Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite
Florentin. Bauten des XV. Jahrhunderts.

Michelozzo selbst bildete den vordern Hof des Palazzo vec-a
chio ähnlich, nur mit Ausnahme der stärkern untern Stützen (deren
Stuccoverzierung übrigens sammt dem ganzen Arabeskenwerk der Ge-
wölbe erst vom Jahr 1565 ist). Der Hof des Pal. Corsi (ehemalsb
Tornabuoni, unweit Pal. Strozzi) hat unten eine sehr geräumige Säu-
lenhalle (Composita) mit stark überhöhten Bogen, dann ein Gesimse
mit Medaillons und Fenster, endlich oben eine offene Halle (korin-
thisch). Die Villa Ricasoli bei Fiesole zeigt nur noch in ihrer S. Mi-c
chaelscapelle, die nahe Villa Mozzi nur noch in ihrer allgemeinen An-d
lage die Erfindung Michelozzo's; in der letztern hat die hübsche untere
Halle eine viel spätere Bekleidung.

Die Klosterbauten Michelozzo's sind einfach und zeichnen sich
neben denjenigen Brunellesco's auf keine Weise aus. In S. Crocee
gehört ihm das (völlig schlichte) Noviziat, der Gang bei der Sacristei
(mit stattlichen halbgothischen Fenstern) und die an dessen Ende ge-
legene Capelle Medici. Im Dominicanerkloster S. Marco sind vonf
ihm beide Kreuzgänge und mehrere Treppen nebst der Sacristei, bei
deren Bau er sich gewiss mit sehr Wenigem behelfen musste.


Da im Ganzen die von Michelozzo ausgebildete Bauweise ihre
Herrschaft in Florenz sehr lange behauptete, so wollen wir eine An-
zahl Bauten, deren Urheber nicht genannt werden, gleich bei diesem
Anlass aufzählen. -- Von Klöstern erinnert das sehr einfache Monteg
Oliveto (vom Jahr 1472, vor Porta S. Frediano) am unmittelbarsten
an des Meisters Styl; die Kirche wiederholt das Motiv seiner Sacri-
steien und Capellen in grösserm Massstabe: Kreuzgewölbe auf Wand-
consolen und ein Chorraum mit niedriger Kuppel; der ionische Kloster-
hof ist wohl etwas neuer. -- Die Klosterbauten der Badia, besonders derh
vordere vermauerte Säulengang mit zwei trefflichen Capellen und ein
hinter der Sacristei gelegener reizender kleiner Hof mit gewölbter ioni-
scher Doppelhalle scheinen von zwei verschiedenen Architekten her-
zurühren. -- Von mehrern Meistern, deren aber keiner genannt wird,
sind die vier Höfe der sehr sehenswerthen Certosa, eine starke halbei
Stunde vor Porta Romana; der zweite ist eine der reizendsten kleinen
Doppelhallen; der vierte oder Gartenhof liefert den merkwürdigen

12*
Florentin. Bauten des XV. Jahrhunderts.

Michelozzo selbst bildete den vordern Hof des Palazzo vec-a
chio ähnlich, nur mit Ausnahme der stärkern untern Stützen (deren
Stuccoverzierung übrigens sammt dem ganzen Arabeskenwerk der Ge-
wölbe erst vom Jahr 1565 ist). Der Hof des Pal. Corsi (ehemalsb
Tornabuoni, unweit Pal. Strozzi) hat unten eine sehr geräumige Säu-
lenhalle (Composita) mit stark überhöhten Bogen, dann ein Gesimse
mit Medaillons und Fenster, endlich oben eine offene Halle (korin-
thisch). Die Villa Ricasoli bei Fiesole zeigt nur noch in ihrer S. Mi-c
chaelscapelle, die nahe Villa Mozzi nur noch in ihrer allgemeinen An-d
lage die Erfindung Michelozzo’s; in der letztern hat die hübsche untere
Halle eine viel spätere Bekleidung.

