Das Mägdlein, durch den Schein Von Sitsamkeit betrogen, Ward endlich ihm gewogen. "Solt' er wol kurrig seyn? Sprach sie zu ihrer Amme, "Er gleicht ja einem Lamme!"
Die alte Strunsel rief: "Ei! welche schöne Frage! Nach alter teutscher Sage, Sind stille Wasser tief. Drum, Chere Enfant, drum bleibe Dem bösen Stier vom Leibe!" --
"Ich möchte, fiel sie ein, Ihm wol ein Kränzel binden, Und um die Hörner winden. Er wird schon artig seyn, Wenn ich hübsch traulich rabb'le Und hinter'm Ohr ihm krabb'le." --
Fort,
Das Maͤgdlein, durch den Schein Von Sitſamkeit betrogen, Ward endlich ihm gewogen. „Solt’ er wol kurrig ſeyn? Sprach ſie zu ihrer Amme, „Er gleicht ja einem Lamme!„
Die alte Strunſel rief: „Ei! welche ſchoͤne Frage! Nach alter teutſcher Sage, Sind ſtille Waſſer tief. Drum, Chere Enfant, drum bleibe Dem boͤſen Stier vom Leibe!„ —
„Ich moͤchte, fiel ſie ein, Ihm wol ein Kraͤnzel binden, Und um die Hoͤrner winden. Er wird ſchon artig ſeyn, Wenn ich huͤbſch traulich rabb’le Und hinter’m Ohr ihm krabb’le.„ —
Fort,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><l><pbfacs="#f0209"n="140"/></l><lgn="28"><l>Das Maͤgdlein, durch den Schein</l><lb/><l>Von Sitſamkeit betrogen,</l><lb/><l>Ward endlich ihm gewogen.</l><lb/><l>„Solt’ er wol kurrig ſeyn?</l><lb/><l>Sprach ſie zu ihrer Amme,</l><lb/><l>„Er gleicht ja einem Lamme!„</l></lg><lb/><lgn="29"><l>Die alte Strunſel rief:</l><lb/><l>„Ei! welche ſchoͤne Frage!</l><lb/><l>Nach alter teutſcher Sage,</l><lb/><l>Sind ſtille Waſſer tief.</l><lb/><l>Drum, <hirendition="#aq">Chere Enfant,</hi> drum bleibe</l><lb/><l>Dem boͤſen Stier vom Leibe!„—</l></lg><lb/><lgn="30"><l>„Ich moͤchte, fiel ſie ein,</l><lb/><l>Ihm wol ein Kraͤnzel binden,</l><lb/><l>Und um die Hoͤrner winden.</l><lb/><l>Er wird ſchon artig ſeyn,</l><lb/><l>Wenn ich huͤbſch traulich rabb’le</l><lb/><l>Und hinter’m Ohr ihm krabb’le.„—</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Fort,</fw><lb/><l></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[140/0209]
Das Maͤgdlein, durch den Schein
Von Sitſamkeit betrogen,
Ward endlich ihm gewogen.
„Solt’ er wol kurrig ſeyn?
Sprach ſie zu ihrer Amme,
„Er gleicht ja einem Lamme!„
Die alte Strunſel rief:
„Ei! welche ſchoͤne Frage!
Nach alter teutſcher Sage,
Sind ſtille Waſſer tief.
Drum, Chere Enfant, drum bleibe
Dem boͤſen Stier vom Leibe!„ —
„Ich moͤchte, fiel ſie ein,
Ihm wol ein Kraͤnzel binden,
Und um die Hoͤrner winden.
Er wird ſchon artig ſeyn,
Wenn ich huͤbſch traulich rabb’le
Und hinter’m Ohr ihm krabb’le.„ —
Fort,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/209>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.