2) diese Usanzen größtenteils unter den Kaufleu- ten selbst nicht hinlänglich bestättigt sind und zu viel Gelegenheiten zum Widerspruch darüber entstehen. Wenn Kaufleute in Streitigkeit mit einander gerah- ten, so sucht ein jeder zur Bestättigung seines Rechts ein Gutachten oder ein sogenanntes Parere von andern erfahrnen Kaufleuteu, welche wenig anders sagen, als daß der Requirent, unter der Voraussezung seines angegebenen Facti, nach Handlungs-Usanz Recht habe. Ein solches Parere bekömmt gewöhn- lich ein jeder, der es verlangt, in einer nicht auffallend ungerechten Sache. Denn er sucht sich seine Freunde dazu aus. Es entstehen also sehr oft gegenseitige Gutachten, deren eines das umstößt, was das andre zur Handlungs-Usanz machen will. Richtiger geht es, wenn ein Streit-Handel unter Kaufleuten an so- genannte gute Männer gebracht wird, und diese sich zulezt für Eine Entscheidung nach Handlungs- Usanz vereinigen. Aber auch in solchen Fällen ge- schieht es oft, daß, wenn beide gute Männer ver- eint sprechen, dennoch der eine Teil noch zu Gerichte geht. Diesem vorzubeugen, haben in Hamburg meh- rere Kaufleute von befestigtem guten Rufe der Ein- sicht und Rechtschaffenheit es zur Regel gemacht, daß sie kein Gutachten als gute Männer geben, wenn nicht die dasselbe suchenden Parteien sich vorher schrift- lich verpflichten, sich an kein Gericht weiter zu wen-
C. 9. Anmerk. uͤber Handlungsrechte.
2) dieſe Uſanzen groͤßtenteils unter den Kaufleu- ten ſelbſt nicht hinlaͤnglich beſtaͤttigt ſind und zu viel Gelegenheiten zum Widerſpruch daruͤber entſtehen. Wenn Kaufleute in Streitigkeit mit einander gerah- ten, ſo ſucht ein jeder zur Beſtaͤttigung ſeines Rechts ein Gutachten oder ein ſogenanntes Parere von andern erfahrnen Kaufleuteu, welche wenig anders ſagen, als daß der Requirent, unter der Vorausſezung ſeines angegebenen Facti, nach Handlungs-Uſanz Recht habe. Ein ſolches Parere bekoͤmmt gewoͤhn- lich ein jeder, der es verlangt, in einer nicht auffallend ungerechten Sache. Denn er ſucht ſich ſeine Freunde dazu aus. Es entſtehen alſo ſehr oft gegenſeitige Gutachten, deren eines das umſtoͤßt, was das andre zur Handlungs-Uſanz machen will. Richtiger geht es, wenn ein Streit-Handel unter Kaufleuten an ſo- genannte gute Maͤnner gebracht wird, und dieſe ſich zulezt fuͤr Eine Entſcheidung nach Handlungs- Uſanz vereinigen. Aber auch in ſolchen Faͤllen ge- ſchieht es oft, daß, wenn beide gute Maͤnner ver- eint ſprechen, dennoch der eine Teil noch zu Gerichte geht. Dieſem vorzubeugen, haben in Hamburg meh- rere Kaufleute von befeſtigtem guten Rufe der Ein- ſicht und Rechtſchaffenheit es zur Regel gemacht, daß ſie kein Gutachten als gute Maͤnner geben, wenn nicht die daſſelbe ſuchenden Parteien ſich vorher ſchrift- lich verpflichten, ſich an kein Gericht weiter zu wen-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><pbfacs="#f0371"n="363"/><fwplace="top"type="header">C. 9. Anmerk. uͤber Handlungsrechte.</fw><lb/><p>2) dieſe Uſanzen groͤßtenteils unter den Kaufleu-<lb/>
ten ſelbſt nicht hinlaͤnglich beſtaͤttigt ſind und zu viel<lb/>
