Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 1. Hamburg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

3. Buch. Verschiedene Arten der Handl.
schifft, und dann durch die Landfracht von ihren Bür-
gern weiter befördert werden sollten. (*)

(*) Diese seltsame Anmassung einer Landstadt ler-
nen wir aus Krauts Geschichte der Lüne-
burgischen Schaalfahrt
in dem ersten
Stück der Annalen der Br. Lüneh. Chur-
lande
. S. 67.
Der selige Kraut trug also kein Bedenken,
von seiner Vaterstadt, welcher er als Proto-
Syndicus diente, eine so gehässig scheinende
Sache ans Licht zu bringen. Aber was kann uns
jezt hindern zu gestehen, daß die Handlungs-
Politik der ehemals Hanseatischen Städte, so
wie die des ganzen Bundes, den höchsten Eigen-
nuz zum Gegenstand gehabt habe, daß sie, wo
sie nur konnte, einen Handlungszwang geübt
habe, dem derjenige nicht allerdings gleicht, zu
welchem die neuere Handlungspolitik der Fürsten
sich so rasch entschließt? Nur ein Tohr wird
sagen, an den Nachkommen der Hanseaten der
Vorzeit werde dadurch eine billige Vergeltung
geübt. So schwache Gründe müssen nicht in
der Handlungspolitik entscheiden. Denn die
Frage kömmt blos darauf an: ist Handlungs-
zwang überhaupt oder in gewissen Fällen fürs
Ganze, oder insbesondere für das Volk vorteil-
haft, dessen Handlung man dadurch aufzuhelfen
sucht? Und diese Frage bejahe ich in manchen
Fällen mit eben der Freimütigkeit, welche ich
haben würde, wenn ich selbst unter einem den
Handlungszwang liebenden Fürsten lebte.

3. Buch. Verſchiedene Arten der Handl.
ſchifft, und dann durch die Landfracht von ihren Buͤr-
gern weiter befoͤrdert werden ſollten. (*)