Die Klosterbauten Michelozzo’s sind einfach und zeichnen sich
neben denjenigen Brunellesco’s auf keine Weise aus. In S. Crocee
gehört ihm das (völlig schlichte) Noviziat, der Gang bei der Sacristei
(mit stattlichen halbgothischen Fenstern) und die an dessen Ende ge-
legene Capelle Medici. Im Dominicanerkloster S. Marco sind vonf
ihm beide Kreuzgänge und mehrere Treppen nebst der Sacristei, bei
deren Bau er sich gewiss mit sehr Wenigem behelfen musste.


Da im Ganzen die von Michelozzo ausgebildete Bauweise ihre
Herrschaft in Florenz sehr lange behauptete, so wollen wir eine An-
zahl Bauten, deren Urheber nicht genannt werden, gleich bei diesem
Anlass aufzählen. — Von Klöstern erinnert das sehr einfache Monteg
Oliveto (vom Jahr 1472, vor Porta S. Frediano) am unmittelbarsten
an des Meisters Styl; die Kirche wiederholt das Motiv seiner Sacri-
steien und Capellen in grösserm Massstabe: Kreuzgewölbe auf Wand-
consolen und ein Chorraum mit niedriger Kuppel; der ionische Kloster-
hof ist wohl etwas neuer. — Die Klosterbauten der Badia, besonders derh
vordere vermauerte Säulengang mit zwei trefflichen Capellen und ein
hinter der Sacristei gelegener reizender kleiner Hof mit gewölbter ioni-
scher Doppelhalle scheinen von zwei verschiedenen Architekten her-
zurühren. — Von mehrern Meistern, deren aber keiner genannt wird,
sind die vier Höfe der sehr sehenswerthen Certosa, eine starke halbei
Stunde vor Porta Romana; der zweite ist eine der reizendsten kleinen
Doppelhallen; der vierte oder Gartenhof liefert den merkwürdigen