Gelegenheiten zum Widerſpruch daruͤber entſtehen.<lb/>
Wenn Kaufleute in Streitigkeit mit einander gerah-<lb/>
ten, ſo ſucht ein jeder zur Beſtaͤttigung ſeines Rechts<lb/>
ein Gutachten oder ein ſogenanntes <hirendition="#g">Parere</hi> von<lb/>
andern erfahrnen Kaufleuteu, welche wenig anders<lb/>ſagen, als daß der Requirent, unter der Vorausſezung<lb/>ſeines angegebenen <hirendition="#aq">Facti,</hi> nach Handlungs-Uſanz<lb/>
Recht habe. Ein ſolches Parere bekoͤmmt gewoͤhn-<lb/>
lich ein jeder, der es verlangt, in einer nicht auffallend<lb/>
ungerechten Sache. Denn er ſucht ſich ſeine Freunde<lb/>
dazu aus. Es entſtehen alſo ſehr oft gegenſeitige<lb/>
Gutachten, deren eines das umſtoͤßt, was das andre<lb/>
zur Handlungs-Uſanz machen will. Richtiger geht<lb/>
es, wenn ein Streit-Handel unter Kaufleuten an ſo-<lb/>
genannte <hirendition="#g">gute Maͤnner</hi> gebracht wird, und dieſe<lb/>ſich zulezt fuͤr Eine Entſcheidung nach Handlungs-<lb/>
Uſanz vereinigen. Aber auch in ſolchen Faͤllen ge-<lb/>ſchieht es oft, daß, wenn beide gute Maͤnner ver-<lb/>
eint ſprechen, dennoch der eine Teil noch zu Gerichte<lb/>
geht. Dieſem vorzubeugen, haben in Hamburg meh-<lb/>
rere Kaufleute von befeſtigtem guten Rufe der Ein-<lb/>ſicht und Rechtſchaffenheit es zur Regel gemacht, daß<lb/>ſie kein Gutachten als <hirendition="#g">gute Maͤnner</hi> geben, wenn<lb/>
nicht die daſſelbe ſuchenden Parteien ſich vorher ſchrift-<lb/>
lich verpflichten, ſich an kein Gericht weiter zu wen-<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[363/0371]
C. 9. Anmerk. uͤber Handlungsrechte.
2) dieſe Uſanzen groͤßtenteils unter den Kaufleu-
ten ſelbſt nicht hinlaͤnglich beſtaͤttigt ſind und zu viel
Gelegenheiten zum Widerſpruch daruͤber entſtehen.
Wenn Kaufleute in Streitigkeit mit einander gerah-
ten, ſo ſucht ein jeder zur Beſtaͤttigung ſeines Rechts
ein Gutachten oder ein ſogenanntes Parere von
andern erfahrnen Kaufleuteu, welche wenig anders
ſagen, als daß der Requirent, unter der Vorausſezung
ſeines angegebenen Facti, nach Handlungs-Uſanz
Recht habe. Ein ſolches Parere bekoͤmmt gewoͤhn-
lich ein jeder, der es verlangt, in einer nicht auffallend
ungerechten Sache. Denn er ſucht ſich ſeine Freunde
dazu aus. Es entſtehen alſo ſehr oft gegenſeitige
Gutachten, deren eines das umſtoͤßt, was das andre
zur Handlungs-Uſanz machen will. Richtiger geht
es, wenn ein Streit-Handel unter Kaufleuten an ſo-
genannte gute Maͤnner gebracht wird, und dieſe
ſich zulezt fuͤr Eine Entſcheidung nach Handlungs-
Uſanz vereinigen. Aber auch in ſolchen Faͤllen ge-
ſchieht es oft, daß, wenn beide gute Maͤnner ver-
eint ſprechen, dennoch der eine Teil noch zu Gerichte
geht. Dieſem vorzubeugen, haben in Hamburg meh-
rere Kaufleute von befeſtigtem guten Rufe der Ein-
ſicht und Rechtſchaffenheit es zur Regel gemacht, daß
ſie kein Gutachten als gute Maͤnner geben, wenn
nicht die daſſelbe ſuchenden Parteien ſich vorher ſchrift-
lich verpflichten, ſich an kein Gericht weiter zu wen-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/371>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.