(*) Dieſe ſeltſame Anmaſſung einer Landſtadt ler-
nen wir aus Krauts Geſchichte der Luͤne-
burgiſchen Schaalfahrt
in dem erſten
Stuͤck der Annalen der Br. Luͤneh. Chur-
lande
. S. 67.
Der ſelige Kraut trug alſo kein Bedenken,
von ſeiner Vaterſtadt, welcher er als Proto-
Syndicus diente, eine ſo gehaͤſſig ſcheinende
Sache ans Licht zu bringen. Aber was kann uns
jezt hindern zu geſtehen, daß die Handlungs-
Politik der ehemals Hanſeatiſchen Staͤdte, ſo
wie die des ganzen Bundes, den hoͤchſten Eigen-
nuz zum Gegenſtand gehabt habe, daß ſie, wo
ſie nur konnte, einen Handlungszwang geuͤbt
habe, dem derjenige nicht allerdings gleicht, zu
welchem die neuere Handlungspolitik der Fuͤrſten
ſich ſo raſch entſchließt? Nur ein Tohr wird
ſagen, an den Nachkommen der Hanſeaten der
Vorzeit werde dadurch eine billige Vergeltung
geuͤbt. So ſchwache Gruͤnde muͤſſen nicht in
der Handlungspolitik entſcheiden. Denn die
Frage koͤmmt blos darauf an: iſt Handlungs-
zwang uͤberhaupt oder in gewiſſen Faͤllen fuͤrs
Ganze, oder insbeſondere fuͤr das Volk vorteil-
haft, deſſen Handlung man dadurch aufzuhelfen
ſucht? Und dieſe Frage bejahe ich in manchen
Faͤllen mit eben der Freimuͤtigkeit, welche ich
haben wuͤrde, wenn ich ſelbſt unter einem den
Handlungszwang liebenden Fuͤrſten lebte.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0254" n="232"/><fw place="top" type="header">3. Buch. Ver&#x017F;chiedene Arten der Handl.</fw><lb/>
&#x017F;chifft, und dann durch die Landfracht von ihren Bu&#x0364;r-<lb/>
gern weiter befo&#x0364;rdert werden &#x017F;ollten. <note place="foot" n="(*)">Die&#x017F;e &#x017F;elt&#x017F;ame Anma&#x017F;&#x017F;ung einer Land&#x017F;tadt ler-<lb/>
nen wir aus <hi rendition="#g">Krauts Ge&#x017F;chichte der Lu&#x0364;ne-<lb/>
burgi&#x017F;chen Schaalfahrt</hi> in dem er&#x017F;ten<lb/>
Stu&#x0364;ck der <hi rendition="#g">Annalen der Br. Lu&#x0364;neh. Chur-<lb/>
lande</hi>. S. 67.<lb/>
Der &#x017F;elige <hi rendition="#g">Kraut</hi> trug al&#x017F;o kein Bedenken,<lb/>
von &#x017F;einer Vater&#x017F;tadt, welcher er als Proto-<lb/>
Syndicus diente, eine &#x017F;o geha&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig &#x017F;cheinende<lb/>
Sache ans Licht zu bringen. Aber was kann uns<lb/>
jezt hindern zu ge&#x017F;tehen, daß die Handlungs-<lb/>
Politik der ehemals Han&#x017F;eati&#x017F;chen Sta&#x0364;dte, &#x017F;o<lb/>
wie die des ganzen Bundes, den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Eigen-<lb/>
nuz zum Gegen&#x017F;tand gehabt habe, daß &#x017F;ie, wo<lb/>
&#x017F;ie nur konnte, einen Handlungszwang geu&#x0364;bt<lb/>
habe, dem derjenige nicht allerdings gleicht, zu<lb/>
welchem die neuere Handlungspolitik der Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;o ra&#x017F;ch ent&#x017F;chließt? Nur ein Tohr wird<lb/>
&#x017F;agen, an den Nachkommen der Han&#x017F;eaten der<lb/>
Vorzeit werde dadurch eine billige Vergeltung<lb/>
geu&#x0364;bt. So &#x017F;chwache Gru&#x0364;nde mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en nicht in<lb/>
der Handlungspolitik ent&#x017F;cheiden. Denn die<lb/>
Frage ko&#x0364;mmt blos darauf an: i&#x017F;t Handlungs-<lb/>
zwang u&#x0364;berhaupt oder in gewi&#x017F;&#x017F;en Fa&#x0364;llen fu&#x0364;rs<lb/>
Ganze, oder insbe&#x017F;ondere fu&#x0364;r das Volk vorteil-<lb/>
haft, de&#x017F;&#x017F;en Handlung man dadurch aufzuhelfen<lb/>
&#x017F;ucht? Und die&#x017F;e Frage bejahe ich in manchen<lb/>
Fa&#x0364;llen mit eben der Freimu&#x0364;tigkeit, welche ich<lb/>
haben wu&#x0364;rde, wenn ich &#x017F;elb&#x017F;t unter einem den<lb/><choice><sic>Handlnngszwang</sic><corr>Handlungszwang</corr></choice> liebenden Fu&#x0364;r&#x017F;ten lebte.</note></p>
              </div><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0254] 3. Buch. Verſchiedene Arten der Handl. ſchifft, und dann durch die Landfracht von ihren Buͤr- gern weiter befoͤrdert werden ſollten. (*) (*) Dieſe ſeltſame Anmaſſung einer Landſtadt ler- nen wir aus Krauts Geſchichte der Luͤne- burgiſchen Schaalfahrt in dem erſten Stuͤck der Annalen der Br. Luͤneh. Chur- lande. S. 67. Der ſelige Kraut trug alſo kein Bedenken, von ſeiner Vaterſtadt, welcher er als Proto- Syndicus diente, eine ſo gehaͤſſig ſcheinende Sache ans Licht zu bringen. Aber was kann uns jezt hindern zu geſtehen, daß die Handlungs- Politik der ehemals Hanſeatiſchen Staͤdte, ſo wie die des ganzen Bundes, den hoͤchſten Eigen- nuz zum Gegenſtand gehabt habe, daß ſie, wo ſie nur konnte, einen Handlungszwang geuͤbt habe, dem derjenige nicht allerdings gleicht, zu welchem die neuere Handlungspolitik der Fuͤrſten ſich ſo raſch entſchließt? Nur ein Tohr wird ſagen, an den Nachkommen der Hanſeaten der Vorzeit werde dadurch eine billige Vergeltung geuͤbt. So ſchwache Gruͤnde muͤſſen nicht in der Handlungspolitik entſcheiden. Denn die Frage koͤmmt blos darauf an: iſt Handlungs- zwang uͤberhaupt oder in gewiſſen Faͤllen fuͤrs Ganze, oder insbeſondere fuͤr das Volk vorteil- haft, deſſen Handlung man dadurch aufzuhelfen ſucht? Und dieſe Frage bejahe ich in manchen Faͤllen mit eben der Freimuͤtigkeit, welche ich haben wuͤrde, wenn ich ſelbſt unter einem den Handlungszwang liebenden Fuͤrſten lebte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung01_1792/254
Zitationshilfe: Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 1. Hamburg, 1792, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung01_1792/254>, abgerufen am 16.07.2024.