschere des Vaticans. Andere a. a. O.
Wenn in diesem Typus die Frechheit des ausgewachsenen Satyrs kenntlich vorherrscht, so verknüpfen andere Statuen dieselbe Handlung mit einer jugendlichern und edlern Körperbildung und einem harm- losern Ausdruck; es sind schlanke, ausschreitende Gestalten in der Art des Satyrs mit dem Bacchuskind; leider fast sämmtlich stark re- staurirt, doch so beschaffen, dass man ein ausgezeichnetes Urbild ver- muthen darf, in welchem ein eigenthümliches Problem elastisch- jugendlicher Form und Bewegung schön muss gelöst gewesen sein.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0498"n="476"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Antike Sculptur. Satyrn.</hi></fw><lb/>
die schwellenden Bauchadern u. dgl. in dem grossen Massstab schon<lb/><noteplace="left">a</note>nicht mehr angenehm. (Ein dritter grosser Satyr, im Faunszimmer,<lb/><noteplace="left">b</note>ist mehr als zur Hälfte neu.) — Zwei fast identische Statuetten, sprin-<lb/>
gende Satyrn mit Klingplatten, sich stark zurückbeugend, im obern<lb/>
Gang des Vaticans; vielleicht Nachbildungen eines berühmten Origi-<lb/><noteplace="left">c</note>nals. Ein eifriger Bläser der Doppelflöte, kleine Bronze in den Uffi-<lb/>
zien, zweites Zimmer der Bronzen, dritter Schrank.</p><lb/><p>Bisweilen ist es mehr ein blosses fröhliches Aufspringen als ein<lb/>
eigentlicher Tanz, was der Bildner geben wollte. So vielleicht in der<lb/><noteplace="left">d</note>herrlichen <hirendition="#g">Statuette</hi> des Museums von <hirendition="#g">Neapel</hi> (grosse Bronzen);<lb/>
aufwärts blickend, mit den Fingern der einen Hand in der Luft schnal-<lb/>
zend schwebt der nicht mehr junge Gesell mit, ich möchte sagen, hör-<lb/>
barem Jubelruf dahin.</p><lb/><p>Sehr wesentlich ist endlich das Verhältniss der Satyrn zum Wein,<lb/>
dessen Werth, Bereitung und Wirkung an und mit ihnen hauptsäch-<lb/>
lich dargestellt wird. (Weinbereitende Genien und Eroten sind in<lb/>
der Regel eine spätere, schwächere Schöpfung.) Die Reliefs geben<lb/>
den betreffenden Bilderkreis vollständig; wir müssen uns auf die Sta-<lb/>
tuen beschränken.</p><lb/><p>Schon an der <hirendition="#g">Traube</hi> (hat der Satyr seine lüsterne Wonne; er<lb/>
hält sie empor und besieht sie mit einem Gemisch von Lachen und<lb/>
Begier, das die Kunst gerne raffinirt behandelte. Ein Meisterwerk<lb/><noteplace="left">e</note>der sog. <hirendition="#g">Fauno di rosso antico</hi>, in dem Faunszimmer des Museo<lb/>
capitolino, spät und zur Hälfte neu, aber in den erhaltenen Theilen<lb/>
classisch für die Behandlung des Satyrleibes. Eine Wiederholung in<lb/><noteplace="left">f</note>Marmor, im grossen Saal desselben Museums; ein gutes Exemplar<lb/><noteplace="left">g</note>wiederum in rosso antico, im Gabinetto delle Maschere des Vaticans.<lb/>
Andere a. a. O.</p><lb/><p>Wenn in diesem Typus die Frechheit des ausgewachsenen Satyrs<lb/>
kenntlich vorherrscht, so verknüpfen andere Statuen dieselbe Handlung<lb/>
mit einer jugendlichern und edlern Körperbildung und einem harm-<lb/>
losern Ausdruck; es sind schlanke, ausschreitende Gestalten in der<lb/>
Art des Satyrs mit dem Bacchuskind; leider fast sämmtlich stark re-<lb/>
staurirt, doch so beschaffen, dass man ein ausgezeichnetes Urbild ver-<lb/>
muthen darf, in welchem ein eigenthümliches Problem elastisch-<lb/>
jugendlicher Form und Bewegung schön muss gelöst gewesen sein.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[476/0498]
Antike Sculptur. Satyrn.
die schwellenden Bauchadern u. dgl. in dem grossen Massstab schon
nicht mehr angenehm. (Ein dritter grosser Satyr, im Faunszimmer,
ist mehr als zur Hälfte neu.) — Zwei fast identische Statuetten, sprin-
gende Satyrn mit Klingplatten, sich stark zurückbeugend, im obern
Gang des Vaticans; vielleicht Nachbildungen eines berühmten Origi-
nals. Ein eifriger Bläser der Doppelflöte, kleine Bronze in den Uffi-
zien, zweites Zimmer der Bronzen, dritter Schrank.
a
b
c
Bisweilen ist es mehr ein blosses fröhliches Aufspringen als ein
eigentlicher Tanz, was der Bildner geben wollte. So vielleicht in der
herrlichen Statuette des Museums von Neapel (grosse Bronzen);
aufwärts blickend, mit den Fingern der einen Hand in der Luft schnal-
zend schwebt der nicht mehr junge Gesell mit, ich möchte sagen, hör-
barem Jubelruf dahin.
d
Sehr wesentlich ist endlich das Verhältniss der Satyrn zum Wein,
dessen Werth, Bereitung und Wirkung an und mit ihnen hauptsäch-
lich dargestellt wird. (Weinbereitende Genien und Eroten sind in
der Regel eine spätere, schwächere Schöpfung.) Die Reliefs geben
den betreffenden Bilderkreis vollständig; wir müssen uns auf die Sta-
tuen beschränken.
Schon an der Traube (hat der Satyr seine lüsterne Wonne; er
hält sie empor und besieht sie mit einem Gemisch von Lachen und
Begier, das die Kunst gerne raffinirt behandelte. Ein Meisterwerk
der sog. Fauno di rosso antico, in dem Faunszimmer des Museo
capitolino, spät und zur Hälfte neu, aber in den erhaltenen Theilen
classisch für die Behandlung des Satyrleibes. Eine Wiederholung in
Marmor, im grossen Saal desselben Museums; ein gutes Exemplar
wiederum in rosso antico, im Gabinetto delle Maschere des Vaticans.
Andere a. a. O.
e
f
g
Wenn in diesem Typus die Frechheit des ausgewachsenen Satyrs
kenntlich vorherrscht, so verknüpfen andere Statuen dieselbe Handlung
mit einer jugendlichern und edlern Körperbildung und einem harm-
losern Ausdruck; es sind schlanke, ausschreitende Gestalten in der
Art des Satyrs mit dem Bacchuskind; leider fast sämmtlich stark re-
staurirt, doch so beschaffen, dass man ein ausgezeichnetes Urbild ver-
muthen darf, in welchem ein eigenthümliches Problem elastisch-
jugendlicher Form und Bewegung schön muss gelöst gewesen sein.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/498>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.