daß unsere Regierung die Ausweisung der Schuldigen ver- langen will. Wir stehen hier unter keinem gesetzlichen Schutz, halten uns eigentlich gegen das Gesetz hier auf, sind nur geduldet und somit ganz der Willkür des Präfecten über- lassen. Sollte ein derartiges Verlangen von unserer Regierung gestellt werden, so würde man nicht fragen: existirt eine solche Verbindung oder nicht?, sondern man würde ausweisen, was da ist. Ich kann zwar auf Protection genug zählen, um mich hier halten zu können, aber das geht nur so lange, als die hessische Regierung nicht besonders meine Ausweisung verlangt, denn in diesem Falle spricht das Gesetz zu deutlich, als daß die Behörde ihm nicht nachkommen müßte. Doch hoffe ich, das Alles ist übertrieben. Uns berührt auch folgende Thatsache: Dr.Schulz hat nämlich vor einigen Tagen den Befehl erhalten, Straßburg zu verlassen; er hatte hier ganz zurückgezogen gelebt, sich ganz ruhig verhalten und dennoch! Ich hoffe, daß unsere Regierung mich für zu unbedeutend hielt, um auch gegen mich ähnliche Maßregeln zu ergreifen, und daß ich somit ungestört bleiben werde. Sagt, ich sei in die Schweiz gegangen. -- Heumann sprach ich gestern. -- Auch sind in der letzten Zeit wieder fünf Flücht- linge aus Darmstadt und Gießen hier eingetroffen und bereits in die Schweiz weiter gereist. Rosenstiel, Wiener und Stamm sind unter ihnen. ....
27.
Straßburg, im Juli 1835.
..... "Ich würde Dir * das nicht sagen, wenn ich im Entferntesten jetzt an die Möglichkeit einer politischen
* Das Schreiben ist an Georgs Bruder, Wilhelm Büchner, gerichtet. Das vorangehende Stück existirt nicht mehr. F.
daß unſere Regierung die Ausweiſung der Schuldigen ver- langen will. Wir ſtehen hier unter keinem geſetzlichen Schutz, halten uns eigentlich gegen das Geſetz hier auf, ſind nur geduldet und ſomit ganz der Willkür des Präfecten über- laſſen. Sollte ein derartiges Verlangen von unſerer Regierung geſtellt werden, ſo würde man nicht fragen: exiſtirt eine ſolche Verbindung oder nicht?, ſondern man würde ausweiſen, was da iſt. Ich kann zwar auf Protection genug zählen, um mich hier halten zu können, aber das geht nur ſo lange, als die heſſiſche Regierung nicht beſonders meine Ausweiſung verlangt, denn in dieſem Falle ſpricht das Geſetz zu deutlich, als daß die Behörde ihm nicht nachkommen müßte. Doch hoffe ich, das Alles iſt übertrieben. Uns berührt auch folgende Thatſache: Dr.Schulz hat nämlich vor einigen Tagen den Befehl erhalten, Straßburg zu verlaſſen; er hatte hier ganz zurückgezogen gelebt, ſich ganz ruhig verhalten und dennoch! Ich hoffe, daß unſere Regierung mich für zu unbedeutend hielt, um auch gegen mich ähnliche Maßregeln zu ergreifen, und daß ich ſomit ungeſtört bleiben werde. Sagt, ich ſei in die Schweiz gegangen. — Heumann ſprach ich geſtern. — Auch ſind in der letzten Zeit wieder fünf Flücht- linge aus Darmſtadt und Gießen hier eingetroffen und bereits in die Schweiz weiter gereiſt. Roſenſtiel, Wiener und Stamm ſind unter ihnen. ....
27.
Straßburg, im Juli 1835.
..... "Ich würde Dir * das nicht ſagen, wenn ich im Entfernteſten jetzt an die Möglichkeit einer politiſchen
* Das Schreiben iſt an Georgs Bruder, Wilhelm Büchner, gerichtet. Das vorangehende Stück exiſtirt nicht mehr. F.
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daß unſere Regierung die Ausweiſung der Schuldigen ver-
langen will. Wir ſtehen hier unter keinem geſetzlichen Schutz,
halten uns eigentlich gegen das Geſetz hier auf, ſind nur
geduldet und ſomit ganz der Willkür des Präfecten über-
laſſen. Sollte ein derartiges Verlangen von unſerer Regierung
geſtellt werden, ſo würde man nicht fragen: exiſtirt eine ſolche
Verbindung oder nicht?, ſondern man würde ausweiſen, was
da iſt. Ich kann zwar auf Protection genug zählen, um
mich hier halten zu können, aber das geht nur ſo lange, als
die heſſiſche Regierung nicht beſonders meine Ausweiſung
verlangt, denn in dieſem Falle ſpricht das Geſetz zu deutlich,
als daß die Behörde ihm nicht nachkommen müßte. Doch
hoffe ich, das Alles iſt übertrieben. Uns berührt auch folgende
Thatſache: Dr. Schulz hat nämlich vor einigen Tagen
den Befehl erhalten, Straßburg zu verlaſſen; er hatte
hier ganz zurückgezogen gelebt, ſich ganz ruhig verhalten und
dennoch! Ich hoffe, daß unſere Regierung mich für zu
unbedeutend hielt, um auch gegen mich ähnliche Maßregeln
zu ergreifen, und daß ich ſomit ungeſtört bleiben werde. Sagt,
ich ſei in die Schweiz gegangen. — Heumann ſprach ich
geſtern. — Auch ſind in der letzten Zeit wieder fünf Flücht-
linge aus Darmſtadt und Gießen hier eingetroffen und bereits
in die Schweiz weiter gereiſt. Roſenſtiel, Wiener und
Stamm ſind unter ihnen. ....
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Straßburg, im Juli 1835.
..... "Ich würde Dir * das nicht ſagen, wenn ich
im Entfernteſten jetzt an die Möglichkeit einer politiſchen
* Das Schreiben iſt an Georgs Bruder, Wilhelm Büchner,
gerichtet. Das vorangehende Stück exiſtirt nicht mehr. F.
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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/545>, abgerufen am 23.11.2024.
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