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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Frührenaissance. Ferrara. Paläste.
ausgenommen das schöne Portal mit dem Wappen darüber. -- Das
aWichtigste ist immer der Pal. de' Diamanti (jetziges Ateneo, mit
der städtischen Galerie), begonnen 1493 für Sigismondo von Este, mit
der facettirten Bekleidung, den sculpirten Pilastern und den sehr schön
gebildeten Fenstern versehen in der ersten Hälfte des XVI. Jahrhun-
derts, mit dem Kranzgesimse vollendet 1567 für Cardinal Luigi d'Este.
Die schönen Verhältnisse des Ganzen leiden nur durch die Disharmonie
zwischen den zarten Pilastern und der energisch sein sollenden Qua-
derbehandlung. -- Der letzte estensische Zierbau gehört schon dem
classischen Styl an und verräth die Einwirkung des Palazzo del Te
bin Mantua: nämlich la Palazzina (1559), ein ehemals köstliches
Gartenhaus, nur Erdgeschoss mit Fenstern, Portal und vier Pilastern,
hinten mit (jetzt vermauerter) Loggia und einem links anstossenden,
jetzt meist unzugänglichen "teatro". Das Ganze im kläglichsten Verfall.

Die Privatpaläste des Adels sind hier, wie in den Städten
kleiner Fürsten überhaupt, nie so wichtig als in den ehemaligen Haupt-
städten der Republiken. Das argwöhnische Regiment, auch wohl der
finanzielle Druck des Hauses Este im XV. und XVI. Jahrhundert
liess keine grosse bauliche Machtäusserung aufkommen. Der einzige
cbedeutende Hof aus dem XV. Jahrhundert, der des Pal. Scrofa
(Corso di Porta romana) ersetzt aber zehn Paläste, obwohl er nur
zur Hälfte gebaut und in drohendem Verfall begriffen ist. Er zeigt
den bolognesischen Hofbau vortrefflich in das Schlanke und Leichte
übertragen, welches die Hallen Ferrara's, deren Säulen durchgängig
von Marmor sind, überhaupt kennzeichnet. -- Die fehlende Fassade
dmag man sich ergänzen durch die äusserst zierliche des Pal. Ro-
verella
(der dafür nur einen unbedeutenden Hof hat). Über dem
heitern Eindruck dieses Gebäudes übersieht man es gerne, dass z. B.
die Arabesken des obern und des untern Frieses derber und massiger
gebildet sind als die der Pilaster, und dass die Fenster sich auf die
damit eingefassten Flächen nicht gut vertheilen. Die Pforte marmorn;
drüber ein grosser Erker, woran diess bei der Post gelegene Gebäude
eleicht kenntlich ist. -- Pal. de' Leoni, beim Pal. de' Diamanti, hat an
seinen Eckpilastern die schönsten Arabesken Ferrara's, ausserdem ein
stattliches Portal mit einem von Putten umgebenen Balcon; sonst sind
fFassade und Hofhalle ganz einfach. -- Pal. Bevilacqua und Pal. Zatti

Frührenaissance. Ferrara. Paläste.
ausgenommen das schöne Portal mit dem Wappen darüber. — Das
aWichtigste ist immer der Pal. de’ Diamanti (jetziges Ateneo, mit
der städtischen Galerie), begonnen 1493 für Sigismondo von Este, mit
der facettirten Bekleidung, den sculpirten Pilastern und den sehr schön
gebildeten Fenstern versehen in der ersten Hälfte des XVI. Jahrhun-
derts, mit dem Kranzgesimse vollendet 1567 für Cardinal Luigi d’Este.
Die schönen Verhältnisse des Ganzen leiden nur durch die Disharmonie
zwischen den zarten Pilastern und der energisch sein sollenden Qua-
derbehandlung. — Der letzte estensische Zierbau gehört schon dem
classischen Styl an und verräth die Einwirkung des Palazzo del Te
bin Mantua: nämlich la Palazzina (1559), ein ehemals köstliches
Gartenhaus, nur Erdgeschoss mit Fenstern, Portal und vier Pilastern,
hinten mit (jetzt vermauerter) Loggia und einem links anstossenden,
jetzt meist unzugänglichen „teatro“. Das Ganze im kläglichsten Verfall.

