Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

C. 9. Anmerk. über Handlungsrechte.
des guten Glaubens erfodert, haben ihn darin gelei-
tet und eine solche Uebereinstimmung zu wege gebracht,
wie man sie sonst in menschlichen Handlungen nicht
leicht findet. In demjenigen, was man sonst Gewohn-
heitsrechte nennt, findet sich von einem Lande zum
andern solch ein Unterschied, daß der Rechtsgelehrte
grosse Bibliotheken von den Gewohnheits-Rechten
sammeln kann. Aber das, was in der Handlung zur
Gewohnheit oder Usanz geworden ist, gilt, in den ein-
fachen Fällen wenigstens, in der ganzen handelnden
Welt auf einerlei Art, und würde ein nicht starkes
Buch ausmachen, wenn es mit gehöriger Auswahl
gesammelt würde. Es ist z. B. kein Land, wo der
Kaufmann, wenn er einen wichtigen Waarenhandel
schließt, Notarien oder Zeugen herbei riefe, und es
ihm bei entstehendem Streit-Falle zum Nachteile ge-
reichte, dies nicht getahn zu haben. Ist ein Unter-
schied in dergleichen Dingen, so bestehet er allenfalls
darin, daß in einzelnen Landen der gute Glaube noch
wirksamer ist und ihm mehr eingeräumt wird, als in
andern. Man wird z. B. hier, wenn man einen
Contract über Lieferungen von Waaren schließt, doch
wenigstens etwas schriftlich darüber verfassen, zumal
wenn man Geldvorschüsse darauf tuht. Mir aber
hat ein glaubwürdiger Mann, der in Canton lange
als Ober-Kaufmann für die Holländische Companie
gestanden, versichert, daß er mit seinen Chinesischen

C. 9. Anmerk. uͤber Handlungsrechte.
des guten Glaubens erfodert, haben ihn darin gelei-
tet und eine ſolche Uebereinſtimmung zu wege gebracht,
wie man ſie ſonſt in menſchlichen Handlungen nicht
leicht findet. In demjenigen, was man ſonſt Gewohn-
heitsrechte nennt, findet ſich von einem Lande zum
andern ſolch ein Unterſchied, daß der Rechtsgelehrte
groſſe Bibliotheken von den Gewohnheits-Rechten
ſammeln kann. Aber das, was in der Handlung zur
Gewohnheit oder Uſanz geworden iſt, gilt, in den ein-
fachen Faͤllen wenigſtens, in der ganzen handelnden
Welt auf einerlei Art, und wuͤrde ein nicht ſtarkes
Buch ausmachen, wenn es mit gehoͤriger Auswahl
geſammelt wuͤrde. Es iſt z. B. kein Land, wo der
Kaufmann, wenn er einen wichtigen Waarenhandel
ſchließt, Notarien oder Zeugen herbei riefe, und es
ihm bei entſtehendem Streit-Falle zum Nachteile ge-
reichte, dies nicht getahn zu haben. Iſt ein Unter-
ſchied in dergleichen Dingen, ſo beſtehet er allenfalls
darin, daß in einzelnen Landen der gute Glaube noch
wirkſamer iſt und ihm mehr eingeraͤumt wird, als in
andern. Man wird z. B. hier, wenn man einen
Contract uͤber Lieferungen von Waaren ſchließt, doch
wenigſtens etwas ſchriftlich daruͤber verfaſſen, zumal
wenn man Geldvorſchuͤſſe darauf tuht. Mir aber
hat ein glaubwuͤrdiger Mann, der in Canton lange
als Ober-Kaufmann fuͤr die Hollaͤndiſche Companie
geſtanden, verſichert, daß er mit ſeinen Chineſiſchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0369" n="361"/><fw place="top" type="header">C. 9. Anmerk. u&#x0364;ber Handlungsrechte.</fw><lb/>
des guten Glaubens erfodert, haben ihn darin gelei-<lb/>
tet und eine &#x017F;olche Ueberein&#x017F;timmung zu wege gebracht,<lb/>
wie man &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t in men&#x017F;chlichen Handlungen nicht<lb/>
leicht findet. In demjenigen, was man &#x017F;on&#x017F;t Gewohn-<lb/>
