den einige Freundinnen schickten, ruhte in seinen Händen. Um 4 Uhr sollte das Begräbniß stattfinden, ich verließ daher gleich nach Tisch mit Minna das Haus, denn einem zer- rissenen Herzen konnten die Anstalten dazu keinen Trost ge- währen. Wir besuchten zuerst den Lieblingsspaziergang unsres Freundes, einen kleinen Platz am See, und dann begaben wir uns zu einer theilnehmenden Freundin, wo wir bis zum Abend blieben. Wilhelm holte uns dort ab und erzählte uns, daß mehrere hundert Personen, die beiden Bürgermeister und andere der angesehensten Einwohner der Stadt an der Spitze, den Verewigten zur Ruhestätte begleitet hatten. Die Theilnahme der ganzen Stadt war groß. Bekannte und Unbekannte waren tief erschüttert durch den Tod eines so geist- und talentvollen jungen Mannes.
Am Abend schickte eine Freundin einen Blumentopf, gefüllt mit der Erde, in der der Vollendete ruht. Das Immergrün, das darin stand und das auch auf seinem Grabe sproßt, sei uns ein Symbol der Hoffnung, der Hoffnung des Wiedersehns. Mit den herzlichsten, theilnehmendsten Worten an Minna war dieses sinnige Geschenk begleitet.
den einige Freundinnen ſchickten, ruhte in ſeinen Händen. Um 4 Uhr ſollte das Begräbniß ſtattfinden, ich verließ daher gleich nach Tiſch mit Minna das Haus, denn einem zer- riſſenen Herzen konnten die Anſtalten dazu keinen Troſt ge- währen. Wir beſuchten zuerſt den Lieblingsſpaziergang unſres Freundes, einen kleinen Platz am See, und dann begaben wir uns zu einer theilnehmenden Freundin, wo wir bis zum Abend blieben. Wilhelm holte uns dort ab und erzählte uns, daß mehrere hundert Perſonen, die beiden Bürgermeiſter und andere der angeſehenſten Einwohner der Stadt an der Spitze, den Verewigten zur Ruheſtätte begleitet hatten. Die Theilnahme der ganzen Stadt war groß. Bekannte und Unbekannte waren tief erſchüttert durch den Tod eines ſo geiſt- und talentvollen jungen Mannes.
Am Abend ſchickte eine Freundin einen Blumentopf, gefüllt mit der Erde, in der der Vollendete ruht. Das Immergrün, das darin ſtand und das auch auf ſeinem Grabe ſproßt, ſei uns ein Symbol der Hoffnung, der Hoffnung des Wiederſehns. Mit den herzlichſten, theilnehmendſten Worten an Minna war dieſes ſinnige Geſchenk begleitet.
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den einige Freundinnen ſchickten, ruhte in ſeinen Händen.
Um 4 Uhr ſollte das Begräbniß ſtattfinden, ich verließ daher
gleich nach Tiſch mit Minna das Haus, denn einem zer-
riſſenen Herzen konnten die Anſtalten dazu keinen Troſt ge-
währen. Wir beſuchten zuerſt den Lieblingsſpaziergang unſres
Freundes, einen kleinen Platz am See, und dann begaben
wir uns zu einer theilnehmenden Freundin, wo wir bis zum
Abend blieben. Wilhelm holte uns dort ab und erzählte
uns, daß mehrere hundert Perſonen, die beiden Bürgermeiſter
und andere der angeſehenſten Einwohner der Stadt an der
Spitze, den Verewigten zur Ruheſtätte begleitet hatten. Die
Theilnahme der ganzen Stadt war groß. Bekannte und
Unbekannte waren tief erſchüttert durch den Tod eines ſo
geiſt- und talentvollen jungen Mannes.
Am Abend ſchickte eine Freundin einen Blumentopf,
gefüllt mit der Erde, in der der Vollendete ruht. Das
Immergrün, das darin ſtand und das auch auf ſeinem Grabe
ſproßt, ſei uns ein Symbol der Hoffnung, der Hoffnung des
Wiederſehns. Mit den herzlichſten, theilnehmendſten Worten
an Minna war dieſes ſinnige Geſchenk begleitet.
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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/626>, abgerufen am 25.11.2024.
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