Und als sich der Liebling gestolen nach Haus, Da zog er, o Wunder! ein Blätchen heraus. Das Blätchen im Apfel sas heimlich und tief; Drauf stand gar traulich geschrieben ein Brief:
"Du Schönster der Schönsten, von nah und von fern, Du Schönster, vor Fürsten und Grafen und Herrn, Der du trägst züchtiger höher Gemüt, Als Fürsten und Grafen aus hohem Geblüt!
Dich hab' ich vor allen zum Liebsten erwält; Nach dir mein Busen sich sehnend zerquält; Mich labet nicht Ruhe, mich labet nicht Rast, Bevor du gestillet dies Sehnen mir hast.
Zur Mitternachtstunde las Schlummer und Traum, Las Bette, las Kammer und suche den Baum, Den Baum, der den Apfel der Liebe dir trug! Dein harret was Liebes; nun weist du genug."
Das
O 2
Und als ſich der Liebling geſtolen nach Haus, Da zog er, o Wunder! ein Blaͤtchen heraus. Das Blaͤtchen im Apfel ſas heimlich und tief; Drauf ſtand gar traulich geſchrieben ein Brief:
„Du Schoͤnſter der Schoͤnſten, von nah und von fern, Du Schoͤnſter, vor Fuͤrſten und Grafen und Herrn, Der du traͤgſt zuͤchtiger hoͤher Gemuͤt, Als Fuͤrſten und Grafen aus hohem Gebluͤt!
Dich hab’ ich vor allen zum Liebſten erwaͤlt; Nach dir mein Buſen ſich ſehnend zerquaͤlt; Mich labet nicht Ruhe, mich labet nicht Raſt, Bevor du geſtillet dies Sehnen mir haſt.
Zur Mitternachtſtunde las Schlummer und Traum, Las Bette, las Kammer und ſuche den Baum, Den Baum, der den Apfel der Liebe dir trug! Dein harret was Liebes; nun weiſt du genug.„
Das
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Und als ſich der Liebling geſtolen nach Haus,
Da zog er, o Wunder! ein Blaͤtchen heraus.
Das Blaͤtchen im Apfel ſas heimlich und tief;
Drauf ſtand gar traulich geſchrieben ein Brief:
„Du Schoͤnſter der Schoͤnſten, von nah und
von fern,
Du Schoͤnſter, vor Fuͤrſten und Grafen und Herrn,
Der du traͤgſt zuͤchtiger hoͤher Gemuͤt,
Als Fuͤrſten und Grafen aus hohem Gebluͤt!
Dich hab’ ich vor allen zum Liebſten erwaͤlt;
Nach dir mein Buſen ſich ſehnend zerquaͤlt;
Mich labet nicht Ruhe, mich labet nicht Raſt,
Bevor du geſtillet dies Sehnen mir haſt.
Zur Mitternachtſtunde las Schlummer und Traum,
Las Bette, las Kammer und ſuche den Baum,
Den Baum, der den Apfel der Liebe dir trug!
Dein harret was Liebes; nun weiſt du genug.„
Das
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Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/282>, abgerufen am 16.02.2025.
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