des Renaissancestyls ist, wovon unten; aus dieser Zeit auch Quer- bau und Chor.
In Betreff des gothischen Profanbaues hat wohl Oberitalien im Ganzen das Übergewicht durch die grosse Anzahl von damals mäch- tigen und unabhängigen Städten, welche in der Schönheit ihrer Stadt- häuser und Privatpaläste mit einander wetteiferten. Dem Style nach sind es sehr verschiedenartige Versuche, etwas Bedeutendes und Gross- artiges zu schaffen; eine unbedingte Bewunderung wird man vielleicht keinem dieser Gebäude zollen, da das gothische Detail nirgends in reinem Verhältniss zu dem Ganzen steht. Allein als geschichtliche Denkmale, als Maassstab dessen, was jede Stadt an Repräsentation für sich verlangte und ihrer Würde für angemessen hielt, machen be- sonders die öffentlichen Paläste einen oft sehr grossen Eindruck.
An den Anfang dieser Reihe gehört schon zeitlich als ganz früh gothisches Gebäude und vielleicht auch dem Werthe und dem Ein- druck nach der Pal. Communale zu Piacenza; unten eine offenea Halle von Marmorpfeilern mit primitiven, aus reinen Kreissegmenten bestehenden Spitzbogen, oben ein Backsteinbau mit gewaltigen Rund- bogen als Einfassung der durch Säulchen gestützten Fenster; die Fül- lung mit einem auf die einfachste Weise hervorgebrachten Teppich- muster. (Der grosse Saal im Innern völlig entstellt.) Eines der früh- sten Gebäude, in welchen das freistädtische Selbstgefühl sich auf ganz grossartige monumentale Weise ausspricht.
Von den berühmten Bauten Cremona's kann der Verfasser nichtb aus eigener Anschauung berichten.
Mailand besitzt ein Backsteingebäude einziger Art, aus der letz- ten gothischen Zeit, schon mit Renaissance gemischt: die alten Theile der Fassade des grossen Hospitals, angeblich von Antonio Fila-c rete, einem Florentiner; es sind die reichsten und elegantesten gothi- schen Fenster, die sich in diesem Stoff bilden liessen.
Der stattliche Palazzo pubblico in Como, mit Steinschichten ver-d schiedener Farben (beim Dom) folgt in der Anlage dem Palast von Piacenza, nur in viel kleinerm Maassstab.
Profanbau. Oberitalien.
des Renaissancestyls ist, wovon unten; aus dieser Zeit auch Quer- bau und Chor.
In Betreff des gothischen Profanbaues hat wohl Oberitalien im Ganzen das Übergewicht durch die grosse Anzahl von damals mäch- tigen und unabhängigen Städten, welche in der Schönheit ihrer Stadt- häuser und Privatpaläste mit einander wetteiferten. Dem Style nach sind es sehr verschiedenartige Versuche, etwas Bedeutendes und Gross- artiges zu schaffen; eine unbedingte Bewunderung wird man vielleicht keinem dieser Gebäude zollen, da das gothische Detail nirgends in reinem Verhältniss zu dem Ganzen steht. Allein als geschichtliche Denkmale, als Maassstab dessen, was jede Stadt an Repräsentation für sich verlangte und ihrer Würde für angemessen hielt, machen be- sonders die öffentlichen Paläste einen oft sehr grossen Eindruck.
An den Anfang dieser Reihe gehört schon zeitlich als ganz früh gothisches Gebäude und vielleicht auch dem Werthe und dem Ein- druck nach der Pal. Communale zu Piacenza; unten eine offenea Halle von Marmorpfeilern mit primitiven, aus reinen Kreissegmenten bestehenden Spitzbogen, oben ein Backsteinbau mit gewaltigen Rund- bogen als Einfassung der durch Säulchen gestützten Fenster; die Fül- lung mit einem auf die einfachste Weise hervorgebrachten Teppich- muster. (Der grosse Saal im Innern völlig entstellt.) Eines der früh- sten Gebäude, in welchen das freistädtische Selbstgefühl sich auf ganz grossartige monumentale Weise ausspricht.
Von den berühmten Bauten Cremona’s kann der Verfasser nichtb aus eigener Anschauung berichten.
Mailand besitzt ein Backsteingebäude einziger Art, aus der letz- ten gothischen Zeit, schon mit Renaissance gemischt: die alten Theile der Fassade des grossen Hospitals, angeblich von Antonio Fila-c rete, einem Florentiner; es sind die reichsten und elegantesten gothi- schen Fenster, die sich in diesem Stoff bilden liessen.
Der stattliche Palazzo pubblico in Como, mit Steinschichten ver-d schiedener Farben (beim Dom) folgt in der Anlage dem Palast von Piacenza, nur in viel kleinerm Maassstab.
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Profanbau. Oberitalien.
des Renaissancestyls ist, wovon unten; aus dieser Zeit auch Quer-
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In Betreff des gothischen Profanbaues hat wohl Oberitalien
im Ganzen das Übergewicht durch die grosse Anzahl von damals mäch-
tigen und unabhängigen Städten, welche in der Schönheit ihrer Stadt-
häuser und Privatpaläste mit einander wetteiferten. Dem Style nach
sind es sehr verschiedenartige Versuche, etwas Bedeutendes und Gross-
artiges zu schaffen; eine unbedingte Bewunderung wird man vielleicht
keinem dieser Gebäude zollen, da das gothische Detail nirgends in
reinem Verhältniss zu dem Ganzen steht. Allein als geschichtliche
Denkmale, als Maassstab dessen, was jede Stadt an Repräsentation
für sich verlangte und ihrer Würde für angemessen hielt, machen be-
sonders die öffentlichen Paläste einen oft sehr grossen Eindruck.
An den Anfang dieser Reihe gehört schon zeitlich als ganz früh
gothisches Gebäude und vielleicht auch dem Werthe und dem Ein-
druck nach der Pal. Communale zu Piacenza; unten eine offene
Halle von Marmorpfeilern mit primitiven, aus reinen Kreissegmenten
bestehenden Spitzbogen, oben ein Backsteinbau mit gewaltigen Rund-
bogen als Einfassung der durch Säulchen gestützten Fenster; die Fül-
lung mit einem auf die einfachste Weise hervorgebrachten Teppich-
muster. (Der grosse Saal im Innern völlig entstellt.) Eines der früh-
sten Gebäude, in welchen das freistädtische Selbstgefühl sich auf ganz
grossartige monumentale Weise ausspricht.
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Von den berühmten Bauten Cremona’s kann der Verfasser nicht
aus eigener Anschauung berichten.
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Mailand besitzt ein Backsteingebäude einziger Art, aus der letz-
ten gothischen Zeit, schon mit Renaissance gemischt: die alten Theile
der Fassade des grossen Hospitals, angeblich von Antonio Fila-
rete, einem Florentiner; es sind die reichsten und elegantesten gothi-
schen Fenster, die sich in diesem Stoff bilden liessen.
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Der stattliche Palazzo pubblico in Como, mit Steinschichten ver-
schiedener Farben (beim Dom) folgt in der Anlage dem Palast von
Piacenza, nur in viel kleinerm Maassstab.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/175>, abgerufen am 26.11.2024.
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