Alles -- wißt Ihr auch warum? Weil ich an dem näm- lichen Tag abgereist, an dem Minnigerode verhaftet wurde. Auf einen vagen Verdacht hin verletzte man die heiligsten Rechte und verlangte dann weiter Nichts, als daß ich mich über meine Reise ausweisen sollte!!! Das konnte ich natür- lich mit der größten Leichtigkeit; ich habe Briefe von B., die jedes Wort bestätigen, das ich gesprochen, und unter meinen Papieren befindet sich keine Zeile, die mich compro- mittiren könnte. Ihr könnt über die Sache ganz unbesorgt sein. Ich bin auf freiem Fuß, und es ist unmöglich, daß man einen Grund zur Verhaftung finde. Nur im Tiefsten bin ich über das Verfahren der Gerichte empört, auf den Verdacht eines möglichen Verdachts in die heiligsten Familien- geheimnisse einzubrechen. Man hat mich auf dem Univer- sitätsgericht bloß gefragt, wo ich mich während der drei letzten Tage aufgehalten, und um sich darüber Aufschluß zu verschaffen, erbricht man schon am zweiten Tag in meiner Abwesenheit meinen Pult und bemächtigt sich meiner Papiere! Ich werde mit einigen Rechtskundigen sprechen und sehen, ob die Gesetze für eine solche Verletzung Genugthuung schaffen! ....
20.
Gießen, den 8. August 1834.
..... Ich gehe meinen Beschäftigungen wie gewöhn- lich nach, vernommen bin ich nicht weiter geworden. Ver- dächtiges hat man nicht gefunden, nur die französischen Briefe scheinen noch nicht entziffert zu sein; der Herr Universitäts- richter muß sich wohl erst Unterricht im Französischen nehmen. Man hat mir sie noch nicht zurückgegeben. .... Uebrigens
Alles — wißt Ihr auch warum? Weil ich an dem näm- lichen Tag abgereiſt, an dem Minnigerode verhaftet wurde. Auf einen vagen Verdacht hin verletzte man die heiligſten Rechte und verlangte dann weiter Nichts, als daß ich mich über meine Reiſe ausweiſen ſollte!!! Das konnte ich natür- lich mit der größten Leichtigkeit; ich habe Briefe von B., die jedes Wort beſtätigen, das ich geſprochen, und unter meinen Papieren befindet ſich keine Zeile, die mich compro- mittiren könnte. Ihr könnt über die Sache ganz unbeſorgt ſein. Ich bin auf freiem Fuß, und es iſt unmöglich, daß man einen Grund zur Verhaftung finde. Nur im Tiefſten bin ich über das Verfahren der Gerichte empört, auf den Verdacht eines möglichen Verdachts in die heiligſten Familien- geheimniſſe einzubrechen. Man hat mich auf dem Univer- ſitätsgericht bloß gefragt, wo ich mich während der drei letzten Tage aufgehalten, und um ſich darüber Aufſchluß zu verſchaffen, erbricht man ſchon am zweiten Tag in meiner Abweſenheit meinen Pult und bemächtigt ſich meiner Papiere! Ich werde mit einigen Rechtskundigen ſprechen und ſehen, ob die Geſetze für eine ſolche Verletzung Genugthuung ſchaffen! ....
20.
Gießen, den 8. Auguſt 1834.
