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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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Wandels und die Wahrheit erkennet: "daß nur ein Gott
ist, und keine Götter neben ihm, die sich Hoheiten und
Allerhöchste, heilig und unverantwortlich nennen lassen, daß
Gott alle Menschen frei und gleich in ihren Rechten schuf, und
daß keine Obrigkeit von Gott zum Segen verordnet ist, als
die, welche auf das Vertrauen des Volkes sich gründet und
vom Volke ausdrücklich oder stillschweigend erwählt ist; daß
dagegen die Obrigkeit die Gewalt, aber kein Recht über ein
Volk hat -- nur also von Gott ist, wie der Teufel auch von
Gott ist, und daß der Gehorsam gegen eine solche Teufels-
obrigkeit nur so lange gilt, bis ihre Teufelsgewalt gebrochen
werden kann; -- daß der Gott, der ein Volk durch Eine
Sprache zu einem Leibe vereinigte, die Gewaltigen, die es
zerfleischen und vertheilen oder gar in dreißig Stücke zer-
reißen, als Volksmörder und Tyrannen hier zeitlich und dort
ewiglich strafen wird, denn die Schrift sagt: Was Gott ver-
einigt hat, soll der Mensch nicht trennen; und daß der All-
mächtige, der aus der Einöde ein Paradies umschaffen kann,
auch ein Land des Jammers und des Elends wieder in ein
Paradies umschaffen kann, wie unser theuerwerthes Deutsch-
land war, bis seine Fürsten es zerfleischten und schunden."

Weil das deutsche Reich morsch und faul war, und die
Deutschen von Gott und von der Freiheit abgefallen waren,
hat Gott das Reich zu Trümmern gehen lassen, um es zu
einem Freistaat zu verjüngen.

Er hat eine Zeitlang "den Satansengeln Gewalt ge-
geben, daß sie Deutschland mit Fäusten schlügen, er hat den
Gewaltigen und Fürsten, die in der Finsterniß herrschen, den
bösen Geistern unter dem Himmel (Ephes. 6.) Gewalt ge-
geben, daß sie Bürger und Bauern peinigten und ihr Blut

Wandels und die Wahrheit erkennet: "daß nur ein Gott
iſt, und keine Götter neben ihm, die ſich Hoheiten und
Allerhöchſte, heilig und unverantwortlich nennen laſſen, daß
Gott alle Menſchen frei und gleich in ihren Rechten ſchuf, und
daß keine Obrigkeit von Gott zum Segen verordnet iſt, als
die, welche auf das Vertrauen des Volkes ſich gründet und
vom Volke ausdrücklich oder ſtillſchweigend erwählt iſt; daß
dagegen die Obrigkeit die Gewalt, aber kein Recht über ein
Volk hat — nur alſo von Gott iſt, wie der Teufel auch von
Gott iſt, und daß der Gehorſam gegen eine ſolche Teufels-
obrigkeit nur ſo lange gilt, bis ihre Teufelsgewalt gebrochen
werden kann; — daß der Gott, der ein Volk durch Eine
Sprache zu einem Leibe vereinigte, die Gewaltigen, die es
zerfleiſchen und vertheilen oder gar in dreißig Stücke zer-
reißen, als Volksmörder und Tyrannen hier zeitlich und dort
ewiglich ſtrafen wird, denn die Schrift ſagt: Was Gott ver-
einigt hat, ſoll der Menſch nicht trennen; und daß der All-
mächtige, der aus der Einöde ein Paradies umſchaffen kann,
auch ein Land des Jammers und des Elends wieder in ein
Paradies umſchaffen kann, wie unſer theuerwerthes Deutſch-
land war, bis ſeine Fürſten es zerfleiſchten und ſchunden."

Weil das deutſche Reich morſch und faul war, und die
Deutſchen von Gott und von der Freiheit abgefallen waren,
hat Gott das Reich zu Trümmern gehen laſſen, um es zu
einem Freiſtaat zu verjüngen.

Er hat eine Zeitlang "den Satansengeln Gewalt ge-
geben, daß ſie Deutſchland mit Fäuſten ſchlügen, er hat den
Gewaltigen und Fürſten, die in der Finſterniß herrſchen, den
böſen Geiſtern unter dem Himmel (Epheſ. 6.) Gewalt ge-
geben, daß ſie Bürger und Bauern peinigten und ihr Blut

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[278/0474] Wandels und die Wahrheit erkennet: "daß nur ein Gott iſt, und keine Götter neben ihm, die ſich Hoheiten und Allerhöchſte, heilig und unverantwortlich nennen laſſen, daß Gott alle Menſchen frei und gleich in ihren Rechten ſchuf, und daß keine Obrigkeit von Gott zum Segen verordnet iſt, als die, welche auf das Vertrauen des Volkes ſich gründet und vom Volke ausdrücklich oder ſtillſchweigend erwählt iſt; daß dagegen die Obrigkeit die Gewalt, aber kein Recht über ein Volk hat — nur alſo von Gott iſt, wie der Teufel auch von Gott iſt, und daß der Gehorſam gegen eine ſolche Teufels- obrigkeit nur ſo lange gilt, bis ihre Teufelsgewalt gebrochen werden kann; — daß der Gott, der ein Volk durch Eine Sprache zu einem Leibe vereinigte, die Gewaltigen, die es zerfleiſchen und vertheilen oder gar in dreißig Stücke zer- reißen, als Volksmörder und Tyrannen hier zeitlich und dort ewiglich ſtrafen wird, denn die Schrift ſagt: Was Gott ver- einigt hat, ſoll der Menſch nicht trennen; und daß der All- mächtige, der aus der Einöde ein Paradies umſchaffen kann, auch ein Land des Jammers und des Elends wieder in ein Paradies umſchaffen kann, wie unſer theuerwerthes Deutſch- land war, bis ſeine Fürſten es zerfleiſchten und ſchunden." Weil das deutſche Reich morſch und faul war, und die Deutſchen von Gott und von der Freiheit abgefallen waren, hat Gott das Reich zu Trümmern gehen laſſen, um es zu einem Freiſtaat zu verjüngen. Er hat eine Zeitlang "den Satansengeln Gewalt ge- geben, daß ſie Deutſchland mit Fäuſten ſchlügen, er hat den Gewaltigen und Fürſten, die in der Finſterniß herrſchen, den böſen Geiſtern unter dem Himmel (Epheſ. 6.) Gewalt ge- geben, daß ſie Bürger und Bauern peinigten und ihr Blut

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/474>, abgerufen am 25.11.2024.