aus scharf vortretenden Pilastern an den Ecken und Säulenstellungen an den Wänden; das Äussere der Kirche selbst hat bloss Eckpilaster. Innen: Tonnengewölbe mit Rosettenbändern, die Kuppel durch eine sehr schlanke und enge Stellung korinthischer Säulen im Cylinder vorbereitet. Ein halbrunder Ausbau am hintern Kreuzarm enthält die (ovale) Sacristei. -- In derselben Stadt soll auch der Palast des Car-a dinals del Monte, in San Sovino (wo Antonio später lebte) der Palast des Cardinals von Santa Prassede und mehr als eine Kirche von Antonio's Erfindung sein. In Cortona wird ihm, wenn ich nicht irre, der Dom 1)b zugeschrieben, eine einfach edle Basilica, welche ihr Tonnengewölbe über dem Mittelschiff wohl erst in späterer Zeit erhalten hat. -- Wenn in Arezzo die Kirche dell' Annunziata dieselbe ist, welche bei Kunst-c historikern Madonna delle lagrime heisst, so rührt auch diese herrliche Kirche grossentheils von Antonio her und zwar in diesem Fall aus seiner frühern Zeit. Das Äussere ist Rohbau geblieben; im Innern scheidet sich ein von Säulen getragener Vorraum höchst malerisch aus; dann folgt die dreischiffige Pfeilerkirche mit lauter Tonnen- und Kuppelgewölben; endlich über dem Kreuz die niedrige Kuppel. Die Capitäle an den Pfeilern sehr zierlich mit Delphinen und Masken; alles übrige Detail einfach.
Endlich giebt als sicherer Bau Antonio's die erhaben über demd Abgrund thronende Veste von Civita Castellana.
Hier muss eine ganz eigenthümliche Erscheinung eingeschaltet werden. Als sich die Renaissance von dem alten, rituellen Langbau nicht mehr gebunden hielt und sich ihrem freien Schönheitssinn über- liess, als man von dem Kirchenbaumeister vor Allem ein schönes und phantasievolles Gebäude verlangte, da schuf (um 1509) ein sonst wenig
1) Nach Andern wäre mit der "Madonnenkirche", die er für Cortona entworfen, nicht der Dom, sondern die kleine Madonna del Calcinajo gemeint, und auch* diese wäre nicht nach seinem Entwurf ausgeführt, sondern das jetzige Ge- bäude (am Fusspfad von Camugia nach Cortona hinauf) wäre noch das 1485 von Francesco di Giorgio begonnene. Es sieht indess mehr dem XVI. Jahr- hundert ähnlich.
Die Brüder San Gallo.
aus scharf vortretenden Pilastern an den Ecken und Säulenstellungen an den Wänden; das Äussere der Kirche selbst hat bloss Eckpilaster. Innen: Tonnengewölbe mit Rosettenbändern, die Kuppel durch eine sehr schlanke und enge Stellung korinthischer Säulen im Cylinder vorbereitet. Ein halbrunder Ausbau am hintern Kreuzarm enthält die (ovale) Sacristei. — In derselben Stadt soll auch der Palast des Car-a dinals del Monte, in San Sovino (wo Antonio später lebte) der Palast des Cardinals von Santa Prassede und mehr als eine Kirche von Antonio’s Erfindung sein. In Cortona wird ihm, wenn ich nicht irre, der Dom 1)b zugeschrieben, eine einfach edle Basilica, welche ihr Tonnengewölbe über dem Mittelschiff wohl erst in späterer Zeit erhalten hat. — Wenn in Arezzo die Kirche dell’ Annunziata dieselbe ist, welche bei Kunst-c historikern Madonna delle lagrime heisst, so rührt auch diese herrliche Kirche grossentheils von Antonio her und zwar in diesem Fall aus seiner frühern Zeit. Das Äussere ist Rohbau geblieben; im Innern scheidet sich ein von Säulen getragener Vorraum höchst malerisch aus; dann folgt die dreischiffige Pfeilerkirche mit lauter Tonnen- und Kuppelgewölben; endlich über dem Kreuz die niedrige Kuppel. Die Capitäle an den Pfeilern sehr zierlich mit Delphinen und Masken; alles übrige Detail einfach.
