und den folgenden Jahrhunderten stammen, wovon unten), und die Wände der Seitenschiffe wenigstens unten einen Überzug mit kostbaren Stein- arten aus den Ruinen des alten Roms. Die baulichen Details mussten neben der starken Farbenwirkung dieses Schmuckes, namentlich auch des Goldgrundes, Wirkung und Werth verlieren und sich bald auf das Allernöthigste beschränken. Die Capitäle wurden, wo man keine antiken vorräthig hatte, bisweilen aus orientalischen Bauhütten bezo- gen; namentlich in Ravenna wird man oft einem sonderbar umgestal- teten korinthischen Capitäl mit kraftlosem aber zierlich geripptem und ausgezacktem Blattwerk begegnen, dessen Stoff -- proconnesischer Marmor von der Propontis -- seine Herkunft verräth. (V. und VI. Jahrhundert.) Hart daneben tritt aber auch ein schon ganz lebloses, muldenförmiges Capitäl auf, in welches kalligraphische Zierrathen bloss flach eingemeisselt sind, und welches sich unter dem oben bezeich- neten trapezförmigen Aufsatz besonders roh ausnimmt. (Jetzt in man- chen Basiliken neue Capitäle und Gesimse von Stucco über den alten.)
Die grosse perspectivische Wirkung des Ganzen war nicht zu jeder Zeit, sondern nur in besonders feierlichen Augenblicken zu ge- niessen, indem eine unglaubliche Masse von Vorhängen die einzelnen Räume von einander abschloss. Dieselben begannen schon mit der akleinen äussern Vorhalle (an derjenigen von S. Clemente und anderswo sind noch einige Ringe an der eisernen Stange sichtbar), umzogen dann den ganzen vierseitigen Porticus, theilten das Hauptschiff zwei bis drei- mal in die Quere, gingen an den Colonnaden von Säule zu Säule und machten vollends den Altarraum zu einem unsichtbaren Allerheiligsten. Am Tabernakel mancher Altäre sind überdies noch besondere Stangen und Ringe von den ehemaligen Vorhängen zu bemerken, welche alle vier Seiten des Altares zu verhüllen bestimmt waren. Die Querbal- ken und Stangen, welche dieses oft kostbar gestickte Tuchwerk trugen, scheinen laut den Nachrichten mit Heiligenbildern geschmückt gewesen zu sein; ausserdem dienten sie wohl auch dem Bau selber als Veran- kerungen oder Schlaudern.
Von den einzelnen Ziergegenständen, den Thronen, Lesepulten, Predigtkanzeln, Osterkerzensäulen u. s. w. ist das Meiste erst seit dem XI. Jahrhundert gearbeitet (siehe unten). Wir müssen hier nur zwei Dinge erwähnen, welche ihre bleibende Gestalt schon in altchristlicher
Christliche Architektur. Basiliken.
und den folgenden Jahrhunderten stammen, wovon unten), und die Wände der Seitenschiffe wenigstens unten einen Überzug mit kostbaren Stein- arten aus den Ruinen des alten Roms. Die baulichen Details mussten neben der starken Farbenwirkung dieses Schmuckes, namentlich auch des Goldgrundes, Wirkung und Werth verlieren und sich bald auf das Allernöthigste beschränken. Die Capitäle wurden, wo man keine antiken vorräthig hatte, bisweilen aus orientalischen Bauhütten bezo- gen; namentlich in Ravenna wird man oft einem sonderbar umgestal- teten korinthischen Capitäl mit kraftlosem aber zierlich geripptem und ausgezacktem Blattwerk begegnen, dessen Stoff — proconnesischer Marmor von der Propontis — seine Herkunft verräth. (V. und VI. Jahrhundert.) Hart daneben tritt aber auch ein schon ganz lebloses, muldenförmiges Capitäl auf, in welches kalligraphische Zierrathen bloss flach eingemeisselt sind, und welches sich unter dem oben bezeich- neten trapezförmigen Aufsatz besonders roh ausnimmt. (Jetzt in man- chen Basiliken neue Capitäle und Gesimse von Stucco über den alten.)
