Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bunge, Gustav von: Der Vegetarianismus. Berlin, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite


körperlich und geistig anhaltend und angestrengt
thätig sind.

Sollte bei diesen Versuchen durch objective
Beobachtung constatirt werden, dass die Versuchs-
personen in den Jahren mit rein vegetabilischer Kost
im Durchschnitt besser gedeihen und leistungsfähiger
sind als in den Jahren mit gemischter Kost, so hätten
die Vegetarianer Recht. Sollte aber das Gcgentheil
sich heraussteilen, dann bliebe die Frage noch offen.
Dann bliebe immer noch der Einwand offen, dass
ein Jahr eine zu kurze Zeit sei, dass die Anpassung an
die rein vegetabilische Nahrung nur sehr langsam
vor sich gehen könne. Dann müsste die Versuchs-
periode verlängert werden. Ja, man könnte schliess-
lich einwenden, auch ein Menschenleben sei nicht
hinreichend, erst durch Generationen könne die An-
passung an die neue und doch ursprüngliche Er-
nährungsweise vor sich gehen. -- Dann müssten wir
auf eine experimentelle Lösung der Frage verzichten;
es bliebe nur noch die statistische Methode.

Dass es Menschen giebt, die bei ausschliesslich
vegetabilischer Nahrung jahrelang exsistiren können,
haben allerdings einige Vegetarianer bewiesen. Sie
haben aber nicht bewiesen, dass sie dabei in irgend
einer Hinsicht besser gedeihen, als ceteris paribus
bei gemischter Kost. Es muss ausserdem hervorge-

muss unbedingt zugegeben werden, dass durch allmähliche
Anpassung und Gewöhnung die Fähigkeit, Vegetabiiien zu
verdauen, gestärkt werden kann.


körperlich und geistig anhaltend und angestrengt
thätig sind.

Sollte bei diesen Versuchen durch objective
Beobachtung constatirt werden, dass die Versuchs-
personen in den Jahren mit rein vegetabilischer Kost
im Durchschnitt besser gedeihen und leistungsfähiger
sind als in den Jahren mit gemischter Kost, so hätten
die Vegetarianer Recht. Sollte aber das Gcgentheil
sich heraussteilen, dann bliebe die Frage noch offen.
Dann bliebe immer noch der Einwand offen, dass
ein Jahr eine zu kurze Zeit sei, dass die Anpassung an
die rein vegetabilische Nahrung nur sehr langsam
vor sich gehen könne. Dann müsste die Versuchs-
periode verlängert werden. Ja, man könnte schliess-
lich einwenden, auch ein Menschenleben sei nicht
hinreichend, erst durch Generationen könne die An-
passung an die neue und doch ursprüngliche Er-
nährungsweise vor sich gehen. — Dann müssten wir
auf eine experimentelle Lösung der Frage verzichten;
es bliebe nur noch die statistische Methode.

Dass es Menschen giebt, die bei ausschliesslich
vegetabilischer Nahrung jahrelang exsistiren können,
haben allerdings einige Vegetarianer bewiesen. Sie
haben aber nicht bewiesen, dass sie dabei in irgend
einer Hinsicht besser gedeihen, als ceteris paribus
bei gemischter Kost. Es muss ausserdem hervorge-

muss unbedingt zugegeben werden, dass durch allmähliche
Anpassung und Gewöhnung die Fähigkeit, Vegetabiiien zu
verdauen, gestärkt werden kann.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0022" n="21"/><lb/>
körperlich und geistig anhaltend und angestrengt<lb/>
thätig sind.<lb/></p>
        <p> Sollte bei diesen Versuchen durch objective<lb/>
Beobachtung constatirt werden, dass die Versuchs-<lb/>
personen in den Jahren mit rein vegetabilischer Kost<lb/>
im Durchschnitt besser gedeihen und leistungsfähiger<lb/>
sind als in den Jahren mit gemischter Kost, so hätten<lb/>
die Vegetarianer Recht. Sollte aber das Gcgentheil<lb/>
sich heraussteilen, dann bliebe die Frage noch offen.<lb/>
Dann bliebe immer noch der Einwand offen, dass<lb/>
ein Jahr eine zu kurze Zeit sei, dass die Anpassung an<lb/>
die rein vegetabilische Nahrung nur sehr langsam<lb/>
vor sich gehen könne. Dann müsste die Versuchs-<lb/>
periode verlängert werden. Ja, man könnte schliess-<lb/>
lich einwenden, auch ein Menschenleben sei nicht<lb/>
hinreichend, erst durch Generationen könne die An-<lb/>
passung an die neue und doch ursprüngliche Er-<lb/>
nährungsweise vor sich gehen. &#x2014; Dann müssten wir<lb/>
auf eine experimentelle Lösung der Frage verzichten;<lb/>
es bliebe nur noch die statistische Methode.<lb/></p>
        <p> Dass es Menschen giebt, die bei ausschliesslich<lb/>
vegetabilischer Nahrung jahrelang exsistiren können,<lb/>
haben allerdings einige Vegetarianer bewiesen. Sie<lb/>
haben aber nicht bewiesen, dass sie dabei in irgend<lb/>
einer Hinsicht besser gedeihen, als ceteris paribus<lb/>
bei gemischter Kost. Es muss ausserdem hervorge-<lb/><note xml:id="fn11_1" prev="#fn11" place="foot" n="1)"> muss unbedingt zugegeben werden, dass durch allmähliche<lb/>
Anpassung und Gewöhnung die Fähigkeit, Vegetabiiien zu<lb/>
verdauen, gestärkt werden kann.</note>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0022] körperlich und geistig anhaltend und angestrengt thätig sind. Sollte bei diesen Versuchen durch objective Beobachtung constatirt werden, dass die Versuchs- personen in den Jahren mit rein vegetabilischer Kost im Durchschnitt besser gedeihen und leistungsfähiger sind als in den Jahren mit gemischter Kost, so hätten die Vegetarianer Recht. Sollte aber das Gcgentheil sich heraussteilen, dann bliebe die Frage noch offen. Dann bliebe immer noch der Einwand offen, dass ein Jahr eine zu kurze Zeit sei, dass die Anpassung an die rein vegetabilische Nahrung nur sehr langsam vor sich gehen könne. Dann müsste die Versuchs- periode verlängert werden. Ja, man könnte schliess- lich einwenden, auch ein Menschenleben sei nicht hinreichend, erst durch Generationen könne die An- passung an die neue und doch ursprüngliche Er- nährungsweise vor sich gehen. — Dann müssten wir auf eine experimentelle Lösung der Frage verzichten; es bliebe nur noch die statistische Methode. Dass es Menschen giebt, die bei ausschliesslich vegetabilischer Nahrung jahrelang exsistiren können, haben allerdings einige Vegetarianer bewiesen. Sie haben aber nicht bewiesen, dass sie dabei in irgend einer Hinsicht besser gedeihen, als ceteris paribus bei gemischter Kost. Es muss ausserdem hervorge- 1) 1) muss unbedingt zugegeben werden, dass durch allmähliche Anpassung und Gewöhnung die Fähigkeit, Vegetabiiien zu verdauen, gestärkt werden kann.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bunge_vegetarianismus_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bunge_vegetarianismus_1885/22
Zitationshilfe: Bunge, Gustav von: Der Vegetarianismus. Berlin, 1885, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bunge_vegetarianismus_1885/22>, abgerufen am 11.12.2024.