heitsrechte nennt, findet &#x017F;ich von einem Lande zum<lb/>
andern &#x017F;olch ein Unter&#x017F;chied, daß der Rechtsgelehrte<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Bibliotheken von den Gewohnheits-Rechten<lb/>
&#x017F;ammeln kann. Aber das, was in der Handlung zur<lb/>
Gewohnheit oder U&#x017F;anz geworden i&#x017F;t, gilt, in den ein-<lb/>
fachen Fa&#x0364;llen wenig&#x017F;tens, in der ganzen handelnden<lb/>
Welt auf einerlei Art, und wu&#x0364;rde ein nicht &#x017F;tarkes<lb/>
Buch ausmachen, wenn es mit geho&#x0364;riger Auswahl<lb/>
ge&#x017F;ammelt wu&#x0364;rde. Es i&#x017F;t z. B. kein Land, wo der<lb/>
Kaufmann, wenn er einen wichtigen Waarenhandel<lb/>
&#x017F;chließt, Notarien oder Zeugen herbei riefe, und es<lb/>
ihm bei ent&#x017F;tehendem Streit-Falle zum Nachteile ge-<lb/>
reichte, dies nicht getahn zu haben. I&#x017F;t ein Unter-<lb/>
&#x017F;chied in dergleichen Dingen, &#x017F;o be&#x017F;tehet er allenfalls<lb/>
darin, daß in einzelnen Landen der gute Glaube noch<lb/>
wirk&#x017F;amer i&#x017F;t und ihm mehr eingera&#x0364;umt wird, als in<lb/>
andern. Man wird z. B. hier, wenn man einen<lb/>
Contract u&#x0364;ber Lieferungen von Waaren &#x017F;chließt, doch<lb/>
wenig&#x017F;tens etwas &#x017F;chriftlich daru&#x0364;ber verfa&#x017F;&#x017F;en, zumal<lb/>
wenn man Geldvor&#x017F;chu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e darauf tuht. Mir aber<lb/>
hat ein glaubwu&#x0364;rdiger Mann, der in Canton lange<lb/>
als Ober-Kaufmann fu&#x0364;r die Holla&#x0364;ndi&#x017F;che Companie<lb/>
ge&#x017F;tanden, ver&#x017F;ichert, daß er mit &#x017F;einen Chine&#x017F;i&#x017F;chen<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[361/0369] C. 9. Anmerk. uͤber Handlungsrechte. des guten Glaubens erfodert, haben ihn darin gelei- tet und eine ſolche Uebereinſtimmung zu wege gebracht, wie man ſie ſonſt in menſchlichen Handlungen nicht leicht findet. In demjenigen, was man ſonſt Gewohn- heitsrechte nennt, findet ſich von einem Lande zum andern ſolch ein Unterſchied, daß der Rechtsgelehrte groſſe Bibliotheken von den Gewohnheits-Rechten ſammeln kann. Aber das, was in der Handlung zur Gewohnheit oder Uſanz geworden iſt, gilt, in den ein- fachen Faͤllen wenigſtens, in der ganzen handelnden Welt auf einerlei Art, und wuͤrde ein nicht ſtarkes Buch ausmachen, wenn es mit gehoͤriger Auswahl geſammelt wuͤrde. Es iſt z. B. kein Land, wo der Kaufmann, wenn er einen wichtigen Waarenhandel ſchließt, Notarien oder Zeugen herbei riefe, und es ihm bei entſtehendem Streit-Falle zum Nachteile ge- reichte, dies nicht getahn zu haben. Iſt ein Unter- ſchied in dergleichen Dingen, ſo beſtehet er allenfalls darin, daß in einzelnen Landen der gute Glaube noch wirkſamer iſt und ihm mehr eingeraͤumt wird, als in andern. Man wird z. B. hier, wenn man einen Contract uͤber Lieferungen von Waaren ſchließt, doch wenigſtens etwas ſchriftlich daruͤber verfaſſen, zumal wenn man Geldvorſchuͤſſe darauf tuht. Mir aber hat ein glaubwuͤrdiger Mann, der in Canton lange als Ober-Kaufmann fuͤr die Hollaͤndiſche Companie geſtanden, verſichert, daß er mit ſeinen Chineſiſchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/369
Zitationshilfe: Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/369>, abgerufen am 28.11.2024.