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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Frührenaissance. Lugano. Como.
aber gehören die vier grossen untern Fenster zu den grössten Trium-
phen aller Decoration; ihre Innenstützen sind reiche Candelaber, ihre
Akroterien mit betenden Engeln geschmückt.

Das Langhaus ist gothisch (S. 152.) Über Querbau und Chor
kann ich aus schon ziemlich alter Erinnerung nicht urtheilen; jeder
der drei Arme schliesst mit drei Nischen nach drei Richtungen; wenn
diese Anordnung erst der Renaissance angehört, so wäre sie für viele
der unten genannten oberitalischen Kirchen ein nahes und bedeuten-
des Vorbild gewesen. Die in vier Galerien abgestufte Kuppel ist
entschieden erst aus dieser Zeit, ihr Abschluss noch neuer.

a

An der Cathedrale von Lugano ist die marmorne Fassade ein
graziöses kleines Excerpt aus derjenigen der Certosa; quadratisch,
mit einem höhern Erdgeschoss und einem niedrigern Obergeschoss, in
dessen Mitte ein Rundfenster; Friese, Pilaster und theilweise auch
die Wandflächen mit Sculpturen geschmückt.

b

Es folgt der im Jahr 1513 von Tommaso Rodari begonnene
Ausbau des Domes von Como (vergl. S. 152): Chor, Querbau und
Aussenseiten des Langhauses, vielleicht das schönste Specimen hö-
herer Renaissancebaukunst in diesen Gegenden. Die drei Abschlüsse
im halben Zehneck; das Äussere einfach edel gegliedert; im Haupt-
fries an den Strebepfeilern Urnenträger für den Wasserablauf. (Die
achteckige Kuppel in ihrer jetzigen Gestalt von Juvara 1).) Innen ist
Chor und Querbau umzogen von einer Doppelordnung korinthischer
und Composita-Säulen, welche ein herrliches Doppelsystem von Fen-
stern einfassen; die übrig bleibenden Flächen zwar nüchtern decorirt,
aber trefflich eingetheilt; unter den untern Fenstern Nischen mit (oder
doch für) Statuen. Die Wölbungen mit prachtvollen roth-weiss-goldenen
Cassetten. Bei der durchgängigen Einfachheit, welche auf reine Total-

1) Die Decoration der vordern Theile des Langhauses, möglicher Weise eben-
falls von Rodari aus früherer Zeit, gehört mehr der buntern und befange-
nern Frührenaissance an. So die Nordthür, die Ausseneinfassungen der Fen-
ster und die geistreichen Renaissance-Spitzthürmchen, welche über den Strebe-
pfeilern des Querbaues und Chores, also an dem Bau der mehr classischen
Zeit nicht mehr vorkommen. Hienach möge man verbessern, was S. 152 in
zu allgemeinen Ausdrücken vom ganzen Bau gesagt ist. Die Inschrift über
den Beginn des Hinterbaues steht an der Rückseite des Chores.

Frührenaissance. Lugano. Como.
aber gehören die vier grossen untern Fenster zu den grössten Trium-
phen aller Decoration; ihre Innenstützen sind reiche Candelaber, ihre
Akroterien mit betenden Engeln geschmückt.

Das Langhaus ist gothisch (S. 152.) Über Querbau und Chor
kann ich aus schon ziemlich alter Erinnerung nicht urtheilen; jeder
der drei Arme schliesst mit drei Nischen nach drei Richtungen; wenn
diese Anordnung erst der Renaissance angehört, so wäre sie für viele
der unten genannten oberitalischen Kirchen ein nahes und bedeuten-
des Vorbild gewesen. Die in vier Galerien abgestufte Kuppel ist
entschieden erst aus dieser Zeit, ihr Abschluss noch neuer.

a

An der Cathedrale von Lugano ist die marmorne Fassade ein
graziöses kleines Excerpt aus derjenigen der Certosa; quadratisch,
mit einem höhern Erdgeschoss und einem niedrigern Obergeschoss, in
dessen Mitte ein Rundfenster; Friese, Pilaster und theilweise auch
die Wandflächen mit Sculpturen geschmückt.

