der türkische Kaiser unter allen Poten- taten auf Erden den delicatesten Tisch führet. Jedoch ist dieß nur von den Speisen, nicht aber von dem Getränke zu verstehen, da, wie Sie wissen wer- den, Mahomets Gesetz seinen Anhän- gern den Wein verbietet. Auf ein gutes Glas Wein muß man also an öffent- lichen türkischen Tafeln Verzicht thun. Was indessen gleich nicht öffentlich ge- schieht, das geschieht doch nicht selten heimlich; und des Verbots ungeachtet, weiß mancher Türk so gut, als der beste deutsche Prälat, wie ein gutes Glas Wein schmeckt. Das war nun auch der Fall mit Seiner türkischen Hoheit. Bey der öffentlichen Tafel, an welcher gewöhnlich der türkische General-Su- perintendent, nähmlich der Mufti, in partem Salarii mit speisete und vor Tische das: Aller Augen -- nach Tische aber das Gratias beten mußte, wurde des Weines auch nicht mit einer einzigen Sylbe gedacht. Nach aufgehobener
Tafel
der tuͤrkiſche Kaiſer unter allen Poten- taten auf Erden den delicateſten Tiſch fuͤhret. Jedoch iſt dieß nur von den Speiſen, nicht aber von dem Getraͤnke zu verſtehen, da, wie Sie wiſſen wer- den, Mahomets Geſetz ſeinen Anhaͤn- gern den Wein verbietet. Auf ein gutes Glas Wein muß man alſo an oͤffent- lichen tuͤrkiſchen Tafeln Verzicht thun. Was indeſſen gleich nicht oͤffentlich ge- ſchieht, das geſchieht doch nicht ſelten heimlich; und des Verbots ungeachtet, weiß mancher Tuͤrk ſo gut, als der beſte deutſche Praͤlat, wie ein gutes Glas Wein ſchmeckt. Das war nun auch der Fall mit Seiner tuͤrkiſchen Hoheit. Bey der oͤffentlichen Tafel, an welcher gewoͤhnlich der tuͤrkiſche General-Su- perintendent, naͤhmlich der Mufti, in partem Salarii mit ſpeiſete und vor Tiſche das: Aller Augen — nach Tiſche aber das Gratias beten mußte, wurde des Weines auch nicht mit einer einzigen Sylbe gedacht. Nach aufgehobener
Tafel
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der tuͤrkiſche Kaiſer unter allen Poten-
taten auf Erden den delicateſten Tiſch
fuͤhret. Jedoch iſt dieß nur von den
Speiſen, nicht aber von dem Getraͤnke
zu verſtehen, da, wie Sie wiſſen wer-
den, Mahomets Geſetz ſeinen Anhaͤn-
gern den Wein verbietet. Auf ein gutes
Glas Wein muß man alſo an oͤffent-
lichen tuͤrkiſchen Tafeln Verzicht thun.
Was indeſſen gleich nicht oͤffentlich ge-
ſchieht, das geſchieht doch nicht ſelten
heimlich; und des Verbots ungeachtet,
weiß mancher Tuͤrk ſo gut, als der beſte
deutſche Praͤlat, wie ein gutes Glas
Wein ſchmeckt. Das war nun auch
der Fall mit Seiner tuͤrkiſchen Hoheit.
Bey der oͤffentlichen Tafel, an welcher
gewoͤhnlich der tuͤrkiſche General-Su-
perintendent, naͤhmlich der Mufti, in
partem Salarii mit ſpeiſete und vor Tiſche
das: Aller Augen — nach Tiſche aber
das Gratias beten mußte, wurde des
Weines auch nicht mit einer einzigen
Sylbe gedacht. Nach aufgehobener
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[Raspe, Rudolf Erich]: Wunderbare Reisen [...] des Freyherrn von Münchhausen [...]. London [i. e. Göttingen], 1786, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786/115>, abgerufen am 31.07.2024.
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