Niellen ähnlich denen des florentinischen Baptisteriums 1), tragen das Datum 1207, welches wohl das des Ausbaues der ganzen Kirche sein möchte. (Ob sie von S. Zeno in Verona, s. unten, bedingt ist?)
Man sollte kaum glauben, dass auf ein System von Kirchenfas- saden wie die genannten noch eine Missbildung habe folgen können awie die Vorderseite der sog. Pieve vecchia zu Arezzo, vom Anfang des XIII. Jahrhunderts 2). Mit einer solchen Anstrengung ist kaum irgendwo jeder Anklang an Harmonie, an vernünftige Entwicklung durchgehender Motive vermieden worden wie hier. Das Innere ist bei Weitem besser und durch die fast antiken korinthischen Capitäle in- teressant; das Äussere der Chornische dagegen wieder der Fassade würdig.
In Genua vermischt sich der romanische Styl Frankreichs mit der von Pisa ausgehenden Einwirkung. Die betreffenden Kirchen sind meist Basiliken mit einer Art von Querschiff, auch wohl mit einer (unbedeutenden und meist veränderten) Kuppel; die Säulen theils antik, theils in Schichten von schwarz und weiss abwechselnd; die Capitäle theils antik, theils antikisirend. An den Fassaden ist nirgends das reichere toscanische System von Galerien, sondern nur das ein- fachere von Wandpfeilern, mit Abwechslung der Farbenschichten, zu bemerken. (Die auch oft nur aus moderner Romantik aufgemalt sind.) Zur gothischen Zeit behielt man diese ganze, für die reiche Stadt etwas dürftige Bauweise bei und ersetzte nur einen Theil der Rundbogen durch Spitzbogen.
Durch plastischen Reichthum sind nur die beiden Portale der bSeitenschiffe des Domes (XII. Jahrhundert?) einigermassen ausge- zeichnet. (Das Innere des Domes ein Umbau vom Jahr 1308, mit cBenützung der ältern Säulen.) S. Maria di Castello ist nach den
1) Wogegen die pisanischen Boden-Mosaiken (Battistero, Dom, S. Pierino) nebst denen von S. Frediano zu Lucca noch fast ganz der christlich-römischen Technik folgen, wie sie oben S. 95 u. 96 geschildert wurde.
2) Das Datum der Portalsculpturen, 1216, gilt doch wohl annähernd für die ganze Fassade.
Romanische Architektur. Arezzo. Genua.
Niellen ähnlich denen des florentinischen Baptisteriums 1), tragen das Datum 1207, welches wohl das des Ausbaues der ganzen Kirche sein möchte. (Ob sie von S. Zeno in Verona, s. unten, bedingt ist?)
Man sollte kaum glauben, dass auf ein System von Kirchenfas- saden wie die genannten noch eine Missbildung habe folgen können awie die Vorderseite der sog. Pieve vecchia zu Arezzo, vom Anfang des XIII. Jahrhunderts 2). Mit einer solchen Anstrengung ist kaum irgendwo jeder Anklang an Harmonie, an vernünftige Entwicklung durchgehender Motive vermieden worden wie hier. Das Innere ist bei Weitem besser und durch die fast antiken korinthischen Capitäle in- teressant; das Äussere der Chornische dagegen wieder der Fassade würdig.
In Genua vermischt sich der romanische Styl Frankreichs mit der von Pisa ausgehenden Einwirkung. Die betreffenden Kirchen sind meist Basiliken mit einer Art von Querschiff, auch wohl mit einer (unbedeutenden und meist veränderten) Kuppel; die Säulen theils antik, theils in Schichten von schwarz und weiss abwechselnd; die Capitäle theils antik, theils antikisirend. An den Fassaden ist nirgends das reichere toscanische System von Galerien, sondern nur das ein- fachere von Wandpfeilern, mit Abwechslung der Farbenschichten, zu bemerken. (Die auch oft nur aus moderner Romantik aufgemalt sind.) Zur gothischen Zeit behielt man diese ganze, für die reiche Stadt etwas dürftige Bauweise bei und ersetzte nur einen Theil der Rundbogen durch Spitzbogen.
Durch plastischen Reichthum sind nur die beiden Portale der bSeitenschiffe des Domes (XII. Jahrhundert?) einigermassen ausge- zeichnet. (Das Innere des Domes ein Umbau vom Jahr 1308, mit cBenützung der ältern Säulen.) S. Maria di Castello ist nach den
1) Wogegen die pisanischen Boden-Mosaiken (Battistero, Dom, S. Pierino) nebst denen von S. Frediano zu Lucca noch fast ganz der christlich-römischen Technik folgen, wie sie oben S. 95 u. 96 geschildert wurde.
2) Das Datum der Portalsculpturen, 1216, gilt doch wohl annähernd für die ganze Fassade.
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Romanische Architektur. Arezzo. Genua.
Niellen ähnlich denen des florentinischen Baptisteriums 1), tragen das
Datum 1207, welches wohl das des Ausbaues der ganzen Kirche sein
möchte. (Ob sie von S. Zeno in Verona, s. unten, bedingt ist?)
Man sollte kaum glauben, dass auf ein System von Kirchenfas-
saden wie die genannten noch eine Missbildung habe folgen können
wie die Vorderseite der sog. Pieve vecchia zu Arezzo, vom Anfang
des XIII. Jahrhunderts 2). Mit einer solchen Anstrengung ist kaum
irgendwo jeder Anklang an Harmonie, an vernünftige Entwicklung
durchgehender Motive vermieden worden wie hier. Das Innere ist bei
Weitem besser und durch die fast antiken korinthischen Capitäle in-
teressant; das Äussere der Chornische dagegen wieder der Fassade
würdig.
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In Genua vermischt sich der romanische Styl Frankreichs mit
der von Pisa ausgehenden Einwirkung. Die betreffenden Kirchen sind
meist Basiliken mit einer Art von Querschiff, auch wohl mit einer
(unbedeutenden und meist veränderten) Kuppel; die Säulen theils
antik, theils in Schichten von schwarz und weiss abwechselnd; die
Capitäle theils antik, theils antikisirend. An den Fassaden ist nirgends
das reichere toscanische System von Galerien, sondern nur das ein-
fachere von Wandpfeilern, mit Abwechslung der Farbenschichten, zu
bemerken. (Die auch oft nur aus moderner Romantik aufgemalt sind.)
Zur gothischen Zeit behielt man diese ganze, für die reiche Stadt etwas
dürftige Bauweise bei und ersetzte nur einen Theil der Rundbogen
durch Spitzbogen.
Durch plastischen Reichthum sind nur die beiden Portale der
Seitenschiffe des Domes (XII. Jahrhundert?) einigermassen ausge-
zeichnet. (Das Innere des Domes ein Umbau vom Jahr 1308, mit
Benützung der ältern Säulen.) S. Maria di Castello ist nach den
b
c
1) Wogegen die pisanischen Boden-Mosaiken (Battistero, Dom, S. Pierino) nebst
denen von S. Frediano zu Lucca noch fast ganz der christlich-römischen
Technik folgen, wie sie oben S. 95 u. 96 geschildert wurde.
2) Das Datum der Portalsculpturen, 1216, gilt doch wohl annähernd für die
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/134>, abgerufen am 27.11.2024.
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