Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
C. 9. Anmerk. über Handlungsrechte.

2) diese Usanzen größtenteils unter den Kaufleu-
ten selbst nicht hinlänglich bestättigt sind und zu viel
Gelegenheiten zum Widerspruch darüber entstehen.
Wenn Kaufleute in Streitigkeit mit einander gerah-
ten, so sucht ein jeder zur Bestättigung seines Rechts
ein Gutachten oder ein sogenanntes Parere von
andern erfahrnen Kaufleuteu, welche wenig anders
sagen, als daß der Requirent, unter der Voraussezung
seines angegebenen Facti, nach Handlungs-Usanz
Recht habe. Ein solches Parere bekömmt gewöhn-
lich ein jeder, der es verlangt, in einer nicht auffallend
ungerechten Sache. Denn er sucht sich seine Freunde
dazu aus. Es entstehen also sehr oft gegenseitige
Gutachten, deren eines das umstößt, was das andre
zur Handlungs-Usanz machen will. Richtiger geht
es, wenn ein Streit-Handel unter Kaufleuten an so-
genannte gute Männer gebracht wird, und diese
sich zulezt für Eine Entscheidung nach Handlungs-
Usanz vereinigen. Aber auch in solchen Fällen ge-
schieht es oft, daß, wenn beide gute Männer ver-
eint sprechen, dennoch der eine Teil noch zu Gerichte
geht. Diesem vorzubeugen, haben in Hamburg meh-
rere Kaufleute von befestigtem guten Rufe der Ein-
sicht und Rechtschaffenheit es zur Regel gemacht, daß
sie kein Gutachten als gute Männer geben, wenn
nicht die dasselbe suchenden Parteien sich vorher schrift-
lich verpflichten, sich an kein Gericht weiter zu wen-

