unfähig gewordene Kunst ergeht sich in einem angenehmen mathema- tischen Linienspiel, im Wechsel bunter Flächen. -- Manche der be- treffenden Überreste sind früh mittelalterlich, allein wir sind nicht im Stande sie auszuscheiden von denjenigen des XII. und XIII. Jahrhun- derts, unter welchen sich die wichtigsten mit befinden. Damals that sich nämlich in Rom die Familie der Cosmaten (Laurentius, Jaco- bus, Johannes etc.) mit solchen Arbeiten hervor; für diese kleinern, decorativen Aufgaben studirten sie zum erstenmal wieder einigermassen die Bauwerke des Alterthums und sahen denselben wenigstens das Nothwendigste für die Profile der Einfassungen, Ränder, Gesimse u. s. w. ab. Dieser kleine Anfang von Renaissance macht einen erfreu- lichen Eindruck, obschon er die Baukunst im Grossen nicht berührte.
Von den unzerstörbaren Fussböden aus jenen harten Steingat- tungen enthält jede ältere und auch manche sonst modernisirte Kirche ein Stück, wenigstens im Chor. (S. Cecilia, S. Alessio, S. Crisogono, SS. Giovanni e Paolo, S. Gregorio, S. Prassede und viele Andere.) Die reichsten sind mehr oder weniger sicher und zwar spät datirt: ader in S. Maria in Cosmedin (um 1120), der prachtvolle von S. Maria bmaggiore (um 1150), der von S. Maria in Trastevere (etwas früher), cder sehr reiche in der Vorderkirche von S. Lorenzo fuori le mura (XII. Jahrhundert, vielleicht erst um 1220). Im Detail Teppichmustern ähnlich, doch als Ganzes anders componirt, geben sie deutliches Zeug- niss davon, welchen Werth die Kirche von jeher auf schöne Fussbö- den gelegt hat. Zu einer Zeit, da die Kunst sich noch an das Mate- rial halten, durch Goldgeräth, Prachtgewebe und Mosaiken den Ein- druck des Heiligen und Ausserweltlichen hervorbringen muss, weil sie die ewige Form nicht mehr oder noch nicht schaffen kann, -- zu einer solchen Zeit gebührte auch dem Fussboden, der ja ein geweihtes Asyl bezeichnete und den Schauplatz für die heiligsten Begehungen aus- machte, eine Ausstattung, die ihn von dem profanen Draussen auf das stärkste unterschied.
d
Ausserhalb Roms hat auch S. Vitale in Ravenna einen prächtigen eBoden von Steinmosaik, ebenso S. Marco in Venedig. Doch herrschen andere Dessins und Steinarten vor.
Die übrigen steinernen Schmucksachen sind hauptsächlich in folgenden Kirchen von Rom zerstreut:
Decoration. Die Cosmaten. Bodenmosaiken.
unfähig gewordene Kunst ergeht sich in einem angenehmen mathema- tischen Linienspiel, im Wechsel bunter Flächen. — Manche der be- treffenden Überreste sind früh mittelalterlich, allein wir sind nicht im Stande sie auszuscheiden von denjenigen des XII. und XIII. Jahrhun- derts, unter welchen sich die wichtigsten mit befinden. Damals that sich nämlich in Rom die Familie der Cosmaten (Laurentius, Jaco- bus, Johannes etc.) mit solchen Arbeiten hervor; für diese kleinern, decorativen Aufgaben studirten sie zum erstenmal wieder einigermassen die Bauwerke des Alterthums und sahen denselben wenigstens das Nothwendigste für die Profile der Einfassungen, Ränder, Gesimse u. s. w. ab. Dieser kleine Anfang von Renaissance macht einen erfreu- lichen Eindruck, obschon er die Baukunst im Grossen nicht berührte.
