Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778.Dichter -- Dichter sind? -- Petrarka's Ja, wird man mir nun einwenden, mich
Dichter — Dichter ſind? — Petrarka’s Ja, wird man mir nun einwenden, mich
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0049" n="X"/> Dichter — Dichter ſind? — Petrarka’s<lb/> Laura iſt gewis und warhaftig das nicht<lb/> geweſen, was die unſterblichen Lieder des<lb/> Dichters aus ihr gemacht haben. Mein er-<lb/> waͤhntes Lied iſt eine Fantaſie, im Geiſte<lb/> der Provenzal- und Minnedichter. Die Ge-<lb/> ſchichte erwaͤhnt nichts davon, daß im<lb/> zwoͤlften und dreizehnten Jahrhundert ein<lb/> Dichter uͤber Stellen in den Ban gethan<lb/> worden waͤre, woruͤber den Zeloten des acht-<lb/> zehnten die dummen Augen zum Kopf her-<lb/> aus ſchwellen.</p><lb/> <p>Ja, wird man mir nun einwenden,<lb/> dem geſunden Verſtande haſt du freilich kein<lb/> Aergernis gegeben; aber, Dichter, du ſol-<lb/> teſt doch auch der Schwachheit ſchonen.<lb/> Ich antworte hierauf: Es iſt zwar wider<lb/> meinen Charakter, die Schwachheit nur un-<lb/> ſchuldiger Weiſe zu aͤrgern; aber ſich auch<lb/> immer und ewig nach ihr zu geniren, giebt<lb/> der Menſchheit kein Gedeihen. Ich huͤte<lb/> <fw place="bottom" type="catch">mich</fw><lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [X/0049]
Dichter — Dichter ſind? — Petrarka’s
Laura iſt gewis und warhaftig das nicht
geweſen, was die unſterblichen Lieder des
Dichters aus ihr gemacht haben. Mein er-
waͤhntes Lied iſt eine Fantaſie, im Geiſte
der Provenzal- und Minnedichter. Die Ge-
ſchichte erwaͤhnt nichts davon, daß im
zwoͤlften und dreizehnten Jahrhundert ein
Dichter uͤber Stellen in den Ban gethan
worden waͤre, woruͤber den Zeloten des acht-
zehnten die dummen Augen zum Kopf her-
aus ſchwellen.
Ja, wird man mir nun einwenden,
dem geſunden Verſtande haſt du freilich kein
Aergernis gegeben; aber, Dichter, du ſol-
teſt doch auch der Schwachheit ſchonen.
Ich antworte hierauf: Es iſt zwar wider
meinen Charakter, die Schwachheit nur un-
ſchuldiger Weiſe zu aͤrgern; aber ſich auch
immer und ewig nach ihr zu geniren, giebt
der Menſchheit kein Gedeihen. Ich huͤte
mich
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Zitationshilfe: | Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778, S. X. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/49>, abgerufen am 16.02.2025. |