beugt zu haben, als ob ich blos aus Eigen- sin, Neuerungs- oder Geniesucht -- daß ich mich dieses von Crethi und Plethi so -- sehr ausgemergelten Spotworts bediene -- so, und nicht anders geschrieben hätte. Ich bin sonst keinesweges ein Feind der Mode und des Schlendrians; habe nicht gern ein Ab- zeichen an mir; seze meinen Hut, trage meine Haare und Kleider; kurz von Haupt bis zu Fus trage und gebärde ich mich immer gern, wie die meisten andern wackern Gesellen von meinem Schlage, und freue mich, wenn sie mich für Ihrer Einen halten, so lange Mode und Schlen- drian nur gut, oder wenigstens gleichgültig sind. Wo sie aber demjenigen, was mir besser scheint, das Widerspiel halten, da folge ich herzhaft meinem mir angebornen Freiheitssinne. Geschrieben im April 1778.
Bürger.
Ver-
beugt zu haben, als ob ich blos aus Eigen- ſin, Neuerungs- oder Genieſucht — daß ich mich dieſes von Crethi und Plethi ſo — ſehr ausgemergelten Spotworts bediene — ſo, und nicht anders geſchrieben haͤtte. Ich bin ſonſt keinesweges ein Feind der Mode und des Schlendrians; habe nicht gern ein Ab- zeichen an mir; ſeze meinen Hut, trage meine Haare und Kleider; kurz von Haupt bis zu Fus trage und gebaͤrde ich mich immer gern, wie die meiſten andern wackern Geſellen von meinem Schlage, und freue mich, wenn ſie mich fuͤr Ihrer Einen halten, ſo lange Mode und Schlen- drian nur gut, oder wenigſtens gleichguͤltig ſind. Wo ſie aber demjenigen, was mir beſſer ſcheint, das Widerſpiel halten, da folge ich herzhaft meinem mir angebornen Freiheitsſinne. Geſchrieben im April 1778.
Buͤrger.
Ver-
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0061"n="XXII"/>
beugt zu haben, als ob ich blos aus Eigen-<lb/>ſin, Neuerungs- oder Genieſucht — daß ich<lb/>
mich dieſes von Crethi und Plethi ſo —ſehr<lb/>
ausgemergelten Spotworts bediene —<hirendition="#fr">ſo,</hi><lb/>
und nicht anders geſchrieben haͤtte. Ich bin<lb/>ſonſt keinesweges ein Feind der Mode und<lb/>
des Schlendrians; habe nicht gern ein Ab-<lb/>
zeichen an mir; ſeze meinen Hut, trage<lb/>
meine Haare und Kleider; kurz von Haupt<lb/>
bis zu Fus trage und gebaͤrde ich mich<lb/>
immer gern, wie die meiſten andern<lb/>
wackern Geſellen von meinem Schlage,<lb/>
und freue mich, wenn ſie mich fuͤr Ihrer<lb/>
Einen halten, ſo lange Mode und Schlen-<lb/>
drian nur gut, oder wenigſtens gleichguͤltig<lb/>ſind. Wo ſie aber demjenigen, was mir<lb/>
beſſer ſcheint, das Widerſpiel halten, da<lb/>
folge ich herzhaft meinem mir angebornen<lb/>
Freiheitsſinne. Geſchrieben im April 1778.</p><lb/><p><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Buͤrger.</hi></hi></p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Ver-</hi></fw><lb/></front></text></TEI>
[XXII/0061]
beugt zu haben, als ob ich blos aus Eigen-
ſin, Neuerungs- oder Genieſucht — daß ich
mich dieſes von Crethi und Plethi ſo — ſehr
ausgemergelten Spotworts bediene — ſo,
und nicht anders geſchrieben haͤtte. Ich bin
ſonſt keinesweges ein Feind der Mode und
des Schlendrians; habe nicht gern ein Ab-
zeichen an mir; ſeze meinen Hut, trage
meine Haare und Kleider; kurz von Haupt
bis zu Fus trage und gebaͤrde ich mich
immer gern, wie die meiſten andern
wackern Geſellen von meinem Schlage,
und freue mich, wenn ſie mich fuͤr Ihrer
Einen halten, ſo lange Mode und Schlen-
drian nur gut, oder wenigſtens gleichguͤltig
ſind. Wo ſie aber demjenigen, was mir
beſſer ſcheint, das Widerſpiel halten, da
folge ich herzhaft meinem mir angebornen
Freiheitsſinne. Geſchrieben im April 1778.
Buͤrger.
Ver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778, S. XXII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/61>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.