12*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0201" n="179"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Florentin. Bauten des XV. Jahrhunderts.</hi> </fw><lb/>
        <p>Michelozzo selbst bildete den vordern Hof des <hi rendition="#g">Palazzo vec-</hi><note place="right">a</note><lb/>
c<hi rendition="#g">hio</hi> ähnlich, nur mit Ausnahme der stärkern untern Stützen (deren<lb/>
Stuccoverzierung übrigens sammt dem ganzen Arabeskenwerk der Ge-<lb/>
wölbe erst vom Jahr 1565 ist). Der Hof des Pal. Corsi (ehemals<note place="right">b</note><lb/>
Tornabuoni, unweit Pal. Strozzi) hat unten eine sehr geräumige Säu-<lb/>
lenhalle (Composita) mit stark überhöhten Bogen, dann ein Gesimse<lb/>
mit Medaillons und Fenster, endlich oben eine offene Halle (korin-<lb/>
thisch). Die Villa Ricasoli bei Fiesole zeigt nur noch in ihrer S. Mi-<note place="right">c</note><lb/>
chaelscapelle, die nahe Villa Mozzi nur noch in ihrer allgemeinen An-<note place="right">d</note><lb/>
lage die Erfindung Michelozzo&#x2019;s; in der letztern hat die hübsche untere<lb/>
Halle eine viel spätere Bekleidung.</p><lb/>
        <p>Die <hi rendition="#g">Klosterbauten</hi> Michelozzo&#x2019;s sind einfach und zeichnen sich<lb/>
neben denjenigen Brunellesco&#x2019;s auf keine Weise aus. In S. Croce<note place="right">e</note><lb/>
gehört ihm das (völlig schlichte) Noviziat, der Gang bei der Sacristei<lb/>
(mit stattlichen halbgothischen Fenstern) und die an dessen Ende ge-<lb/>
legene Capelle Medici. Im Dominicanerkloster S. Marco sind von<note place="right">f</note><lb/>
ihm beide Kreuzgänge und mehrere Treppen nebst der Sacristei, bei<lb/>
deren Bau er sich gewiss mit sehr Wenigem behelfen musste.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Da im Ganzen die von Michelozzo ausgebildete Bauweise ihre<lb/>
Herrschaft in Florenz sehr lange behauptete, so wollen wir eine An-<lb/>
zahl Bauten, deren Urheber nicht genannt werden, gleich bei diesem<lb/>
Anlass aufzählen. &#x2014; Von <hi rendition="#g">Klöstern</hi> erinnert das sehr einfache Monte<note place="right">g</note><lb/>
Oliveto (vom Jahr 1472, vor Porta S. Frediano) am unmittelbarsten<lb/>
an des Meisters Styl; die Kirche wiederholt das Motiv seiner Sacri-<lb/>
steien und Capellen in grösserm Massstabe: Kreuzgewölbe auf Wand-<lb/>
consolen und ein Chorraum mit niedriger Kuppel; der ionische Kloster-<lb/>
hof ist wohl etwas neuer. &#x2014; Die Klosterbauten der Badia, besonders der<note place="right">h</note><lb/>
vordere vermauerte Säulengang mit zwei trefflichen Capellen und ein<lb/>
hinter der Sacristei gelegener reizender kleiner Hof mit gewölbter ioni-<lb/>
scher Doppelhalle scheinen von zwei verschiedenen Architekten her-<lb/>
zurühren. &#x2014; Von mehrern Meistern, deren aber keiner genannt wird,<lb/>
sind die vier Höfe der sehr sehenswerthen Certosa, eine starke halbe<note place="right">i</note><lb/>
Stunde vor Porta Romana; der zweite ist eine der reizendsten kleinen<lb/>
Doppelhallen; der vierte oder Gartenhof liefert den merkwürdigen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">12*</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0201] Florentin. Bauten des XV. Jahrhunderts. Michelozzo selbst bildete den vordern Hof des Palazzo vec- chio ähnlich, nur mit Ausnahme der stärkern untern Stützen (deren Stuccoverzierung übrigens sammt dem ganzen Arabeskenwerk der Ge- wölbe erst vom Jahr 1565 ist). Der Hof des Pal. Corsi (ehemals Tornabuoni, unweit Pal. Strozzi) hat unten eine sehr geräumige Säu- lenhalle (Composita) mit stark überhöhten Bogen, dann ein Gesimse mit Medaillons und Fenster, endlich oben eine offene Halle (korin- thisch). Die Villa Ricasoli bei Fiesole zeigt nur noch in ihrer S. Mi- chaelscapelle, die nahe Villa Mozzi nur noch in ihrer allgemeinen An- lage die Erfindung Michelozzo’s; in der letztern hat die hübsche untere Halle eine viel spätere Bekleidung. a b c d Die Klosterbauten Michelozzo’s sind einfach und zeichnen sich neben denjenigen Brunellesco’s auf keine Weise aus. In S. Croce gehört ihm das (völlig schlichte) Noviziat, der Gang bei der Sacristei (mit stattlichen halbgothischen Fenstern) und die an dessen Ende ge- legene Capelle Medici. Im Dominicanerkloster S. Marco sind von ihm beide Kreuzgänge und mehrere Treppen nebst der Sacristei, bei deren Bau er sich gewiss mit sehr Wenigem behelfen musste. e f Da im Ganzen die von Michelozzo ausgebildete Bauweise ihre Herrschaft in Florenz sehr lange behauptete, so wollen wir eine An- zahl Bauten, deren Urheber nicht genannt werden, gleich bei diesem Anlass aufzählen. — Von Klöstern erinnert das sehr einfache Monte Oliveto (vom Jahr 1472, vor Porta S. Frediano) am unmittelbarsten an des Meisters Styl; die Kirche wiederholt das Motiv seiner Sacri- steien und Capellen in grösserm Massstabe: Kreuzgewölbe auf Wand- consolen und ein Chorraum mit niedriger Kuppel; der ionische Kloster- hof ist wohl etwas neuer. — Die Klosterbauten der Badia, besonders der vordere vermauerte Säulengang mit zwei trefflichen Capellen und ein hinter der Sacristei gelegener reizender kleiner Hof mit gewölbter ioni- scher Doppelhalle scheinen von zwei verschiedenen Architekten her- zurühren. — Von mehrern Meistern, deren aber keiner genannt wird, sind die vier Höfe der sehr sehenswerthen Certosa, eine starke halbe Stunde vor Porta Romana; der zweite ist eine der reizendsten kleinen Doppelhallen; der vierte oder Gartenhof liefert den merkwürdigen g h i 12*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/201
Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/201>, abgerufen am 05.12.2024.