..... Heute Morgen erhielt ich eine traurige Nach- richt; ein Flüchtling aus der Gegend von Gießen ist hier angekommen; er erzählte mir, in der Gegend von Marburg seien mehrere Personen verhaftet und bei einem von ihnen eine Presse gefunden worden, außerdem sind meine Freunde A. Becker und Klemm eingezogen worden, und Rector Weidig von Butzbach wird verfolgt. Ich begreife unter solchen Umständen die Freilassung von P ..... nicht. Jetzt erst bin ich froh, daß ich weg bin, man würde mich auf keinen Fall verschont haben. ... Ich sehe meiner Zu- kunft sehr ruhig entgegen. Jedenfalls könnte ich von meinen schriftstellerischen Arbeiten leben. .... Man hat mich auch aufgefordert, Kritiken über die neu erscheinenden französischen Werke in das Literaturblatt zu schicken, sie werden gut be- zahlt. Ich würde mir noch weit mehr verdienen können, wenn ich mehr Zeit darauf verwenden wollte, aber ich bin entschlossen, meinen Studienplan nicht aufzu- geben. .....
25.
Straßburg, den 5. Mai 1835
Schulz* und seine Frau gefallen mir sehr gut, ich habe schon seit längerer Zeit Bekanntschaft mit ihnen gemacht und besuche sie öfters. Schulz namentlich ist nichts weniger, als die unruhige Kanzleibürste, die ich mir unter ihm vor-
*Schulz war bekanntlich am 31. December 1834 durch die Hilfe seiner entschlossenen Frau aus der Festung entflohen und nach Straßburg gegangen. L. B.
24.
Straßburg, den 20. April 1835.
..... Heute Morgen erhielt ich eine traurige Nach- richt; ein Flüchtling aus der Gegend von Gießen iſt hier angekommen; er erzählte mir, in der Gegend von Marburg ſeien mehrere Perſonen verhaftet und bei einem von ihnen eine Preſſe gefunden worden, außerdem ſind meine Freunde A. Becker und Klemm eingezogen worden, und Rector Weidig von Butzbach wird verfolgt. Ich begreife unter ſolchen Umſtänden die Freilaſſung von P ..... nicht. Jetzt erſt bin ich froh, daß ich weg bin, man würde mich auf keinen Fall verſchont haben. ... Ich ſehe meiner Zu- kunft ſehr ruhig entgegen. Jedenfalls könnte ich von meinen ſchriftſtelleriſchen Arbeiten leben. .... Man hat mich auch aufgefordert, Kritiken über die neu erſcheinenden franzöſiſchen Werke in das Literaturblatt zu ſchicken, ſie werden gut be- zahlt. Ich würde mir noch weit mehr verdienen können, wenn ich mehr Zeit darauf verwenden wollte, aber ich bin entſchloſſen, meinen Studienplan nicht aufzu- geben. .....
25.