C. 9. Anmerk. uͤber Handlungsrechte.

2) dieſe Uſanzen groͤßtenteils unter den Kaufleu-
ten ſelbſt nicht hinlaͤnglich beſtaͤttigt ſind und zu viel
Gelegenheiten zum Widerſpruch daruͤber entſtehen.
Wenn Kaufleute in Streitigkeit mit einander gerah-
ten, ſo ſucht ein jeder zur Beſtaͤttigung ſeines Rechts
ein Gutachten oder ein ſogenanntes Parere von
andern erfahrnen Kaufleuteu, welche wenig anders
ſagen, als daß der Requirent, unter der Vorausſezung
ſeines angegebenen Facti, nach Handlungs-Uſanz
Recht habe. Ein ſolches Parere bekoͤmmt gewoͤhn-
lich ein jeder, der es verlangt, in einer nicht auffallend
ungerechten Sache. Denn er ſucht ſich ſeine Freunde
dazu aus. Es entſtehen alſo ſehr oft gegenſeitige
Gutachten, deren eines das umſtoͤßt, was das andre
zur Handlungs-Uſanz machen will. Richtiger geht
es, wenn ein Streit-Handel unter Kaufleuten an ſo-
genannte gute Maͤnner gebracht wird, und dieſe
ſich zulezt fuͤr Eine Entſcheidung nach Handlungs-
Uſanz vereinigen. Aber auch in ſolchen Faͤllen ge-
ſchieht es oft, daß, wenn beide gute Maͤnner ver-
eint ſprechen, dennoch der eine Teil noch zu Gerichte
geht. Dieſem vorzubeugen, haben in Hamburg meh-
rere Kaufleute von befeſtigtem guten Rufe der Ein-
ſicht und Rechtſchaffenheit es zur Regel gemacht, daß
ſie kein Gutachten als gute Maͤnner geben, wenn
nicht die daſſelbe ſuchenden Parteien ſich vorher ſchrift-
lich verpflichten, ſich an kein Gericht weiter zu wen-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0371" n="363"/>
                <fw place="top" type="header">C. 9. Anmerk. u&#x0364;ber Handlungsrechte.</fw><lb/>
                <p>2) die&#x017F;e U&#x017F;anzen gro&#x0364;ßtenteils unter den Kaufleu-<lb/>
ten &#x017F;elb&#x017F;t nicht hinla&#x0364;nglich be&#x017F;ta&#x0364;ttigt &#x017F;ind und zu viel<lb/>
Gelegenheiten zum Wider&#x017F;pruch daru&#x0364;ber ent&#x017F;tehen.<lb/>
Wenn Kaufleute in Streitigkeit mit einander gerah-<lb/>
ten, &#x017F;o &#x017F;ucht ein jeder zur Be&#x017F;ta&#x0364;ttigung &#x017F;eines Rechts<lb/>
ein Gutachten oder ein &#x017F;ogenanntes <hi rendition="#g">Parere</hi> von<lb/>
andern erfahrnen Kaufleuteu, welche wenig anders<lb/>
&#x017F;agen, als daß der Requirent, unter der Voraus&#x017F;ezung<lb/>
&#x017F;eines angegebenen <hi rendition="#aq">Facti,</hi> nach Handlungs-U&#x017F;anz<lb/>
Recht habe. Ein &#x017F;olches Parere beko&#x0364;mmt gewo&#x0364;hn-<lb/>
lich ein jeder, der es verlangt, in einer nicht auffallend<lb/>
ungerechten Sache. Denn er &#x017F;ucht &#x017F;ich &#x017F;eine Freunde<lb/>
dazu aus. Es ent&#x017F;tehen al&#x017F;o &#x017F;ehr oft gegen&#x017F;eitige<lb/>
Gutachten, deren eines das um&#x017F;to&#x0364;ßt, was das andre<lb/>
zur Handlungs-U&#x017F;anz machen will. Richtiger geht<lb/>
es, wenn ein Streit-Handel unter Kaufleuten an &#x017F;o-<lb/>
genannte <hi rendition="#g">gute Ma&#x0364;nner</hi> gebracht wird, und die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ich zulezt fu&#x0364;r Eine Ent&#x017F;cheidung nach Handlungs-<lb/>
U&#x017F;anz vereinigen. Aber auch in &#x017F;olchen Fa&#x0364;llen ge-<lb/>
&#x017F;chieht es oft, daß, wenn beide gute Ma&#x0364;nner ver-<lb/>
eint &#x017F;prechen, dennoch der eine Teil noch zu Gerichte<lb/>
geht. Die&#x017F;em vorzubeugen, haben in Hamburg meh-<lb/>
rere Kaufleute von befe&#x017F;tigtem guten Rufe der Ein-<lb/>
&#x017F;icht und Recht&#x017F;chaffenheit es zur Regel gemacht, daß<lb/>
&#x017F;ie kein Gutachten als <hi rendition="#g">gute Ma&#x0364;nner</hi> geben, wenn<lb/>
nicht die da&#x017F;&#x017F;elbe &#x017F;uchenden Parteien &#x017F;ich vorher &#x017F;chrift-<lb/>
lich verpflichten, &#x017F;ich an kein Gericht weiter zu wen-<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[363/0371] C. 9. Anmerk. uͤber Handlungsrechte. 2) dieſe Uſanzen groͤßtenteils unter den Kaufleu- ten ſelbſt nicht hinlaͤnglich beſtaͤttigt ſind und zu viel Gelegenheiten zum Widerſpruch daruͤber entſtehen. Wenn Kaufleute in Streitigkeit mit einander gerah- ten, ſo ſucht ein jeder zur Beſtaͤttigung ſeines Rechts ein Gutachten oder ein ſogenanntes Parere von andern erfahrnen Kaufleuteu, welche wenig anders ſagen, als daß der Requirent, unter der Vorausſezung ſeines angegebenen Facti, nach Handlungs-Uſanz Recht habe. Ein ſolches Parere bekoͤmmt gewoͤhn- lich ein jeder, der es verlangt, in einer nicht auffallend ungerechten Sache. Denn er ſucht ſich ſeine Freunde dazu aus. Es entſtehen alſo ſehr oft gegenſeitige Gutachten, deren eines das umſtoͤßt, was das andre zur Handlungs-Uſanz machen will. Richtiger geht es, wenn ein Streit-Handel unter Kaufleuten an ſo- genannte gute Maͤnner gebracht wird, und dieſe ſich zulezt fuͤr Eine Entſcheidung nach Handlungs- Uſanz vereinigen. Aber auch in ſolchen Faͤllen ge- ſchieht es oft, daß, wenn beide gute Maͤnner ver- eint ſprechen, dennoch der eine Teil noch zu Gerichte geht. Dieſem vorzubeugen, haben in Hamburg meh- rere Kaufleute von befeſtigtem guten Rufe der Ein- ſicht und Rechtſchaffenheit es zur Regel gemacht, daß ſie kein Gutachten als gute Maͤnner geben, wenn nicht die daſſelbe ſuchenden Parteien ſich vorher ſchrift- lich verpflichten, ſich an kein Gericht weiter zu wen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/371
Zitationshilfe: Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/371>, abgerufen am 28.11.2024.