unzufrieden und will nicht, daß es mir geht, wie das erste Mal. Das sind Arbeiten, mit denen man nicht zu einer bestimmten Zeit fertig werden kann, wie der Schneider mit seinem Kleid....
42.
Zürich, den 26. October 1836.
........ Wie es mit dem Streite der Schweiz mit Frankreich gehen wird, weiß der Himmel. Doch hörte ich neulich Jemand sagen: "die Schweiz wird einen kleinen Knicks machen, und Frankreich wird sagen, es sei ein großer ge- wesen." Ich glaube, daß er Recht hat......
43.
Zürich, den 20. November 1836.
......... Was das politische Treiben anlangt, so könnt Ihr ganz ruhig sein. Laßt euch nur nicht durch die Ammenmährchen in unseren Zeitungen stören. Die Schweiz ist eine Republik, und weil die Leute sich gewöhnlich nicht anders zu helfen wissen, als daß sie sagen, jede Republik sei unmöglich, so erzählen sie den guten Deutschen jeden Tag von Anarchie, Mord und Todtschlag. Ihr werdet überrascht sein, wenn Ihr mich besucht; schon unterwegs überall freund- liche Dörfer mit schönen Häusern, und dann, je mehr Ihr Euch Zürich nähert und gar am See hin, ein durchgreifen- der Wohlstand; Dörfer und Städtchen haben ein Aussehen, wovon man bei uns keinen Begriff hat. Die Straßen laufen hier nicht voll Soldaten, Accessisten und faulen Staatsdienern, man riskirt nicht von einer adligen Kutsche überfahren zu werden; dafür überall ein gesundes, kräftiges Volk und um
G. Büchner's Werke. 24
unzufrieden und will nicht, daß es mir geht, wie das erſte Mal. Das ſind Arbeiten, mit denen man nicht zu einer beſtimmten Zeit fertig werden kann, wie der Schneider mit ſeinem Kleid....
42.
Zürich, den 26. October 1836.
........ Wie es mit dem Streite der Schweiz mit Frankreich gehen wird, weiß der Himmel. Doch hörte ich neulich Jemand ſagen: "die Schweiz wird einen kleinen Knicks machen, und Frankreich wird ſagen, es ſei ein großer ge- weſen." Ich glaube, daß er Recht hat......
43.
Zürich, den 20. November 1836.
......... Was das politiſche Treiben anlangt, ſo könnt Ihr ganz ruhig ſein. Laßt euch nur nicht durch die Ammenmährchen in unſeren Zeitungen ſtören. Die Schweiz iſt eine Republik, und weil die Leute ſich gewöhnlich nicht anders zu helfen wiſſen, als daß ſie ſagen, jede Republik ſei unmöglich, ſo erzählen ſie den guten Deutſchen jeden Tag von Anarchie, Mord und Todtſchlag. Ihr werdet überraſcht ſein, wenn Ihr mich beſucht; ſchon unterwegs überall freund- liche Dörfer mit ſchönen Häuſern, und dann, je mehr Ihr Euch Zürich nähert und gar am See hin, ein durchgreifen- der Wohlſtand; Dörfer und Städtchen haben ein Ausſehen, wovon man bei uns keinen Begriff hat. Die Straßen laufen hier nicht voll Soldaten, Acceſſiſten und faulen Staatsdienern, man riskirt nicht von einer adligen Kutſche überfahren zu werden; dafür überall ein geſundes, kräftiges Volk und um
G. Büchner's Werke. 24
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unzufrieden und will nicht, daß es mir geht, wie das erſte
Mal. Das ſind Arbeiten, mit denen man nicht zu einer
beſtimmten Zeit fertig werden kann, wie der Schneider mit
ſeinem Kleid....
42.
Zürich, den 26. October 1836.
........ Wie es mit dem Streite der Schweiz mit
Frankreich gehen wird, weiß der Himmel. Doch hörte ich
neulich Jemand ſagen: "die Schweiz wird einen kleinen Knicks
machen, und Frankreich wird ſagen, es ſei ein großer ge-
weſen." Ich glaube, daß er Recht hat......
43.
Zürich, den 20. November 1836.
......... Was das politiſche Treiben anlangt, ſo
könnt Ihr ganz ruhig ſein. Laßt euch nur nicht durch die
Ammenmährchen in unſeren Zeitungen ſtören. Die Schweiz
iſt eine Republik, und weil die Leute ſich gewöhnlich nicht
anders zu helfen wiſſen, als daß ſie ſagen, jede Republik ſei
unmöglich, ſo erzählen ſie den guten Deutſchen jeden Tag
von Anarchie, Mord und Todtſchlag. Ihr werdet überraſcht
ſein, wenn Ihr mich beſucht; ſchon unterwegs überall freund-
liche Dörfer mit ſchönen Häuſern, und dann, je mehr Ihr
Euch Zürich nähert und gar am See hin, ein durchgreifen-
der Wohlſtand; Dörfer und Städtchen haben ein Ausſehen,
wovon man bei uns keinen Begriff hat. Die Straßen laufen
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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/565>, abgerufen am 22.11.2024.
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