Straßburg, den 5. Mai 1835
Schulz* und ſeine Frau gefallen mir ſehr gut, ich habe ſchon ſeit längerer Zeit Bekanntſchaft mit ihnen gemacht und beſuche ſie öfters. Schulz namentlich iſt nichts weniger, als die unruhige Kanzleibürſte, die ich mir unter ihm vor-
*Schulz war bekanntlich am 31. December 1834 durch die Hilfe ſeiner entſchloſſenen Frau aus der Feſtung entflohen und nach Straßburg gegangen. L. B.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0542"n="346"/><divn="3"><head><hirendition="#c">24.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#g">Straßburg</hi>, den 20. April 1835.</dateline><lb/><p>..... Heute Morgen erhielt ich eine traurige Nach-<lb/>
richt; ein Flüchtling aus der Gegend von Gießen iſt hier<lb/>
angekommen; er erzählte mir, in der Gegend von Marburg<lb/>ſeien mehrere Perſonen verhaftet und bei einem von ihnen<lb/>
eine Preſſe gefunden worden, außerdem ſind meine Freunde<lb/>
A. <hirendition="#g">Becker</hi> und <hirendition="#g">Klemm</hi> eingezogen worden, und Rector<lb/><hirendition="#g">Weidig</hi> von Butzbach wird verfolgt. Ich begreife unter<lb/>ſolchen Umſtänden die Freilaſſung von P ..... nicht.<lb/>
Jetzt erſt bin ich froh, daß ich weg bin, man würde mich<lb/>
auf keinen Fall verſchont haben. ... Ich ſehe meiner Zu-<lb/>
kunft ſehr ruhig entgegen. Jedenfalls könnte ich von meinen<lb/>ſchriftſtelleriſchen Arbeiten leben. .... Man hat mich auch<lb/>
aufgefordert, Kritiken über die neu erſcheinenden franzöſiſchen<lb/>
Werke in das Literaturblatt zu ſchicken, ſie werden gut be-<lb/>
zahlt. Ich würde mir noch weit mehr verdienen können,<lb/>
wenn ich mehr Zeit darauf verwenden wollte, aber ich<lb/>
bin entſchloſſen, meinen <hirendition="#g">Studienplan nicht aufzu</hi>-<lb/><hirendition="#g">geben</hi>. .....</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#c">25.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#g">Straßburg</hi>, den 5. Mai 1835</dateline><lb/><p><hirendition="#g">Schulz</hi><noteplace="foot"n="*"><hirendition="#g">Schulz</hi> war bekanntlich am 31. December 1834 durch die<lb/>
Hilfe ſeiner entſchloſſenen Frau aus der Feſtung entflohen und nach<lb/>
Straßburg gegangen. <hirendition="#fr"><hirendition="#et">L. B.</hi></hi></note> und ſeine Frau gefallen mir ſehr gut, ich<lb/>
habe ſchon ſeit längerer Zeit Bekanntſchaft mit ihnen gemacht<lb/>
und beſuche ſie öfters. Schulz namentlich iſt nichts weniger,<lb/>
als die unruhige Kanzleibürſte, die ich mir unter ihm vor-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[346/0542]
24.
Straßburg, den 20. April 1835.
..... Heute Morgen erhielt ich eine traurige Nach-
richt; ein Flüchtling aus der Gegend von Gießen iſt hier
angekommen; er erzählte mir, in der Gegend von Marburg
ſeien mehrere Perſonen verhaftet und bei einem von ihnen
eine Preſſe gefunden worden, außerdem ſind meine Freunde
A. Becker und Klemm eingezogen worden, und Rector
Weidig von Butzbach wird verfolgt. Ich begreife unter
ſolchen Umſtänden die Freilaſſung von P ..... nicht.
Jetzt erſt bin ich froh, daß ich weg bin, man würde mich
auf keinen Fall verſchont haben. ... Ich ſehe meiner Zu-
kunft ſehr ruhig entgegen. Jedenfalls könnte ich von meinen
ſchriftſtelleriſchen Arbeiten leben. .... Man hat mich auch
aufgefordert, Kritiken über die neu erſcheinenden franzöſiſchen
Werke in das Literaturblatt zu ſchicken, ſie werden gut be-
zahlt. Ich würde mir noch weit mehr verdienen können,
wenn ich mehr Zeit darauf verwenden wollte, aber ich
bin entſchloſſen, meinen Studienplan nicht aufzu-
geben. .....
25.
Straßburg, den 5. Mai 1835
Schulz * und ſeine Frau gefallen mir ſehr gut, ich
habe ſchon ſeit längerer Zeit Bekanntſchaft mit ihnen gemacht
und beſuche ſie öfters. Schulz namentlich iſt nichts weniger,
als die unruhige Kanzleibürſte, die ich mir unter ihm vor-
* Schulz war bekanntlich am 31. December 1834 durch die
Hilfe ſeiner entſchloſſenen Frau aus der Feſtung entflohen und nach
Straßburg gegangen. L. B.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/542>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.