zogtühmer, auch bei Schuldverschreibungen von Leu- ten geringern Standes, üblich. Die Folge davon ist nicht eigentliche Gefangensezung; sondern der Gläubiger deutet dem Schuldner einen Ort oder ge- wissen District an[,] wohin er sich begeben muß, und nicht von dort weichen darf, bevor er ihn befriedigt hat. Immittelst ist jener diesem zur Erteilung eines äusserst kärglichen Tagegeldes gehalten. Geht der Schuldner nicht in das ihm angewiesene Einlager, oder entweicht er aus demselben, so hat er seine Ehre verwirkt. Es hat Fälle der Art gegeben, in welchen die Gerichte darauf erkannt haben, daß einem Ade- lichen Schild und Helm von ehrloser Hand zerbro- chen ward.
§. 3.
Zwar ist in Staaten, wo Recht und Ordnung gilt, einem jeden Bürger und Landmann, der in seinem Nahrungs-Stande so zurük kömmt, daß er seine ein- gegangenen Verpflichtungen nicht erfüllen, und seine Schulden nicht bezahlen kann, gleich dem Kaufmann, erlaubt, ja gewissermassen vorgeschrieben, daß er seine Güter den Gerichten übergebe, und unter deren Autorität seinen Gläubigern die aus deren Ver- kauf entstehende Vergütung zugeteilt werde. Man nennt dies das Beneficium Cessionis Bonorum, ein in der Deutschen Gerichtssprache bisher nicht mei-
4. Buch. Von Huͤlfsgeſchaͤften der Handl.
zogtuͤhmer, auch bei Schuldverſchreibungen von Leu- ten geringern Standes, uͤblich. Die Folge davon iſt nicht eigentliche Gefangenſezung; ſondern der Glaͤubiger deutet dem Schuldner einen Ort oder ge- wiſſen Diſtrict an[,] wohin er ſich begeben muß, und nicht von dort weichen darf, bevor er ihn befriedigt hat. Immittelſt iſt jener dieſem zur Erteilung eines aͤuſſerſt kaͤrglichen Tagegeldes gehalten. Geht der Schuldner nicht in das ihm angewieſene Einlager, oder entweicht er aus demſelben, ſo hat er ſeine Ehre verwirkt. Es hat Faͤlle der Art gegeben, in welchen die Gerichte darauf erkannt haben, daß einem Ade- lichen Schild und Helm von ehrloſer Hand zerbro- chen ward.
§. 3.
Zwar iſt in Staaten, wo Recht und Ordnung gilt, einem jeden Buͤrger und Landmann, der in ſeinem Nahrungs-Stande ſo zuruͤk koͤmmt, daß er ſeine ein- gegangenen Verpflichtungen nicht erfuͤllen, und ſeine Schulden nicht bezahlen kann, gleich dem Kaufmann, erlaubt, ja gewiſſermaſſen vorgeſchrieben, daß er ſeine Guͤter den Gerichten uͤbergebe, und unter deren Autoritaͤt ſeinen Glaͤubigern die aus deren Ver- kauf entſtehende Verguͤtung zugeteilt werde. Man nennt dies das Beneficium Ceſſionis Bonorum, ein in der Deutſchen Gerichtsſprache bisher nicht mei-
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4. Buch. Von Huͤlfsgeſchaͤften der Handl.
zogtuͤhmer, auch bei Schuldverſchreibungen von Leu-
ten geringern Standes, uͤblich. Die Folge davon
iſt nicht eigentliche Gefangenſezung; ſondern der
Glaͤubiger deutet dem Schuldner einen Ort oder ge-
wiſſen Diſtrict an, wohin er ſich begeben muß, und
nicht von dort weichen darf, bevor er ihn befriedigt
hat. Immittelſt iſt jener dieſem zur Erteilung eines
aͤuſſerſt kaͤrglichen Tagegeldes gehalten. Geht der
Schuldner nicht in das ihm angewieſene Einlager,
oder entweicht er aus demſelben, ſo hat er ſeine Ehre
verwirkt. Es hat Faͤlle der Art gegeben, in welchen
die Gerichte darauf erkannt haben, daß einem Ade-
lichen Schild und Helm von ehrloſer Hand zerbro-
chen ward.
§. 3.
Zwar iſt in Staaten, wo Recht und Ordnung
gilt, einem jeden Buͤrger und Landmann, der in ſeinem
Nahrungs-Stande ſo zuruͤk koͤmmt, daß er ſeine ein-
gegangenen Verpflichtungen nicht erfuͤllen, und ſeine
Schulden nicht bezahlen kann, gleich dem Kaufmann,
erlaubt, ja gewiſſermaſſen vorgeſchrieben, daß er
ſeine Guͤter den Gerichten uͤbergebe, und unter
deren Autoritaͤt ſeinen Glaͤubigern die aus deren Ver-
kauf entſtehende Verguͤtung zugeteilt werde. Man
nennt dies das Beneficium Ceſſionis Bonorum,
ein in der Deutſchen Gerichtsſprache bisher nicht mei-
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Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/164>, abgerufen am 22.02.2025.
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