nicht interessirt, der braucht nur im Register die mit D. bezeichneten Citate zu überschlagen.
In dem Abschnitt über Sculptur sind die Antiken vor- herrschend nach demjenigen System geordnet, welches dem zweiten Theil von Ottfried Müllers "Archäologie" zu Grunde liegt. Das betreffende Stück ist hauptsächlich für die Vie- len geschrieben, welche zwar mit genussfähigem Auge be- gabt, allein nur auf ganze, harmonische Eindrücke vorbe- reitet und dem Fragmentarischen und Bedingten (das hier so sehr vorherrscht) abgeneigt sind 1). -- Bei der neuern Sculptur ist der Abschnitt über den Barockstyl (wie die entsprechenden Abschnitte der beiden andern Künste) etwas lang ausgefallen. Allein es erscheint mir als Thatsache, dass eine genaue und besonnene Mitbetrachtung dieser Epoche den Genuss der vollkommenen Werke der golde- nen Zeit wesentlich steigern hilft. Allerdings gilt diess nur für uns Laien, denn der Künstler soll eigentlich nur das Beste anschauen.
Bei der Malerei konnte es am wenigsten meine Auf- gabe sein, den geistigen Inhalt erschöpfen zu wollen, der
1) Das Werk Braun's: "Die Ruinen und Museen Roms" ist nur für wenige Stellen benützt worden, welche ohne Ausnahme mit der Chiffre [Br.] bezeichnet sind. Ich halte es für Unrecht, ein neues Buch dieser Art umständlich auszubeuten, vollends wenn diess ohne Nennung des Verfassers geschieht. -- An das Schick- sal eines gewissen Autors in der Viola del pensiero, Jahrgang 1839, will ich gar nicht erinnern.
nicht interessirt, der braucht nur im Register die mit D. bezeichneten Citate zu überschlagen.
In dem Abschnitt über Sculptur sind die Antiken vor- herrschend nach demjenigen System geordnet, welches dem zweiten Theil von Ottfried Müllers „Archäologie“ zu Grunde liegt. Das betreffende Stück ist hauptsächlich für die Vie- len geschrieben, welche zwar mit genussfähigem Auge be- gabt, allein nur auf ganze, harmonische Eindrücke vorbe- reitet und dem Fragmentarischen und Bedingten (das hier so sehr vorherrscht) abgeneigt sind 1). — Bei der neuern Sculptur ist der Abschnitt über den Barockstyl (wie die entsprechenden Abschnitte der beiden andern Künste) etwas lang ausgefallen. Allein es erscheint mir als Thatsache, dass eine genaue und besonnene Mitbetrachtung dieser Epoche den Genuss der vollkommenen Werke der golde- nen Zeit wesentlich steigern hilft. Allerdings gilt diess nur für uns Laien, denn der Künstler soll eigentlich nur das Beste anschauen.
Bei der Malerei konnte es am wenigsten meine Auf- gabe sein, den geistigen Inhalt erschöpfen zu wollen, der
1) Das Werk Braun’s: „Die Ruinen und Museen Roms“ ist nur für wenige Stellen benützt worden, welche ohne Ausnahme mit der Chiffre [Br.] bezeichnet sind. Ich halte es für Unrecht, ein neues Buch dieser Art umständlich auszubeuten, vollends wenn diess ohne Nennung des Verfassers geschieht. — An das Schick- sal eines gewissen Autors in der Viola del pensiero, Jahrgang 1839, will ich gar nicht erinnern.
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0015"n="IX"/>
nicht interessirt, der braucht nur im Register die mit D.<lb/>
bezeichneten Citate zu überschlagen.</p><lb/><p>In dem Abschnitt über Sculptur sind die Antiken vor-<lb/>
herrschend nach demjenigen System geordnet, welches dem<lb/>
zweiten Theil von Ottfried Müllers „Archäologie“ zu Grunde<lb/>
liegt. Das betreffende Stück ist hauptsächlich für die Vie-<lb/>
len geschrieben, welche zwar mit genussfähigem Auge be-<lb/>
gabt, allein nur auf ganze, harmonische Eindrücke vorbe-<lb/>
reitet und dem Fragmentarischen und Bedingten (das hier<lb/>
so sehr vorherrscht) abgeneigt sind <noteplace="foot"n="1)">Das Werk <hirendition="#g">Braun</hi>’s: „Die Ruinen und Museen Roms“ ist nur<lb/>
für wenige Stellen benützt worden, welche ohne Ausnahme mit<lb/>
der Chiffre [Br.] bezeichnet sind. Ich halte es für Unrecht, ein<lb/>
neues Buch dieser Art umständlich auszubeuten, vollends wenn<lb/>
diess ohne Nennung des Verfassers geschieht. — An das Schick-<lb/>
sal eines gewissen Autors in der Viola del pensiero, Jahrgang<lb/>
1839, will ich gar nicht erinnern.</note>. — Bei der neuern<lb/>
Sculptur ist der Abschnitt über den Barockstyl (wie die<lb/>
entsprechenden Abschnitte der beiden andern Künste) etwas<lb/>
lang ausgefallen. Allein es erscheint mir als Thatsache,<lb/>
dass eine genaue und besonnene Mitbetrachtung dieser<lb/>
Epoche den Genuss der vollkommenen Werke der golde-<lb/>
nen Zeit wesentlich steigern hilft. Allerdings gilt diess<lb/>
nur für uns Laien, denn der Künstler soll eigentlich nur<lb/>
das Beste anschauen.</p><lb/><p>Bei der Malerei konnte es am wenigsten meine Auf-<lb/>
gabe sein, den geistigen Inhalt erschöpfen zu wollen, der<lb/></p></div></front></text></TEI>
[IX/0015]
nicht interessirt, der braucht nur im Register die mit D.
bezeichneten Citate zu überschlagen.
In dem Abschnitt über Sculptur sind die Antiken vor-
herrschend nach demjenigen System geordnet, welches dem
zweiten Theil von Ottfried Müllers „Archäologie“ zu Grunde
liegt. Das betreffende Stück ist hauptsächlich für die Vie-
len geschrieben, welche zwar mit genussfähigem Auge be-
gabt, allein nur auf ganze, harmonische Eindrücke vorbe-
reitet und dem Fragmentarischen und Bedingten (das hier
so sehr vorherrscht) abgeneigt sind 1). — Bei der neuern
Sculptur ist der Abschnitt über den Barockstyl (wie die
entsprechenden Abschnitte der beiden andern Künste) etwas
lang ausgefallen. Allein es erscheint mir als Thatsache,
dass eine genaue und besonnene Mitbetrachtung dieser
Epoche den Genuss der vollkommenen Werke der golde-
nen Zeit wesentlich steigern hilft. Allerdings gilt diess
nur für uns Laien, denn der Künstler soll eigentlich nur
das Beste anschauen.
Bei der Malerei konnte es am wenigsten meine Auf-
gabe sein, den geistigen Inhalt erschöpfen zu wollen, der
1) Das Werk Braun’s: „Die Ruinen und Museen Roms“ ist nur
für wenige Stellen benützt worden, welche ohne Ausnahme mit
der Chiffre [Br.] bezeichnet sind. Ich halte es für Unrecht, ein
neues Buch dieser Art umständlich auszubeuten, vollends wenn
diess ohne Nennung des Verfassers geschieht. — An das Schick-
sal eines gewissen Autors in der Viola del pensiero, Jahrgang
1839, will ich gar nicht erinnern.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/15>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.