Die Privatpaläste des Adels sind hier, wie in den Städten
kleiner Fürsten überhaupt, nie so wichtig als in den ehemaligen Haupt-
städten der Republiken. Das argwöhnische Regiment, auch wohl der
finanzielle Druck des Hauses Este im XV. und XVI. Jahrhundert
liess keine grosse bauliche Machtäusserung aufkommen. Der einzige
cbedeutende Hof aus dem XV. Jahrhundert, der des Pal. Scrofa
(Corso di Porta romana) ersetzt aber zehn Paläste, obwohl er nur
zur Hälfte gebaut und in drohendem Verfall begriffen ist. Er zeigt
den bolognesischen Hofbau vortrefflich in das Schlanke und Leichte
übertragen, welches die Hallen Ferrara’s, deren Säulen durchgängig
von Marmor sind, überhaupt kennzeichnet. — Die fehlende Fassade
dmag man sich ergänzen durch die äusserst zierliche des Pal. Ro-
verella
(der dafür nur einen unbedeutenden Hof hat). Über dem
heitern Eindruck dieses Gebäudes übersieht man es gerne, dass z. B.
die Arabesken des obern und des untern Frieses derber und massiger
gebildet sind als die der Pilaster, und dass die Fenster sich auf die
damit eingefassten Flächen nicht gut vertheilen. Die Pforte marmorn;
drüber ein grosser Erker, woran diess bei der Post gelegene Gebäude
eleicht kenntlich ist. — Pal. de’ Leoni, beim Pal. de’ Diamanti, hat an
seinen Eckpilastern die schönsten Arabesken Ferrara’s, ausserdem ein
stattliches Portal mit einem von Putten umgebenen Balcon; sonst sind
fFassade und Hofhalle ganz einfach. — Pal. Bevilacqua und Pal. Zatti

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[212/0234] Frührenaissance. Ferrara. Paläste. ausgenommen das schöne Portal mit dem Wappen darüber. — Das Wichtigste ist immer der Pal. de’ Diamanti (jetziges Ateneo, mit der städtischen Galerie), begonnen 1493 für Sigismondo von Este, mit der facettirten Bekleidung, den sculpirten Pilastern und den sehr schön gebildeten Fenstern versehen in der ersten Hälfte des XVI. Jahrhun- derts, mit dem Kranzgesimse vollendet 1567 für Cardinal Luigi d’Este. Die schönen Verhältnisse des Ganzen leiden nur durch die Disharmonie zwischen den zarten Pilastern und der energisch sein sollenden Qua- derbehandlung. — Der letzte estensische Zierbau gehört schon dem classischen Styl an und verräth die Einwirkung des Palazzo del Te in Mantua: nämlich la Palazzina (1559), ein ehemals köstliches Gartenhaus, nur Erdgeschoss mit Fenstern, Portal und vier Pilastern, hinten mit (jetzt vermauerter) Loggia und einem links anstossenden, jetzt meist unzugänglichen „teatro“. Das Ganze im kläglichsten Verfall. a b Die Privatpaläste des Adels sind hier, wie in den Städten kleiner Fürsten überhaupt, nie so wichtig als in den ehemaligen Haupt- städten der Republiken. Das argwöhnische Regiment, auch wohl der finanzielle Druck des Hauses Este im XV. und XVI. Jahrhundert liess keine grosse bauliche Machtäusserung aufkommen. Der einzige bedeutende Hof aus dem XV. Jahrhundert, der des Pal. Scrofa (Corso di Porta romana) ersetzt aber zehn Paläste, obwohl er nur zur Hälfte gebaut und in drohendem Verfall begriffen ist. Er zeigt den bolognesischen Hofbau vortrefflich in das Schlanke und Leichte übertragen, welches die Hallen Ferrara’s, deren Säulen durchgängig von Marmor sind, überhaupt kennzeichnet. — Die fehlende Fassade mag man sich ergänzen durch die äusserst zierliche des Pal. Ro- verella (der dafür nur einen unbedeutenden Hof hat). Über dem heitern Eindruck dieses Gebäudes übersieht man es gerne, dass z. B. die Arabesken des obern und des untern Frieses derber und massiger gebildet sind als die der Pilaster, und dass die Fenster sich auf die damit eingefassten Flächen nicht gut vertheilen. Die Pforte marmorn; drüber ein grosser Erker, woran diess bei der Post gelegene Gebäude leicht kenntlich ist. — Pal. de’ Leoni, beim Pal. de’ Diamanti, hat an seinen Eckpilastern die schönsten Arabesken Ferrara’s, ausserdem ein stattliches Portal mit einem von Putten umgebenen Balcon; sonst sind Fassade und Hofhalle ganz einfach. — Pal. Bevilacqua und Pal. Zatti c d e f

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/234>, abgerufen am 05.12.2024.