Bunge, Gustav von: Der Vegetarianismus. Berlin, 1885.Die Vegetarianerfrage hat noch eine ethische ln diesen Motiven scheint mir doch etwas Krank- Die Vegetarianerfrage hat noch eine ethische ln diesen Motiven scheint mir doch etwas Krank- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0041" n="40"/><lb/> <p> Die Vegetarianerfrage hat noch eine ethische<lb/> Seite. Viele Vegetarianer sind gar nicht Anhänger<lb/> dieser Lehre aus diätetischen Gründen: sie vermei-<lb/> den das Fleisch, weil sie das Todten der<lb/> Thicre für sündhaft halten.<lb/></p> <p> ln diesen Motiven scheint mir doch etwas Krank-<lb/> haftes zu liegen. — Ich möchte in dieser Hinsicht<lb/> nicht missverstanden werden: ich theile vollkommen<lb/> die Ansicht, dass das Mitleid mit den Thieren ge-<lb/> pflegt. werden soll, dass das Mitleid mit den Men-<lb/> schen darunter leiden muss, wenn das Mitgefühl mit<lb/> anderen fühlenden Wesen abstumpft. Ich unterschätze<lb/> keineswegs die segensreichen Folgen und die Trag-<lb/> weite der Thierschutzvereine. Und vollends das pä-<lb/> dagogische Streben, in dem empfänglichen Gemüthe<lb/> des Kindes ein inniges Mitgefühl mit allen fühlenden<lb/> Wesen zu wecken, zu nähren, zu pflegen — wer<lb/> wollte den hohen Werth dieses Strebens leugnen!<lb/> Nur, wo das Mitleid mit den Thieren soweit geht,<lb/> dass der Mensch den Thieren geopfert werden soll,<lb/> rede ich von einer krankhaften Sentimentalität. Ich<lb/> bin dazu berechtigt auch den Vegetarianern gegenüber,<lb/> solange der Nachweis nicht geführt ist, dass das<lb/> Fleisch dem Menschen wirklich nichts nützt. Es ist<lb/> dieselbe krankhafte Richtung, welche uns in der<lb/> Agitation gegen die Vivisectionen entgegentritt. —<lb/> In der That sind viele Vegetarianer zugleich Eiferer<lb/> gegen die Vivisection. — Da wird mit serupulöser<lb/> Aengstlichkeit darüber philosophirt, ob wir das Recht<lb/> haben, ein Thier zu quälen. Thatsächlich aber<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [40/0041]
Die Vegetarianerfrage hat noch eine ethische
Seite. Viele Vegetarianer sind gar nicht Anhänger
dieser Lehre aus diätetischen Gründen: sie vermei-
den das Fleisch, weil sie das Todten der
Thicre für sündhaft halten.
ln diesen Motiven scheint mir doch etwas Krank-
haftes zu liegen. — Ich möchte in dieser Hinsicht
nicht missverstanden werden: ich theile vollkommen
die Ansicht, dass das Mitleid mit den Thieren ge-
pflegt. werden soll, dass das Mitleid mit den Men-
schen darunter leiden muss, wenn das Mitgefühl mit
anderen fühlenden Wesen abstumpft. Ich unterschätze
keineswegs die segensreichen Folgen und die Trag-
weite der Thierschutzvereine. Und vollends das pä-
dagogische Streben, in dem empfänglichen Gemüthe
des Kindes ein inniges Mitgefühl mit allen fühlenden
Wesen zu wecken, zu nähren, zu pflegen — wer
wollte den hohen Werth dieses Strebens leugnen!
Nur, wo das Mitleid mit den Thieren soweit geht,
dass der Mensch den Thieren geopfert werden soll,
rede ich von einer krankhaften Sentimentalität. Ich
bin dazu berechtigt auch den Vegetarianern gegenüber,
solange der Nachweis nicht geführt ist, dass das
Fleisch dem Menschen wirklich nichts nützt. Es ist
dieselbe krankhafte Richtung, welche uns in der
Agitation gegen die Vivisectionen entgegentritt. —
In der That sind viele Vegetarianer zugleich Eiferer
gegen die Vivisection. — Da wird mit serupulöser
Aengstlichkeit darüber philosophirt, ob wir das Recht
haben, ein Thier zu quälen. Thatsächlich aber
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