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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Romanische Architektur. Kirchen von Verona.
derliche Decoration, noch romanisch gedacht, aber in bereits gothischen
Formen, aus dem XIII. Jahrhundert.

Vielleicht der edelste romanische Bau Oberitaliens ist die schöne
aKirche S. Zeno in Verona, die in ihrer jetzigen Gestalt 1139 be-
gonnen wurde. In der Fassade spricht sich früher als sonst irgendwo
die Neigung zum Schlanken und Strebenden aus, nicht bloss durch
die verticalen Wandstreifen, sondern noch deutlicher durch die Unter-
ordnung der horizontalen Galerie, welche von jenen durchschnitten
wird statt sie zu durchschneiden. -- Das Innere ist eine unverkenn-
bare Vorstufe desjenigen von S. Miniato; eine Basilica abwechselnd
auf Säulen und Pfeilern; über letztern sollten sich oben grosse Bogen
als Mitträger eines Sparrendaches wölben; allein sie wurden nur über
zwei Pfeilern ausgeführt, indem beim weitern Verlauf des Baues eine
Erhöhung der Obermauer und ein Holzgewölbe sie unnütz machten.
Die Crypta ist hoch und ausgedehnt, wie in den meisten oberitalischen
Hauptkirchen dieser Zeit. Die Capitäle der Säulen scheinen fast alle
im Mittelalter nach antiken Vorbildern gemeisselt, die hintersten moder-
nisirt. (Antik: vielleicht das vorletzte rechts.) Die Bildung des De-
tails ist durchweg ziemlich streng und gut. -- (Das Innere von S. Mi-
niato ist unläugbar schöner: je zwei Säulen zwischen den Pfeilern,
statt bloss einer oder zweien, so dass die Pfeiler mit ihren Bogen
grosse Quadrate abschliessen; eine geringere Länge und eine nicht bloss
relativ, sondern auch (wenn wir nicht irren) absolut grössere Breite
des Mittelschiffes; endlich eine vollständige Durchführung derjenigen
Bedachung, welche in S. Zeno beabsichtigt und wieder aufgegeben
wurde.) -- Der anstossende Klosterhof mit einem eigenthümlichen Aus-
bau ist gleichzeitig mit der Kirche.

Die übrigen alten Basiliken Verona's, welche wir bei diesem
Anlass nachholen, zeigen einige interessante Eigenthümlichkeiten. So
bhat S. Lorenzo ein oberes Stockwerk von Galerien und aussen an
der Fassade zwei antik scheinende Rundthürme. Das Innere, abwech-
selnd Pfeiler und Säulen, letztere zum Theil mit antiken Capitälen,
gehört doch wohl erst unserm Jahrtausend an; das Tonnengewölbe
cvielleicht ursprünglich. -- S. Zeno in Oratorio, zwar klein und
gedrückt, doch nicht sehr alt, mit einem Kuppelchen vor der Tribuna.
d-- In S. Maria antica haben nur noch die Säulen ihre ursprüng-

Romanische Architektur. Kirchen von Verona.
derliche Decoration, noch romanisch gedacht, aber in bereits gothischen
Formen, aus dem XIII. Jahrhundert.

Vielleicht der edelste romanische Bau Oberitaliens ist die schöne
aKirche S. Zeno in Verona, die in ihrer jetzigen Gestalt 1139 be-
gonnen wurde. In der Fassade spricht sich früher als sonst irgendwo
die Neigung zum Schlanken und Strebenden aus, nicht bloss durch
die verticalen Wandstreifen, sondern noch deutlicher durch die Unter-
ordnung der horizontalen Galerie, welche von jenen durchschnitten
wird statt sie zu durchschneiden. — Das Innere ist eine unverkenn-
bare Vorstufe desjenigen von S. Miniato; eine Basilica abwechselnd
auf Säulen und Pfeilern; über letztern sollten sich oben grosse Bogen
als Mitträger eines Sparrendaches wölben; allein sie wurden nur über
zwei Pfeilern ausgeführt, indem beim weitern Verlauf des Baues eine
Erhöhung der Obermauer und ein Holzgewölbe sie unnütz machten.
Die Crypta ist hoch und ausgedehnt, wie in den meisten oberitalischen
Hauptkirchen dieser Zeit. Die Capitäle der Säulen scheinen fast alle
im Mittelalter nach antiken Vorbildern gemeisselt, die hintersten moder-
nisirt. (Antik: vielleicht das vorletzte rechts.) Die Bildung des De-
tails ist durchweg ziemlich streng und gut. — (Das Innere von S. Mi-
niato ist unläugbar schöner: je zwei Säulen zwischen den Pfeilern,
statt bloss einer oder zweien, so dass die Pfeiler mit ihren Bogen
grosse Quadrate abschliessen; eine geringere Länge und eine nicht bloss
relativ, sondern auch (wenn wir nicht irren) absolut grössere Breite
des Mittelschiffes; endlich eine vollständige Durchführung derjenigen
Bedachung, welche in S. Zeno beabsichtigt und wieder aufgegeben
wurde.) — Der anstossende Klosterhof mit einem eigenthümlichen Aus-
bau ist gleichzeitig mit der Kirche.