Die grosse perspectivische Wirkung des Ganzen war nicht zu jeder Zeit, sondern nur in besonders feierlichen Augenblicken zu ge- niessen, indem eine unglaubliche Masse von Vorhängen die einzelnen Räume von einander abschloss. Dieselben begannen schon mit der akleinen äussern Vorhalle (an derjenigen von S. Clemente und anderswo sind noch einige Ringe an der eisernen Stange sichtbar), umzogen dann den ganzen vierseitigen Porticus, theilten das Hauptschiff zwei bis drei- mal in die Quere, gingen an den Colonnaden von Säule zu Säule und machten vollends den Altarraum zu einem unsichtbaren Allerheiligsten. Am Tabernakel mancher Altäre sind überdies noch besondere Stangen und Ringe von den ehemaligen Vorhängen zu bemerken, welche alle vier Seiten des Altares zu verhüllen bestimmt waren. Die Querbal- ken und Stangen, welche dieses oft kostbar gestickte Tuchwerk trugen, scheinen laut den Nachrichten mit Heiligenbildern geschmückt gewesen zu sein; ausserdem dienten sie wohl auch dem Bau selber als Veran- kerungen oder Schlaudern.
Von den einzelnen Ziergegenständen, den Thronen, Lesepulten, Predigtkanzeln, Osterkerzensäulen u. s. w. ist das Meiste erst seit dem XI. Jahrhundert gearbeitet (siehe unten). Wir müssen hier nur zwei Dinge erwähnen, welche ihre bleibende Gestalt schon in altchristlicher
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0100"n="78"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Christliche Architektur. Basiliken.</hi></fw><lb/>
und den folgenden Jahrhunderten stammen, wovon unten), und die Wände<lb/>
der Seitenschiffe wenigstens unten einen Überzug mit kostbaren Stein-<lb/>
arten aus den Ruinen des alten Roms. Die baulichen Details mussten<lb/>
neben der starken Farbenwirkung dieses Schmuckes, namentlich auch<lb/>
des Goldgrundes, Wirkung und Werth verlieren und sich bald auf<lb/>
das Allernöthigste beschränken. Die Capitäle wurden, wo man keine<lb/>
antiken vorräthig hatte, bisweilen aus orientalischen Bauhütten bezo-<lb/>
gen; namentlich in Ravenna wird man oft einem sonderbar umgestal-<lb/>
teten korinthischen Capitäl mit kraftlosem aber zierlich geripptem und<lb/>
ausgezacktem Blattwerk begegnen, dessen Stoff — proconnesischer<lb/>
Marmor von der Propontis — seine Herkunft verräth. (V. und VI.<lb/>
Jahrhundert.) Hart daneben tritt aber auch ein schon ganz lebloses,<lb/>
muldenförmiges Capitäl auf, in welches kalligraphische Zierrathen bloss<lb/>
flach eingemeisselt sind, und welches sich unter dem oben bezeich-<lb/>
neten trapezförmigen Aufsatz besonders roh ausnimmt. (Jetzt in man-<lb/>
chen Basiliken neue Capitäle und Gesimse von Stucco über den alten.)</p><lb/><p>Die grosse perspectivische Wirkung des Ganzen war nicht zu<lb/>
jeder Zeit, sondern nur in besonders feierlichen Augenblicken zu ge-<lb/>
niessen, indem eine unglaubliche Masse von Vorhängen die einzelnen<lb/>
Räume von einander abschloss. Dieselben begannen schon mit der<lb/><noteplace="left">a</note>kleinen äussern Vorhalle (an derjenigen von S. Clemente und anderswo<lb/>
sind noch einige Ringe an der eisernen Stange sichtbar), umzogen dann<lb/>
den ganzen vierseitigen Porticus, theilten das Hauptschiff zwei bis drei-<lb/>
mal in die Quere, gingen an den Colonnaden von Säule zu Säule und<lb/>
machten vollends den Altarraum zu einem unsichtbaren Allerheiligsten.<lb/>
Am Tabernakel mancher Altäre sind überdies noch besondere Stangen<lb/>
und Ringe von den ehemaligen Vorhängen zu bemerken, welche alle<lb/>
vier Seiten des Altares zu verhüllen bestimmt waren. Die Querbal-<lb/>
ken und Stangen, welche dieses oft kostbar gestickte Tuchwerk trugen,<lb/>
scheinen laut den Nachrichten mit Heiligenbildern geschmückt gewesen<lb/>
zu sein; ausserdem dienten sie wohl auch dem Bau selber als Veran-<lb/>
kerungen oder Schlaudern.</p><lb/><p>Von den einzelnen Ziergegenständen, den Thronen, Lesepulten,<lb/>
Predigtkanzeln, Osterkerzensäulen u. s. w. ist das Meiste erst seit dem<lb/>
XI. Jahrhundert gearbeitet (siehe unten). Wir müssen hier nur zwei<lb/>
Dinge erwähnen, welche ihre bleibende Gestalt schon in altchristlicher<lb/></p></div></body></text></TEI>
[78/0100]
Christliche Architektur. Basiliken.
