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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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Radikale geht am Weihnachtsmorgen in das Münster und
läßt sich da das tiefste Herz vom Kirchengesang erschüttern,
(S. 337), oder er wandelt mit gleichgesinnten Freunden
durch das liebliche Elsaß und gibt begeisterten Bericht über
all' die Schönheit, die er da genießen durfte. (S. 332).
Freilich wird dies nur dem oberflächlichen Blick ein ver-
blüffender Gegensatz sein; wer tiefer schaut, erkennt leicht,
wie Büchner auch als Politiker ein Gemüthsmensch ist, wie
die leidenschaftliche Parteinahme für die Armen und Ge-
drückten und die innige Schwärmerei für die Natur aus
demselben weichen, zart empfindenden Herzen kommen. An
jener Reisebeschreibung aus den Vogesen wird es auch zuerst er-
sichtlich, wie er nicht blos trefflich zu schauen, sondern auch
trefflich zu schildern vermag. "Es war gegen Sonnenunter-
gang, die Alpen wie blasses Abendroth über der dunkel ge-
wordenen Erde". Dann der Sonnenaufgang! "Die Sonne
warf einen rothen Schein über die Landschaft. Ueber den
Schwarzwald und Jura schien das Gewölk, wie ein schäu-
mender Wasserfall zu stürzen, nur die Alpen standen hell
darüber, wie eine blitzende Milchstraße." Das sind Bilder
voll Prägnanz und Schönheit und kündigen bereits jenen
Meister in der Schilderung derselben Landschaft an, als
welcher sich Büchner zwei Jahre später in der Novelle
"Lenz" geoffenbart.

Er machte diese Reise in Begleitung der Brüder Stöber
(S. 387), dieselben Freunde waren seine Gefährten auf
ähnlichen Touren in den Schwarzwald. Diese Ausflüge,
sowie einen Ferienaufenthalt im elterlichen Hause (August
und September 1832) abgerechnet, lebte er still und zurück-
gezogen in Straßburg. Halbe Tage lange pflegte er auf

Radikale geht am Weihnachtsmorgen in das Münſter und
läßt ſich da das tiefſte Herz vom Kirchengeſang erſchüttern,
(S. 337), oder er wandelt mit gleichgeſinnten Freunden
durch das liebliche Elſaß und gibt begeiſterten Bericht über
all' die Schönheit, die er da genießen durfte. (S. 332).
Freilich wird dies nur dem oberflächlichen Blick ein ver-
blüffender Gegenſatz ſein; wer tiefer ſchaut, erkennt leicht,
wie Büchner auch als Politiker ein Gemüthsmenſch iſt, wie
die leidenſchaftliche Parteinahme für die Armen und Ge-
drückten und die innige Schwärmerei für die Natur aus
demſelben weichen, zart empfindenden Herzen kommen. An
jener Reiſebeſchreibung aus den Vogeſen wird es auch zuerſt er-
ſichtlich, wie er nicht blos trefflich zu ſchauen, ſondern auch
trefflich zu ſchildern vermag. "Es war gegen Sonnenunter-
gang, die Alpen wie blaſſes Abendroth über der dunkel ge-
wordenen Erde". Dann der Sonnenaufgang! "Die Sonne
warf einen rothen Schein über die Landſchaft. Ueber den
Schwarzwald und Jura ſchien das Gewölk, wie ein ſchäu-
mender Waſſerfall zu ſtürzen, nur die Alpen ſtanden hell
darüber, wie eine blitzende Milchſtraße." Das ſind Bilder
voll Prägnanz und Schönheit und kündigen bereits jenen
Meiſter in der Schilderung derſelben Landſchaft an, als
welcher ſich Büchner zwei Jahre ſpäter in der Novelle
"Lenz" geoffenbart.

Er machte dieſe Reiſe in Begleitung der Brüder Stöber
(S. 387), dieſelben Freunde waren ſeine Gefährten auf
ähnlichen Touren in den Schwarzwald. Dieſe Ausflüge,
ſowie einen Ferienaufenthalt im elterlichen Hauſe (Auguſt
und September 1832) abgerechnet, lebte er ſtill und zurück-
gezogen in Straßburg. Halbe Tage lange pflegte er auf

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[LVIII/0074] Radikale geht am Weihnachtsmorgen in das Münſter und läßt ſich da das tiefſte Herz vom Kirchengeſang erſchüttern, (S. 337), oder er wandelt mit gleichgeſinnten Freunden durch das liebliche Elſaß und gibt begeiſterten Bericht über all' die Schönheit, die er da genießen durfte. (S. 332). Freilich wird dies nur dem oberflächlichen Blick ein ver- blüffender Gegenſatz ſein; wer tiefer ſchaut, erkennt leicht, wie Büchner auch als Politiker ein Gemüthsmenſch iſt, wie die leidenſchaftliche Parteinahme für die Armen und Ge- drückten und die innige Schwärmerei für die Natur aus demſelben weichen, zart empfindenden Herzen kommen. An jener Reiſebeſchreibung aus den Vogeſen wird es auch zuerſt er- ſichtlich, wie er nicht blos trefflich zu ſchauen, ſondern auch trefflich zu ſchildern vermag. "Es war gegen Sonnenunter- gang, die Alpen wie blaſſes Abendroth über der dunkel ge- wordenen Erde". Dann der Sonnenaufgang! "Die Sonne warf einen rothen Schein über die Landſchaft. Ueber den Schwarzwald und Jura ſchien das Gewölk, wie ein ſchäu- mender Waſſerfall zu ſtürzen, nur die Alpen ſtanden hell darüber, wie eine blitzende Milchſtraße." Das ſind Bilder voll Prägnanz und Schönheit und kündigen bereits jenen Meiſter in der Schilderung derſelben Landſchaft an, als welcher ſich Büchner zwei Jahre ſpäter in der Novelle "Lenz" geoffenbart. Er machte dieſe Reiſe in Begleitung der Brüder Stöber (S. 387), dieſelben Freunde waren ſeine Gefährten auf ähnlichen Touren in den Schwarzwald. Dieſe Ausflüge, ſowie einen Ferienaufenthalt im elterlichen Hauſe (Auguſt und September 1832) abgerechnet, lebte er ſtill und zurück- gezogen in Straßburg. Halbe Tage lange pflegte er auf

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. LVIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/74>, abgerufen am 27.11.2024.