angehören. Dieselbe ist das nächste Vorbild, zugleich das Geripp der Mailänder Fassade. Das Innere hat dicke Rundsäulen mit weitge- aspannten Bogen, ist übrigens total verkleistert. -- An S. Maria in Strata zu Monza ist die einzig erhaltene obere Hälfte der Fassade ein wirklicher und höchst eleganter Backsteinbau.
b
In Mailand geben die gothischen Theile von S. Maria delle Grazie -- Fassade und Schiff -- den mittlern Durchschnitt lombar- discher Kirchen dieses Styles. (Sonstige gothische Kirchen in Menge, ceine der grössten S. Eustorgio, eine der edelsten S. Simpliciano.) d-- Der sehr elegante Thurm von S. Gottardo (am kaiserlichen Pa- last), aus Stein und Backstein gemischt, giebt mit Ausnahme der Spitz- bogenfriese kein einziges Motiv, welches nicht schon im romanischen Styl vorkäme. Achteckig; die Ecken so leicht als das Übrige.
e
S. Francesco zu Pavia zeigt bei einer tollen, schachbrettarti- gen Verzierung der Fassade doch ein gewisses Gefühl für bedeutende Wirkung.
f
Der Dom von Como; die ältern Theile, von einem im Jahr 1396 begonnenen Bau, gehören zur besten lombardischen Gothik; die Pfei- ler ungleich besser gebildet, ihre weite Stellung 1) italienischer als im Dom zu Mailand. Die Fassade, eine der wenigen in der Mitte be- deutend erhöhten, hat auch sonst wohlthuende Verhältnisse, aber eine spielende Decoration. (Auflösung der Wandpfeiler in Kästchen mit Sculpturen etc.) Querschiff und Chor 1513 von Tommaso Rodari bei- gefügt, sind von trefflichster Renaissance. S. unten. In dieser Zeit wurden auch die Aussenseiten und Strebepfeiler des Langhauses in- crustirt; die Spitzthürmchen der letztern eine höchst zierliche Über- setzung aus dem Gothischen in die Renaissance. (Ähnliches beson- ders an französischen Kirchen dieser Zeit, S. Eustache in Paris etc.)
g
Die berühmte Certosa von Pavia, in demselben Jahr 1396 von Marco di Campione begonnen, hat dieselben Vorzüge vor dem Dom von Mailand; schlanke, edelgebildete Pfeiler von weiter Stellung. Der Hauptnachdruck liegt indess auf der Fassade, welche die prächtigste
1)Die beiden ersten Intervalle sind noch eng, so dass die Nebenschiffe hier in regelmässige Quadrate zerfallen wie im Dom von Mailand. Erst vom dritten Intervall an beginnt die Schönräumigkeit im Sinne des Italienisch-Gothischen.
Gothische Architektur. Herzogthum Mailand.
angehören. Dieselbe ist das nächste Vorbild, zugleich das Geripp der Mailänder Fassade. Das Innere hat dicke Rundsäulen mit weitge- aspannten Bogen, ist übrigens total verkleistert. — An S. Maria in Strata zu Monza ist die einzig erhaltene obere Hälfte der Fassade ein wirklicher und höchst eleganter Backsteinbau.
b
In Mailand geben die gothischen Theile von S. Maria delle Grazie — Fassade und Schiff — den mittlern Durchschnitt lombar- discher Kirchen dieses Styles. (Sonstige gothische Kirchen in Menge, ceine der grössten S. Eustorgio, eine der edelsten S. Simpliciano.) d— Der sehr elegante Thurm von S. Gottardo (am kaiserlichen Pa- last), aus Stein und Backstein gemischt, giebt mit Ausnahme der Spitz- bogenfriese kein einziges Motiv, welches nicht schon im romanischen Styl vorkäme. Achteckig; die Ecken so leicht als das Übrige.
e
S. Francesco zu Pavia zeigt bei einer tollen, schachbrettarti- gen Verzierung der Fassade doch ein gewisses Gefühl für bedeutende Wirkung.