b

Es folgt der im Jahr 1513 von Tommaso Rodari begonnene
Ausbau des Domes von Como (vergl. S. 152): Chor, Querbau und
Aussenseiten des Langhauses, vielleicht das schönste Specimen hö-
herer Renaissancebaukunst in diesen Gegenden. Die drei Abschlüsse
im halben Zehneck; das Äussere einfach edel gegliedert; im Haupt-
fries an den Strebepfeilern Urnenträger für den Wasserablauf. (Die
achteckige Kuppel in ihrer jetzigen Gestalt von Juvara 1).) Innen ist
Chor und Querbau umzogen von einer Doppelordnung korinthischer
und Composita-Säulen, welche ein herrliches Doppelsystem von Fen-
stern einfassen; die übrig bleibenden Flächen zwar nüchtern decorirt,
aber trefflich eingetheilt; unter den untern Fenstern Nischen mit (oder
doch für) Statuen. Die Wölbungen mit prachtvollen roth-weiss-goldenen
Cassetten. Bei der durchgängigen Einfachheit, welche auf reine Total-

1) Die Decoration der vordern Theile des Langhauses, möglicher Weise eben-
falls von Rodari aus früherer Zeit, gehört mehr der buntern und befange-
nern Frührenaissance an. So die Nordthür, die Ausseneinfassungen der Fen-
ster und die geistreichen Renaissance-Spitzthürmchen, welche über den Strebe-
pfeilern des Querbaues und Chores, also an dem Bau der mehr classischen
Zeit nicht mehr vorkommen. Hienach möge man verbessern, was S. 152 in
zu allgemeinen Ausdrücken vom ganzen Bau gesagt ist. Die Inschrift über
den Beginn des Hinterbaues steht an der Rückseite des Chores.
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[202/0224] Frührenaissance. Lugano. Como. aber gehören die vier grossen untern Fenster zu den grössten Trium- phen aller Decoration; ihre Innenstützen sind reiche Candelaber, ihre Akroterien mit betenden Engeln geschmückt. Das Langhaus ist gothisch (S. 152.) Über Querbau und Chor kann ich aus schon ziemlich alter Erinnerung nicht urtheilen; jeder der drei Arme schliesst mit drei Nischen nach drei Richtungen; wenn diese Anordnung erst der Renaissance angehört, so wäre sie für viele der unten genannten oberitalischen Kirchen ein nahes und bedeuten- des Vorbild gewesen. Die in vier Galerien abgestufte Kuppel ist entschieden erst aus dieser Zeit, ihr Abschluss noch neuer. An der Cathedrale von Lugano ist die marmorne Fassade ein graziöses kleines Excerpt aus derjenigen der Certosa; quadratisch, mit einem höhern Erdgeschoss und einem niedrigern Obergeschoss, in dessen Mitte ein Rundfenster; Friese, Pilaster und theilweise auch die Wandflächen mit Sculpturen geschmückt. Es folgt der im Jahr 1513 von Tommaso Rodari begonnene Ausbau des Domes von Como (vergl. S. 152): Chor, Querbau und Aussenseiten des Langhauses, vielleicht das schönste Specimen hö- herer Renaissancebaukunst in diesen Gegenden. Die drei Abschlüsse im halben Zehneck; das Äussere einfach edel gegliedert; im Haupt- fries an den Strebepfeilern Urnenträger für den Wasserablauf. (Die achteckige Kuppel in ihrer jetzigen Gestalt von Juvara 1).) Innen ist Chor und Querbau umzogen von einer Doppelordnung korinthischer und Composita-Säulen, welche ein herrliches Doppelsystem von Fen- stern einfassen; die übrig bleibenden Flächen zwar nüchtern decorirt, aber trefflich eingetheilt; unter den untern Fenstern Nischen mit (oder doch für) Statuen. Die Wölbungen mit prachtvollen roth-weiss-goldenen Cassetten. Bei der durchgängigen Einfachheit, welche auf reine Total- 1) Die Decoration der vordern Theile des Langhauses, möglicher Weise eben- falls von Rodari aus früherer Zeit, gehört mehr der buntern und befange- nern Frührenaissance an. So die Nordthür, die Ausseneinfassungen der Fen- ster und die geistreichen Renaissance-Spitzthürmchen, welche über den Strebe- pfeilern des Querbaues und Chores, also an dem Bau der mehr classischen Zeit nicht mehr vorkommen. Hienach möge man verbessern, was S. 152 in zu allgemeinen Ausdrücken vom ganzen Bau gesagt ist. Die Inschrift über den Beginn des Hinterbaues steht an der Rückseite des Chores.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/224>, abgerufen am 05.12.2024.