Umgebung ab, und es ist kritisch, das Motiv ohne Weiteres auf an- dern Boden zu verpflanzen. (Die interessantesten: an S. Maria ina Cosmedin, S. Giovanni e Paolo etc. Das Motiv im Geist der Renais-b sance umgedeutet: an S. Spirito.)
Unter den Basiliken Ravenna's ist seit dem Umbau des Domes nur eine von erstem Rang übrig:
S. Apollinare in Classe, eine starke Miglie vor der Stadt,c begonnen nach 534, geweiht 549, also aus der Zeit des Unterganges der Ostgothenherrschaft. Sie vereinigt alle bezeichnenden Eigenschaf- ten der ravennatischen Basiliken: den geschlossenen Vorbau statt der Vorhalle, die äussere Eintheilung der Wände mit Bogen und Mauer- streifen, die für Ort und Stelle gearbeiteten, nicht entlehnten Säulen, die Abwesenheit des Querschiffes, den runden isolirten Thurm. Vor Allem aber ist es ein herrlicher, weiträumiger Bau, die Säulen von grauem, weissgeadertem Marmor mit einer eigenthümlichen Art von Compositacapitälen, die sonst an den wenigen erhaltenen Säulen der Herculesbasilica (auf dem grossen Platz in Ravenna) vorkommen; died Piedestale mit einer rautenförmigen Verzierung. In der Tribuna ist noch ringsum das Gesimse mit Blätterfries erhalten, das keine grössere römische Kirche mehr in echter Gestalt aufweist. (Die zwei Seiten- tribunen scheinen neuer.) Die Details im Schiffe beträchtlich moder- nisirt; der sichtbare Dachstuhl noch aus dem frühern Mittelalter.
Von den übrigen Basiliken sind mehr oder weniger erhalten:
S. Agata (417), mit Einer Tribuna, schon sehr byzantinischene Capitälen, einer durch einen Bogen vom Schiff getrennten innern Vor- halle, äusserm Vorbau und rundem Thurm.
S. Giovanni Evangelista (425), bedeutend erneuert, zumalf der Hinterbau; die Capitäle hier vielleicht von einem ältern Gebäude, gut korinthisch; eine Crypta (ursprünglich?).
S. Francesco (um 450), mit drei Tribunen, die Capitäle modern.g
Am Dom hat der Umbau des vorigen Jahrhunderts (in tüchtigemh Barockstyl) die ehemalige fünfschiffige Basilica gänzlich zerstört, den alten isolirten Rundthurm aber verschont.
S. Maria maggiore, sehr verbaut, mit rundem isolirtem Thurm.i
Basiliken von Ravenna.
Umgebung ab, und es ist kritisch, das Motiv ohne Weiteres auf an- dern Boden zu verpflanzen. (Die interessantesten: an S. Maria ina Cosmedin, S. Giovanni e Paolo etc. Das Motiv im Geist der Renais-b sance umgedeutet: an S. Spirito.)
Unter den Basiliken Ravenna’s ist seit dem Umbau des Domes nur eine von erstem Rang übrig:
S. Apollinare in Classe, eine starke Miglie vor der Stadt,c begonnen nach 534, geweiht 549, also aus der Zeit des Unterganges der Ostgothenherrschaft. Sie vereinigt alle bezeichnenden Eigenschaf- ten der ravennatischen Basiliken: den geschlossenen Vorbau statt der Vorhalle, die äussere Eintheilung der Wände mit Bogen und Mauer- streifen, die für Ort und Stelle gearbeiteten, nicht entlehnten Säulen, die Abwesenheit des Querschiffes, den runden isolirten Thurm. Vor Allem aber ist es ein herrlicher, weiträumiger Bau, die Säulen von grauem, weissgeadertem Marmor mit einer eigenthümlichen Art von Compositacapitälen, die sonst an den wenigen erhaltenen Säulen der Herculesbasilica (auf dem grossen Platz in Ravenna) vorkommen; died Piedestale mit einer rautenförmigen Verzierung. In der Tribuna ist noch ringsum das Gesimse mit Blätterfries erhalten, das keine grössere römische Kirche mehr in echter Gestalt aufweist. (Die zwei Seiten- tribunen scheinen neuer.) Die Details im Schiffe beträchtlich moder- nisirt; der sichtbare Dachstuhl noch aus dem frühern Mittelalter.