und den folgenden Jahrhunderten stammen, wovon unten), und die Wände
der Seitenschiffe wenigstens unten einen Überzug mit kostbaren Stein-
arten aus den Ruinen des alten Roms. Die baulichen Details mussten
neben der starken Farbenwirkung dieses Schmuckes, namentlich auch
des Goldgrundes, Wirkung und Werth verlieren und sich bald auf
das Allernöthigste beschränken. Die Capitäle wurden, wo man keine
antiken vorräthig hatte, bisweilen aus orientalischen Bauhütten bezo-
gen; namentlich in Ravenna wird man oft einem sonderbar umgestal-
teten korinthischen Capitäl mit kraftlosem aber zierlich geripptem und
ausgezacktem Blattwerk begegnen, dessen Stoff — proconnesischer
Marmor von der Propontis — seine Herkunft verräth. (V. und VI.
Jahrhundert.) Hart daneben tritt aber auch ein schon ganz lebloses,
muldenförmiges Capitäl auf, in welches kalligraphische Zierrathen bloss
flach eingemeisselt sind, und welches sich unter dem oben bezeich-
neten trapezförmigen Aufsatz besonders roh ausnimmt. (Jetzt in man-
chen Basiliken neue Capitäle und Gesimse von Stucco über den alten.)
Die grosse perspectivische Wirkung des Ganzen war nicht zu
jeder Zeit, sondern nur in besonders feierlichen Augenblicken zu ge-
niessen, indem eine unglaubliche Masse von Vorhängen die einzelnen
Räume von einander abschloss. Dieselben begannen schon mit der
kleinen äussern Vorhalle (an derjenigen von S. Clemente und anderswo
sind noch einige Ringe an der eisernen Stange sichtbar), umzogen dann
den ganzen vierseitigen Porticus, theilten das Hauptschiff zwei bis drei-
mal in die Quere, gingen an den Colonnaden von Säule zu Säule und
machten vollends den Altarraum zu einem unsichtbaren Allerheiligsten.
Am Tabernakel mancher Altäre sind überdies noch besondere Stangen
und Ringe von den ehemaligen Vorhängen zu bemerken, welche alle
vier Seiten des Altares zu verhüllen bestimmt waren. Die Querbal-
ken und Stangen, welche dieses oft kostbar gestickte Tuchwerk trugen,
scheinen laut den Nachrichten mit Heiligenbildern geschmückt gewesen
zu sein; ausserdem dienten sie wohl auch dem Bau selber als Veran-
kerungen oder Schlaudern.
a
Von den einzelnen Ziergegenständen, den Thronen, Lesepulten,
Predigtkanzeln, Osterkerzensäulen u. s. w. ist das Meiste erst seit dem
XI. Jahrhundert gearbeitet (siehe unten). Wir müssen hier nur zwei
Dinge erwähnen, welche ihre bleibende Gestalt schon in altchristlicher
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/100>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.