In Lucca ist der Palazzo pretorio ein schönes derbes Ge-a bäude -- unten mit einer Säulenhalle, welche sich an den geschlos- senen Theilen als Pilasterreihe mit Bogen fortsetzt. Wenn die obern Fenster nicht unzweckmässig verzierte Einfassungen hätten, so wäre man versucht, den Palast dem Cecco di Giorgio zuzuschreiben.
Noch eine kleine Nachlese auf den Strassen über Perugia und über Siena nach Rom.
An das gothische Carmeliterkirchlein S. Maria bei Arezzo (vorb Porta Romana eine Viertelstunde links) ist eine grosse Vorhalle im florentinischen Styl angebaut, welche zum ganz Malerischen in dieser Art gehört; sieben Bogen vorn, zwei auf jeder Seite und zwei rechts und links an die Fassade anschliessend; das Kranzgesimse allerdings etwas willkürlich gebildet mit einem vorspringenden steinernen Dach- rand von lauter Rosetten; die Bogenfüllungen mit gemalten Verzie- rungen ausgefüllt. (Laut Vasari von Benedetto da Majano.)
In Cortona einige sehr mässige Fassaden. Wichtiger scheint das nahe Montepulciano durch die genannten Bauten. In Monte Fiascone und in dem zierlichen Viterbo, sowie auch in Orvieto habe ich bei flüchtigem Besuche keine bedeutendern Renaissancebauten be- merkt1). Das oben genannte Pienza muss den Beschreibungen nach all die eben genannten Städte in dieser Beziehung übertreffen.
In Perugia ist die Fassade der Confraternita von S. Bernar-c dino (bei S. Francesco) als vorherrschend figurirtes Werk hier nur vorläufig zu nennen. Von sehr schöner Frührenaissance (angeblich von Agostino della Robbia und Polidoro di Stefano): Die stattliched Porta S. Pietro. (Das Hauptgesimse fehlt.)
Am Dom von Narni, jener wunderlichen Basilica mit Flach-e bögen, ist ein artiger Porticus vom Jahr 1497 angebracht. Viel präch- tiger ist die Vorhalle am Dom von Spoleto: fünf Bogen auf Pfeilern,f die mit schlanken Säulen bekleidet sind, an beiden Enden noch be- sondere Kanzeln zum Vorzeigen von Reliquien und zur Predigt; Ge-
1) Die Kirche della Quercia in Viterbo soll nach der Zeichnung Bramante's er-* baut sein.
Lucca. Arezzo. Perugia. Narni.
In Lucca ist der Palazzo pretorio ein schönes derbes Ge-a bäude — unten mit einer Säulenhalle, welche sich an den geschlos- senen Theilen als Pilasterreihe mit Bogen fortsetzt. Wenn die obern Fenster nicht unzweckmässig verzierte Einfassungen hätten, so wäre man versucht, den Palast dem Cecco di Giorgio zuzuschreiben.
Noch eine kleine Nachlese auf den Strassen über Perugia und über Siena nach Rom.
An das gothische Carmeliterkirchlein S. Maria bei Arezzo (vorb Porta Romana eine Viertelstunde links) ist eine grosse Vorhalle im florentinischen Styl angebaut, welche zum ganz Malerischen in dieser Art gehört; sieben Bogen vorn, zwei auf jeder Seite und zwei rechts und links an die Fassade anschliessend; das Kranzgesimse allerdings etwas willkürlich gebildet mit einem vorspringenden steinernen Dach- rand von lauter Rosetten; die Bogenfüllungen mit gemalten Verzie- rungen ausgefüllt. (Laut Vasari von Benedetto da Majano.)
In Cortona einige sehr mässige Fassaden. Wichtiger scheint das nahe Montepulciano durch die genannten Bauten. In Monte Fiascone und in dem zierlichen Viterbo, sowie auch in Orvieto habe ich bei flüchtigem Besuche keine bedeutendern Renaissancebauten be- merkt1). Das oben genannte Pienza muss den Beschreibungen nach all die eben genannten Städte in dieser Beziehung übertreffen.
In Perugia ist die Fassade der Confraternita von S. Bernar-c dino (bei S. Francesco) als vorherrschend figurirtes Werk hier nur vorläufig zu nennen. Von sehr schöner Frührenaissance (angeblich von Agostino della Robbia und Polidoro di Stefano): Die stattliched Porta S. Pietro. (Das Hauptgesimse fehlt.)
Am Dom von Narni, jener wunderlichen Basilica mit Flach-e bögen, ist ein artiger Porticus vom Jahr 1497 angebracht. Viel präch- tiger ist die Vorhalle am Dom von Spoleto: fünf Bogen auf Pfeilern,f die mit schlanken Säulen bekleidet sind, an beiden Enden noch be- sondere Kanzeln zum Vorzeigen von Reliquien und zur Predigt; Ge-
1) Die Kirche della Quercia in Viterbo soll nach der Zeichnung Bramante’s er-* baut sein.
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Lucca. Arezzo. Perugia. Narni.
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senen Theilen als Pilasterreihe mit Bogen fortsetzt. Wenn die obern
Fenster nicht unzweckmässig verzierte Einfassungen hätten, so wäre
man versucht, den Palast dem Cecco di Giorgio zuzuschreiben.
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Noch eine kleine Nachlese auf den Strassen über Perugia und
über Siena nach Rom.
An das gothische Carmeliterkirchlein S. Maria bei Arezzo (vor
Porta Romana eine Viertelstunde links) ist eine grosse Vorhalle im
florentinischen Styl angebaut, welche zum ganz Malerischen in dieser
Art gehört; sieben Bogen vorn, zwei auf jeder Seite und zwei rechts
und links an die Fassade anschliessend; das Kranzgesimse allerdings
etwas willkürlich gebildet mit einem vorspringenden steinernen Dach-
rand von lauter Rosetten; die Bogenfüllungen mit gemalten Verzie-
rungen ausgefüllt. (Laut Vasari von Benedetto da Majano.)
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In Cortona einige sehr mässige Fassaden. Wichtiger scheint
das nahe Montepulciano durch die genannten Bauten. In Monte
Fiascone und in dem zierlichen Viterbo, sowie auch in Orvieto habe
ich bei flüchtigem Besuche keine bedeutendern Renaissancebauten be-
merkt 1). Das oben genannte Pienza muss den Beschreibungen nach
all die eben genannten Städte in dieser Beziehung übertreffen.
In Perugia ist die Fassade der Confraternita von S. Bernar-
dino (bei S. Francesco) als vorherrschend figurirtes Werk hier nur
vorläufig zu nennen. Von sehr schöner Frührenaissance (angeblich
von Agostino della Robbia und Polidoro di Stefano): Die stattliche
Porta S. Pietro. (Das Hauptgesimse fehlt.)
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Am Dom von Narni, jener wunderlichen Basilica mit Flach-
bögen, ist ein artiger Porticus vom Jahr 1497 angebracht. Viel präch-
tiger ist die Vorhalle am Dom von Spoleto: fünf Bogen auf Pfeilern,
die mit schlanken Säulen bekleidet sind, an beiden Enden noch be-
sondere Kanzeln zum Vorzeigen von Reliquien und zur Predigt; Ge-
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1) Die Kirche della Quercia in Viterbo soll nach der Zeichnung Bramante’s er-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/213>, abgerufen am 05.12.2024.
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