..... Ich gehe meinen Beſchäftigungen wie gewöhn- lich nach, vernommen bin ich nicht weiter geworden. Ver- dächtiges hat man nicht gefunden, nur die franzöſiſchen Briefe ſcheinen noch nicht entziffert zu ſein; der Herr Univerſitäts- richter muß ſich wohl erſt Unterricht im Franzöſiſchen nehmen. Man hat mir ſie noch nicht zurückgegeben. .... Uebrigens
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0536"n="340"/>
Alles — wißt Ihr auch warum? Weil ich an dem näm-<lb/>
lichen Tag abgereiſt, an dem Minnigerode verhaftet wurde.<lb/>
Auf einen vagen Verdacht hin verletzte man die heiligſten<lb/>
Rechte und verlangte dann weiter Nichts, als daß ich mich<lb/>
über meine Reiſe ausweiſen ſollte!!! Das konnte ich natür-<lb/>
lich mit der größten Leichtigkeit; ich habe Briefe von B.,<lb/>
die jedes Wort beſtätigen, das ich geſprochen, und unter<lb/>
meinen Papieren befindet ſich <hirendition="#b">keine</hi> Zeile, die mich compro-<lb/>
mittiren könnte. Ihr könnt über die Sache ganz unbeſorgt<lb/>ſein. Ich bin auf freiem Fuß, und es iſt unmöglich, daß<lb/>
man einen Grund zur Verhaftung finde. Nur im Tiefſten<lb/>
bin ich über das Verfahren der Gerichte empört, auf den<lb/>
Verdacht eines möglichen Verdachts in die heiligſten Familien-<lb/>
geheimniſſe einzubrechen. Man hat mich auf dem Univer-<lb/>ſitätsgericht <hirendition="#g">bloß gefragt</hi>, wo ich mich während der drei<lb/>
letzten Tage aufgehalten, und um ſich darüber Aufſchluß zu<lb/>
verſchaffen, <hirendition="#g">erbricht</hi> man ſchon am zweiten Tag in meiner<lb/>
Abweſenheit meinen Pult und bemächtigt ſich meiner Papiere!<lb/>
Ich werde mit einigen Rechtskundigen ſprechen und ſehen,<lb/>
ob die Geſetze für eine ſolche Verletzung Genugthuung<lb/>ſchaffen! ....</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#c">20.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#g">Gießen</hi>, den 8. Auguſt 1834.</dateline><lb/><p>..... Ich gehe meinen Beſchäftigungen wie gewöhn-<lb/>
lich nach, vernommen bin ich nicht weiter geworden. Ver-<lb/>
dächtiges hat man nicht gefunden, nur die franzöſiſchen Briefe<lb/>ſcheinen noch nicht entziffert zu ſein; der Herr Univerſitäts-<lb/>
richter muß ſich wohl erſt Unterricht im Franzöſiſchen nehmen.<lb/>
Man hat mir ſie noch nicht zurückgegeben. .... Uebrigens<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[340/0536]
Alles — wißt Ihr auch warum? Weil ich an dem näm-
lichen Tag abgereiſt, an dem Minnigerode verhaftet wurde.
Auf einen vagen Verdacht hin verletzte man die heiligſten
Rechte und verlangte dann weiter Nichts, als daß ich mich
über meine Reiſe ausweiſen ſollte!!! Das konnte ich natür-
lich mit der größten Leichtigkeit; ich habe Briefe von B.,
die jedes Wort beſtätigen, das ich geſprochen, und unter
meinen Papieren befindet ſich keine Zeile, die mich compro-
mittiren könnte. Ihr könnt über die Sache ganz unbeſorgt
ſein. Ich bin auf freiem Fuß, und es iſt unmöglich, daß
man einen Grund zur Verhaftung finde. Nur im Tiefſten
bin ich über das Verfahren der Gerichte empört, auf den
Verdacht eines möglichen Verdachts in die heiligſten Familien-
geheimniſſe einzubrechen. Man hat mich auf dem Univer-
ſitätsgericht bloß gefragt, wo ich mich während der drei
letzten Tage aufgehalten, und um ſich darüber Aufſchluß zu
verſchaffen, erbricht man ſchon am zweiten Tag in meiner
Abweſenheit meinen Pult und bemächtigt ſich meiner Papiere!
Ich werde mit einigen Rechtskundigen ſprechen und ſehen,
ob die Geſetze für eine ſolche Verletzung Genugthuung
ſchaffen! ....
20.
Gießen, den 8. Auguſt 1834.
..... Ich gehe meinen Beſchäftigungen wie gewöhn-
lich nach, vernommen bin ich nicht weiter geworden. Ver-
dächtiges hat man nicht gefunden, nur die franzöſiſchen Briefe
ſcheinen noch nicht entziffert zu ſein; der Herr Univerſitäts-
richter muß ſich wohl erſt Unterricht im Franzöſiſchen nehmen.
Man hat mir ſie noch nicht zurückgegeben. .... Uebrigens
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/536>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.