Von den übrigen Basiliken sind mehr oder weniger erhalten:
S. Agata (417), mit Einer Tribuna, schon sehr byzantinischene Capitälen, einer durch einen Bogen vom Schiff getrennten innern Vor- halle, äusserm Vorbau und rundem Thurm.
S. Giovanni Evangelista (425), bedeutend erneuert, zumalf der Hinterbau; die Capitäle hier vielleicht von einem ältern Gebäude, gut korinthisch; eine Crypta (ursprünglich?).
S. Francesco (um 450), mit drei Tribunen, die Capitäle modern.g
Am Dom hat der Umbau des vorigen Jahrhunderts (in tüchtigemh Barockstyl) die ehemalige fünfschiffige Basilica gänzlich zerstört, den alten isolirten Rundthurm aber verschont.
S. Maria maggiore, sehr verbaut, mit rundem isolirtem Thurm.i
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Basiliken von Ravenna.
Umgebung ab, und es ist kritisch, das Motiv ohne Weiteres auf an-
dern Boden zu verpflanzen. (Die interessantesten: an S. Maria in
Cosmedin, S. Giovanni e Paolo etc. Das Motiv im Geist der Renais-
sance umgedeutet: an S. Spirito.)
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Unter den Basiliken Ravenna’s ist seit dem Umbau des Domes
nur eine von erstem Rang übrig:
S. Apollinare in Classe, eine starke Miglie vor der Stadt,
begonnen nach 534, geweiht 549, also aus der Zeit des Unterganges
der Ostgothenherrschaft. Sie vereinigt alle bezeichnenden Eigenschaf-
ten der ravennatischen Basiliken: den geschlossenen Vorbau statt der
Vorhalle, die äussere Eintheilung der Wände mit Bogen und Mauer-
streifen, die für Ort und Stelle gearbeiteten, nicht entlehnten Säulen,
die Abwesenheit des Querschiffes, den runden isolirten Thurm. Vor
Allem aber ist es ein herrlicher, weiträumiger Bau, die Säulen von
grauem, weissgeadertem Marmor mit einer eigenthümlichen Art von
Compositacapitälen, die sonst an den wenigen erhaltenen Säulen der
Herculesbasilica (auf dem grossen Platz in Ravenna) vorkommen; die
Piedestale mit einer rautenförmigen Verzierung. In der Tribuna ist
noch ringsum das Gesimse mit Blätterfries erhalten, das keine grössere
römische Kirche mehr in echter Gestalt aufweist. (Die zwei Seiten-
tribunen scheinen neuer.) Die Details im Schiffe beträchtlich moder-
nisirt; der sichtbare Dachstuhl noch aus dem frühern Mittelalter.
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Von den übrigen Basiliken sind mehr oder weniger erhalten:
S. Agata (417), mit Einer Tribuna, schon sehr byzantinischen
Capitälen, einer durch einen Bogen vom Schiff getrennten innern Vor-
halle, äusserm Vorbau und rundem Thurm.
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S. Giovanni Evangelista (425), bedeutend erneuert, zumal
der Hinterbau; die Capitäle hier vielleicht von einem ältern Gebäude,
gut korinthisch; eine Crypta (ursprünglich?).
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S. Francesco (um 450), mit drei Tribunen, die Capitäle modern.
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Am Dom hat der Umbau des vorigen Jahrhunderts (in tüchtigem
Barockstyl) die ehemalige fünfschiffige Basilica gänzlich zerstört, den
alten isolirten Rundthurm aber verschont.
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S. Maria maggiore, sehr verbaut, mit rundem isolirtem Thurm.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/107>, abgerufen am 30.11.2024.
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