f
Der Dom von Como; die ältern Theile, von einem im Jahr 1396 begonnenen Bau, gehören zur besten lombardischen Gothik; die Pfei- ler ungleich besser gebildet, ihre weite Stellung 1) italienischer als im Dom zu Mailand. Die Fassade, eine der wenigen in der Mitte be- deutend erhöhten, hat auch sonst wohlthuende Verhältnisse, aber eine spielende Decoration. (Auflösung der Wandpfeiler in Kästchen mit Sculpturen etc.) Querschiff und Chor 1513 von Tommaso Rodari bei- gefügt, sind von trefflichster Renaissance. S. unten. In dieser Zeit wurden auch die Aussenseiten und Strebepfeiler des Langhauses in- crustirt; die Spitzthürmchen der letztern eine höchst zierliche Über- setzung aus dem Gothischen in die Renaissance. (Ähnliches beson- ders an französischen Kirchen dieser Zeit, S. Eustache in Paris etc.)
g
Die berühmte Certosa von Pavia, in demselben Jahr 1396 von Marco di Campione begonnen, hat dieselben Vorzüge vor dem Dom von Mailand; schlanke, edelgebildete Pfeiler von weiter Stellung. Der Hauptnachdruck liegt indess auf der Fassade, welche die prächtigste
1)Die beiden ersten Intervalle sind noch eng, so dass die Nebenschiffe hier in regelmässige Quadrate zerfallen wie im Dom von Mailand. Erst vom dritten Intervall an beginnt die Schönräumigkeit im Sinne des Italienisch-Gothischen.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0174"n="152"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Gothische Architektur. Herzogthum Mailand.</hi></fw><lb/>
angehören. Dieselbe ist das nächste Vorbild, zugleich das Geripp der<lb/>
Mailänder Fassade. Das Innere hat dicke Rundsäulen mit weitge-<lb/><noteplace="left">a</note>spannten Bogen, ist übrigens total verkleistert. — An S. <hirendition="#g">Maria in<lb/>
Strata</hi> zu Monza ist die einzig erhaltene obere Hälfte der Fassade<lb/>
ein wirklicher und höchst eleganter Backsteinbau.</p><lb/><noteplace="left">b</note><p>In Mailand geben die gothischen Theile von S. <hirendition="#g">Maria delle<lb/>
Grazie</hi>— Fassade und Schiff — den mittlern Durchschnitt lombar-<lb/>
discher Kirchen dieses Styles. (Sonstige gothische Kirchen in Menge,<lb/><noteplace="left">c</note>eine der grössten S. <hirendition="#g">Eustorgio</hi>, eine der edelsten S. <hirendition="#g">Simpliciano</hi>.)<lb/><noteplace="left">d</note>— Der sehr elegante Thurm von S. <hirendition="#g">Gottardo</hi> (am kaiserlichen Pa-<lb/>
last), aus Stein und Backstein gemischt, giebt mit Ausnahme der Spitz-<lb/>
bogenfriese kein einziges Motiv, welches nicht schon im romanischen<lb/>
Styl vorkäme. Achteckig; die Ecken so leicht als das Übrige.</p><lb/><noteplace="left">e</note><p>S. <hirendition="#g">Francesco</hi> zu <hirendition="#g">Pavia</hi> zeigt bei einer tollen, schachbrettarti-<lb/>
gen Verzierung der Fassade doch ein gewisses Gefühl für bedeutende<lb/>
Wirkung.</p><lb/><noteplace="left">f</note><p>Der <hirendition="#g">Dom</hi> von <hirendition="#g">Como</hi>; die ältern Theile, von einem im Jahr 1396<lb/>
begonnenen Bau, gehören zur besten lombardischen Gothik; die Pfei-<lb/>
ler ungleich besser gebildet, ihre weite Stellung <noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#g">Die</hi> beiden ersten Intervalle sind noch eng, so dass die Nebenschiffe hier in<lb/>
regelmässige Quadrate zerfallen wie im Dom von Mailand. Erst vom dritten<lb/>
Intervall an beginnt die Schönräumigkeit im Sinne des Italienisch-Gothischen.</note> italienischer als im<lb/>