Von den unzerstörbaren Fussböden aus jenen harten Steingat- tungen enthält jede ältere und auch manche sonst modernisirte Kirche ein Stück, wenigstens im Chor. (S. Cecilia, S. Alessio, S. Crisogono, SS. Giovanni e Paolo, S. Gregorio, S. Prassede und viele Andere.) Die reichsten sind mehr oder weniger sicher und zwar spät datirt: ader in S. Maria in Cosmedin (um 1120), der prachtvolle von S. Maria bmaggiore (um 1150), der von S. Maria in Trastevere (etwas früher), cder sehr reiche in der Vorderkirche von S. Lorenzo fuori le mura (XII. Jahrhundert, vielleicht erst um 1220). Im Detail Teppichmustern ähnlich, doch als Ganzes anders componirt, geben sie deutliches Zeug- niss davon, welchen Werth die Kirche von jeher auf schöne Fussbö- den gelegt hat. Zu einer Zeit, da die Kunst sich noch an das Mate- rial halten, durch Goldgeräth, Prachtgewebe und Mosaiken den Ein- druck des Heiligen und Ausserweltlichen hervorbringen muss, weil sie die ewige Form nicht mehr oder noch nicht schaffen kann, — zu einer solchen Zeit gebührte auch dem Fussboden, der ja ein geweihtes Asyl bezeichnete und den Schauplatz für die heiligsten Begehungen aus- machte, eine Ausstattung, die ihn von dem profanen Draussen auf das stärkste unterschied.
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Ausserhalb Roms hat auch S. Vitale in Ravenna einen prächtigen eBoden von Steinmosaik, ebenso S. Marco in Venedig. Doch herrschen andere Dessins und Steinarten vor.
Die übrigen steinernen Schmucksachen sind hauptsächlich in folgenden Kirchen von Rom zerstreut:
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Decoration. Die Cosmaten. Bodenmosaiken.
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treffenden Überreste sind früh mittelalterlich, allein wir sind nicht im
Stande sie auszuscheiden von denjenigen des XII. und XIII. Jahrhun-
derts, unter welchen sich die wichtigsten mit befinden. Damals that
sich nämlich in Rom die Familie der Cosmaten (Laurentius, Jaco-
bus, Johannes etc.) mit solchen Arbeiten hervor; für diese kleinern,
decorativen Aufgaben studirten sie zum erstenmal wieder einigermassen
die Bauwerke des Alterthums und sahen denselben wenigstens das
Nothwendigste für die Profile der Einfassungen, Ränder, Gesimse
u. s. w. ab. Dieser kleine Anfang von Renaissance macht einen erfreu-
lichen Eindruck, obschon er die Baukunst im Grossen nicht berührte.
Von den unzerstörbaren Fussböden aus jenen harten Steingat-
tungen enthält jede ältere und auch manche sonst modernisirte Kirche
ein Stück, wenigstens im Chor. (S. Cecilia, S. Alessio, S. Crisogono,
SS. Giovanni e Paolo, S. Gregorio, S. Prassede und viele Andere.)
Die reichsten sind mehr oder weniger sicher und zwar spät datirt:
der in S. Maria in Cosmedin (um 1120), der prachtvolle von S. Maria
maggiore (um 1150), der von S. Maria in Trastevere (etwas früher),
der sehr reiche in der Vorderkirche von S. Lorenzo fuori le mura
(XII. Jahrhundert, vielleicht erst um 1220). Im Detail Teppichmustern
ähnlich, doch als Ganzes anders componirt, geben sie deutliches Zeug-
niss davon, welchen Werth die Kirche von jeher auf schöne Fussbö-
den gelegt hat. Zu einer Zeit, da die Kunst sich noch an das Mate-
rial halten, durch Goldgeräth, Prachtgewebe und Mosaiken den Ein-
druck des Heiligen und Ausserweltlichen hervorbringen muss, weil sie
die ewige Form nicht mehr oder noch nicht schaffen kann, — zu einer
solchen Zeit gebührte auch dem Fussboden, der ja ein geweihtes Asyl
bezeichnete und den Schauplatz für die heiligsten Begehungen aus-
machte, eine Ausstattung, die ihn von dem profanen Draussen auf
das stärkste unterschied.
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Ausserhalb Roms hat auch S. Vitale in Ravenna einen prächtigen
Boden von Steinmosaik, ebenso S. Marco in Venedig. Doch herrschen
andere Dessins und Steinarten vor.
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Die übrigen steinernen Schmucksachen sind hauptsächlich
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/118>, abgerufen am 29.11.2024.
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