sich gewiß glaubt, daß er keinen andern Weg neh- men könne. Aber ich kenne einen Staat, in wel- chem ich die Strassen überall verfallen sah, von wel- chen ich wußte, das sie unter der vorigen Regierung in wenigstens erträglichem Zustande erhalten waren. Aber man erklärte mir dies so; Unser Regent sagt: Je länger die Fuhrleute und die Reisenden in mei- nem Lande aufgehalten werden, desto mehr Geld müssen sie verzehren.
§. 21.
II) Ganz anders muß freilich ein Regent ver- fahren, wenn die Lage seines Landes eine solche ist, daß der Transithandel noch seinen Weg neben demsel- ben finden kann. Zwar erträgt derselbe alsdann auch noch Zölle, selbst auf den Landwegen, aber diese müssen sehr mässig sein, und mit grosser Gelin- digkeit eingefodert werden. Diesem Handel fällt der Transitzoll selbst nicht so schweer, als die scharfe Durch- suchung mit dem daraus entstehenden Aufenhalt und den Plakkereien der Zollbedienten; und ein Umweg von vielen Meilen wird dem mit seinen Gütern durchzie- henden Fremdling nicht zu lang, um diese zu ver- meiden. Bis zu dem Jahre 1770 gieng der Zug der Polen von und zu der Leipziger Messe durch Breslau, wo ein Zoll von diesen Transitgütern von nur einem halben p C. gehoben ward. Aber man nahm
2ter Teil. S
C. 5. In Anſehung des Zwiſchenhandels.
ſich gewiß glaubt, daß er keinen andern Weg neh- men koͤnne. Aber ich kenne einen Staat, in wel- chem ich die Straſſen uͤberall verfallen ſah, von wel- chen ich wußte, das ſie unter der vorigen Regierung in wenigſtens ertraͤglichem Zuſtande erhalten waren. Aber man erklaͤrte mir dies ſo; Unſer Regent ſagt: Je laͤnger die Fuhrleute und die Reiſenden in mei- nem Lande aufgehalten werden, deſto mehr Geld muͤſſen ſie verzehren.
§. 21.
II) Ganz anders muß freilich ein Regent ver- fahren, wenn die Lage ſeines Landes eine ſolche iſt, daß der Tranſithandel noch ſeinen Weg neben demſel- ben finden kann. Zwar ertraͤgt derſelbe alsdann auch noch Zoͤlle, ſelbſt auf den Landwegen, aber dieſe muͤſſen ſehr maͤſſig ſein, und mit groſſer Gelin- digkeit eingefodert werden. Dieſem Handel faͤllt der Tranſitzoll ſelbſt nicht ſo ſchweer, als die ſcharfe Durch- ſuchung mit dem daraus entſtehenden Aufenhalt und den Plakkereien der Zollbedienten; und ein Umweg von vielen Meilen wird dem mit ſeinen Guͤtern durchzie- henden Fremdling nicht zu lang, um dieſe zu ver- meiden. Bis zu dem Jahre 1770 gieng der Zug der Polen von und zu der Leipziger Meſſe durch Breslau, wo ein Zoll von dieſen Tranſitguͤtern von nur einem halben p C. gehoben ward. Aber man nahm
2ter Teil. S
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C. 5. In Anſehung des Zwiſchenhandels.
ſich gewiß glaubt, daß er keinen andern Weg neh-
men koͤnne. Aber ich kenne einen Staat, in wel-
chem ich die Straſſen uͤberall verfallen ſah, von wel-
chen ich wußte, das ſie unter der vorigen Regierung
in wenigſtens ertraͤglichem Zuſtande erhalten waren.
Aber man erklaͤrte mir dies ſo; Unſer Regent ſagt:
Je laͤnger die Fuhrleute und die Reiſenden in mei-
nem Lande aufgehalten werden, deſto mehr Geld
muͤſſen ſie verzehren.
§. 21.
II) Ganz anders muß freilich ein Regent ver-
fahren, wenn die Lage ſeines Landes eine ſolche iſt,
daß der Tranſithandel noch ſeinen Weg neben demſel-
ben finden kann. Zwar ertraͤgt derſelbe alsdann
auch noch Zoͤlle, ſelbſt auf den Landwegen, aber
dieſe muͤſſen ſehr maͤſſig ſein, und mit groſſer Gelin-
digkeit eingefodert werden. Dieſem Handel faͤllt der
Tranſitzoll ſelbſt nicht ſo ſchweer, als die ſcharfe Durch-
ſuchung mit dem daraus entſtehenden Aufenhalt und
den Plakkereien der Zollbedienten; und ein Umweg von
vielen Meilen wird dem mit ſeinen Guͤtern durchzie-
henden Fremdling nicht zu lang, um dieſe zu ver-
meiden. Bis zu dem Jahre 1770 gieng der Zug
der Polen von und zu der Leipziger Meſſe durch
Breslau, wo ein Zoll von dieſen Tranſitguͤtern von nur
einem halben p C. gehoben ward. Aber man nahm
2ter Teil. S
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Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/281>, abgerufen am 22.02.2025.
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