Dom zu Mailand. Die Fassade, eine der wenigen in der Mitte be-<lb/>
deutend erhöhten, hat auch sonst wohlthuende Verhältnisse, aber eine<lb/>
spielende Decoration. (Auflösung der Wandpfeiler in Kästchen mit<lb/>
Sculpturen etc.) Querschiff und Chor 1513 von Tommaso Rodari bei-<lb/>
gefügt, sind von trefflichster Renaissance. S. unten. In dieser Zeit<lb/>
wurden auch die Aussenseiten und Strebepfeiler des Langhauses in-<lb/>
crustirt; die Spitzthürmchen der letztern eine höchst zierliche Über-<lb/>
setzung aus dem Gothischen in die Renaissance. (Ähnliches beson-<lb/>
ders an französischen Kirchen dieser Zeit, S. Eustache in Paris etc.)</p><lb/><noteplace="left">g</note><p>Die berühmte <hirendition="#g">Certosa</hi> von <hirendition="#g">Pavia</hi>, in demselben Jahr 1396 von<lb/>
Marco di Campione begonnen, hat dieselben Vorzüge vor dem Dom<lb/>
von Mailand; schlanke, edelgebildete Pfeiler von weiter Stellung. Der<lb/>
Hauptnachdruck liegt indess auf der Fassade, welche die prächtigste<lb/></p></div></body></text></TEI>
[152/0174]
Gothische Architektur. Herzogthum Mailand.
angehören. Dieselbe ist das nächste Vorbild, zugleich das Geripp der
Mailänder Fassade. Das Innere hat dicke Rundsäulen mit weitge-
spannten Bogen, ist übrigens total verkleistert. — An S. Maria in
Strata zu Monza ist die einzig erhaltene obere Hälfte der Fassade
ein wirklicher und höchst eleganter Backsteinbau.
a
In Mailand geben die gothischen Theile von S. Maria delle
Grazie — Fassade und Schiff — den mittlern Durchschnitt lombar-
discher Kirchen dieses Styles. (Sonstige gothische Kirchen in Menge,
eine der grössten S. Eustorgio, eine der edelsten S. Simpliciano.)
— Der sehr elegante Thurm von S. Gottardo (am kaiserlichen Pa-
last), aus Stein und Backstein gemischt, giebt mit Ausnahme der Spitz-
bogenfriese kein einziges Motiv, welches nicht schon im romanischen
Styl vorkäme. Achteckig; die Ecken so leicht als das Übrige.
c
d
S. Francesco zu Pavia zeigt bei einer tollen, schachbrettarti-
gen Verzierung der Fassade doch ein gewisses Gefühl für bedeutende
Wirkung.
Der Dom von Como; die ältern Theile, von einem im Jahr 1396
begonnenen Bau, gehören zur besten lombardischen Gothik; die Pfei-
ler ungleich besser gebildet, ihre weite Stellung 1) italienischer als im
Dom zu Mailand. Die Fassade, eine der wenigen in der Mitte be-
deutend erhöhten, hat auch sonst wohlthuende Verhältnisse, aber eine
spielende Decoration. (Auflösung der Wandpfeiler in Kästchen mit
Sculpturen etc.) Querschiff und Chor 1513 von Tommaso Rodari bei-
gefügt, sind von trefflichster Renaissance. S. unten. In dieser Zeit
wurden auch die Aussenseiten und Strebepfeiler des Langhauses in-
crustirt; die Spitzthürmchen der letztern eine höchst zierliche Über-
setzung aus dem Gothischen in die Renaissance. (Ähnliches beson-
ders an französischen Kirchen dieser Zeit, S. Eustache in Paris etc.)
Die berühmte Certosa von Pavia, in demselben Jahr 1396 von
Marco di Campione begonnen, hat dieselben Vorzüge vor dem Dom
von Mailand; schlanke, edelgebildete Pfeiler von weiter Stellung. Der
Hauptnachdruck liegt indess auf der Fassade, welche die prächtigste
1) Die beiden ersten Intervalle sind noch eng, so dass die Nebenschiffe hier in
regelmässige Quadrate zerfallen wie im Dom von Mailand. Erst vom dritten
Intervall an beginnt die Schönräumigkeit im Sinne des Italienisch-Gothischen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/174>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.