Die übrigen alten Basiliken Verona’s, welche wir bei diesem
Anlass nachholen, zeigen einige interessante Eigenthümlichkeiten. So
bhat S. Lorenzo ein oberes Stockwerk von Galerien und aussen an
der Fassade zwei antik scheinende Rundthürme. Das Innere, abwech-
selnd Pfeiler und Säulen, letztere zum Theil mit antiken Capitälen,
gehört doch wohl erst unserm Jahrtausend an; das Tonnengewölbe
cvielleicht ursprünglich. — S. Zeno in Oratorio, zwar klein und
gedrückt, doch nicht sehr alt, mit einem Kuppelchen vor der Tribuna.
d— In S. Maria antica haben nur noch die Säulen ihre ursprüng-

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[122/0144] Romanische Architektur. Kirchen von Verona. derliche Decoration, noch romanisch gedacht, aber in bereits gothischen Formen, aus dem XIII. Jahrhundert. Vielleicht der edelste romanische Bau Oberitaliens ist die schöne Kirche S. Zeno in Verona, die in ihrer jetzigen Gestalt 1139 be- gonnen wurde. In der Fassade spricht sich früher als sonst irgendwo die Neigung zum Schlanken und Strebenden aus, nicht bloss durch die verticalen Wandstreifen, sondern noch deutlicher durch die Unter- ordnung der horizontalen Galerie, welche von jenen durchschnitten wird statt sie zu durchschneiden. — Das Innere ist eine unverkenn- bare Vorstufe desjenigen von S. Miniato; eine Basilica abwechselnd auf Säulen und Pfeilern; über letztern sollten sich oben grosse Bogen als Mitträger eines Sparrendaches wölben; allein sie wurden nur über zwei Pfeilern ausgeführt, indem beim weitern Verlauf des Baues eine Erhöhung der Obermauer und ein Holzgewölbe sie unnütz machten. Die Crypta ist hoch und ausgedehnt, wie in den meisten oberitalischen Hauptkirchen dieser Zeit. Die Capitäle der Säulen scheinen fast alle im Mittelalter nach antiken Vorbildern gemeisselt, die hintersten moder- nisirt. (Antik: vielleicht das vorletzte rechts.) Die Bildung des De- tails ist durchweg ziemlich streng und gut. — (Das Innere von S. Mi- niato ist unläugbar schöner: je zwei Säulen zwischen den Pfeilern, statt bloss einer oder zweien, so dass die Pfeiler mit ihren Bogen grosse Quadrate abschliessen; eine geringere Länge und eine nicht bloss relativ, sondern auch (wenn wir nicht irren) absolut grössere Breite des Mittelschiffes; endlich eine vollständige Durchführung derjenigen Bedachung, welche in S. Zeno beabsichtigt und wieder aufgegeben wurde.) — Der anstossende Klosterhof mit einem eigenthümlichen Aus- bau ist gleichzeitig mit der Kirche. a Die übrigen alten Basiliken Verona’s, welche wir bei diesem Anlass nachholen, zeigen einige interessante Eigenthümlichkeiten. So hat S. Lorenzo ein oberes Stockwerk von Galerien und aussen an der Fassade zwei antik scheinende Rundthürme. Das Innere, abwech- selnd Pfeiler und Säulen, letztere zum Theil mit antiken Capitälen, gehört doch wohl erst unserm Jahrtausend an; das Tonnengewölbe vielleicht ursprünglich. — S. Zeno in Oratorio, zwar klein und gedrückt, doch nicht sehr alt, mit einem Kuppelchen vor der Tribuna. — In S. Maria antica haben nur noch die Säulen ihre ursprüng- b c d

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/144>, abgerufen am 23.11.2024.