Endlich giebt als sicherer Bau Antonio’s die erhaben über demd Abgrund thronende Veste von Cività Castellana.
Hier muss eine ganz eigenthümliche Erscheinung eingeschaltet werden. Als sich die Renaissance von dem alten, rituellen Langbau nicht mehr gebunden hielt und sich ihrem freien Schönheitssinn über- liess, als man von dem Kirchenbaumeister vor Allem ein schönes und phantasievolles Gebäude verlangte, da schuf (um 1509) ein sonst wenig
1) Nach Andern wäre mit der „Madonnenkirche“, die er für Cortona entworfen, nicht der Dom, sondern die kleine Madonna del Calcinajo gemeint, und auch* diese wäre nicht nach seinem Entwurf ausgeführt, sondern das jetzige Ge- bäude (am Fusspfad von Camugia nach Cortona hinauf) wäre noch das 1485 von Francesco di Giorgio begonnene. Es sieht indess mehr dem XVI. Jahr- hundert ähnlich.
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[187/0209]
Die Brüder San Gallo.
aus scharf vortretenden Pilastern an den Ecken und Säulenstellungen
an den Wänden; das Äussere der Kirche selbst hat bloss Eckpilaster.
Innen: Tonnengewölbe mit Rosettenbändern, die Kuppel durch eine
sehr schlanke und enge Stellung korinthischer Säulen im Cylinder
vorbereitet. Ein halbrunder Ausbau am hintern Kreuzarm enthält die
(ovale) Sacristei. — In derselben Stadt soll auch der Palast des Car-
dinals del Monte, in San Sovino (wo Antonio später lebte) der Palast des
Cardinals von Santa Prassede und mehr als eine Kirche von Antonio’s
Erfindung sein. In Cortona wird ihm, wenn ich nicht irre, der Dom 1)
zugeschrieben, eine einfach edle Basilica, welche ihr Tonnengewölbe
über dem Mittelschiff wohl erst in späterer Zeit erhalten hat. — Wenn
in Arezzo die Kirche dell’ Annunziata dieselbe ist, welche bei Kunst-
historikern Madonna delle lagrime heisst, so rührt auch diese herrliche
Kirche grossentheils von Antonio her und zwar in diesem Fall aus
seiner frühern Zeit. Das Äussere ist Rohbau geblieben; im Innern
scheidet sich ein von Säulen getragener Vorraum höchst malerisch
aus; dann folgt die dreischiffige Pfeilerkirche mit lauter Tonnen- und
Kuppelgewölben; endlich über dem Kreuz die niedrige Kuppel. Die
Capitäle an den Pfeilern sehr zierlich mit Delphinen und Masken;
alles übrige Detail einfach.
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Endlich giebt als sicherer Bau Antonio’s die erhaben über dem
Abgrund thronende Veste von Cività Castellana.
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Hier muss eine ganz eigenthümliche Erscheinung eingeschaltet
werden. Als sich die Renaissance von dem alten, rituellen Langbau
nicht mehr gebunden hielt und sich ihrem freien Schönheitssinn über-
liess, als man von dem Kirchenbaumeister vor Allem ein schönes und
phantasievolles Gebäude verlangte, da schuf (um 1509) ein sonst wenig
1) Nach Andern wäre mit der „Madonnenkirche“, die er für Cortona entworfen,
nicht der Dom, sondern die kleine Madonna del Calcinajo gemeint, und auch
diese wäre nicht nach seinem Entwurf ausgeführt, sondern das jetzige Ge-
bäude (am Fusspfad von Camugia nach Cortona hinauf) wäre noch das 1485
von Francesco di Giorgio begonnene. Es sieht indess mehr dem XVI. Jahr-
hundert ähnlich.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/209>, abgerufen am 05.12.2024.
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