Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.
Weiber müssen doch einen Vorwand zum Weggehen haben. Was thun? (Er geht zurück und setzt sich an die Tafel.) Oloferno (trinkt) Bei'm Hercules, meine Herrn, ich habe nie einen herrlichern Abend verlebt! Meine Damen, versucht diesen Wein. Er ist süßer, als Lacrimae Christi, und glühender, als der Wein von Cypern. Das ist Syra- kusaner, meine Herren! Gubetta (ißt). Oloferno ist betrunken, wie es scheint. Oloferno. Meine Damen, ich muß Euch einige Verse hersagen, die ich eben gemacht habe. Ich möchte ein besserer Dichter sein, als ich bin, um so bewundernswürdige Frauen zu feiern. Gubetta. Und ich möchte reicher sein, als ich bin, um meinen Freunden solche Weiber zu geben. Oloferno. Nichts ist süßer, als eine schöne Dame und ein gutes Essen zu besingen. Gubetta. Als, die Eine zu umarmen und das Andere zu essen. Oloferno. Ja, ich möchte Dichter sein. Ich möchte mich in den Himmel stürzen können. Ich wollte, ich hätte zwei Flügel .... Gubetta. Von einem Fasan auf meinem Teller. Oloferno. Ich will Euch aber doch mein Sonett her- sagen. Gubetta. Bei'm Teufel, Herr Marquis Oloferno Vi- tellozzo! Ich erlaube Euch, uns Euer Sonett nicht herzu- sagen. Wir wollen trinken! Oloferno. Ihr erlaubt mir, mein Sonett nicht her- zusagen? Gubetta. Wie ich den Hunden erlaube, mich nicht zu
Weiber müſſen doch einen Vorwand zum Weggehen haben. Was thun? (Er geht zurück und ſetzt ſich an die Tafel.) Oloferno (trinkt) Bei'm Hercules, meine Herrn, ich habe nie einen herrlichern Abend verlebt! Meine Damen, verſucht dieſen Wein. Er iſt ſüßer, als Lacrimae Christi, und glühender, als der Wein von Cypern. Das iſt Syra- kuſaner, meine Herren! Gubetta (ißt). Oloferno iſt betrunken, wie es ſcheint. Oloferno. Meine Damen, ich muß Euch einige Verſe herſagen, die ich eben gemacht habe. Ich möchte ein beſſerer Dichter ſein, als ich bin, um ſo bewundernswürdige Frauen zu feiern. Gubetta. Und ich möchte reicher ſein, als ich bin, um meinen Freunden ſolche Weiber zu geben. Oloferno. Nichts iſt ſüßer, als eine ſchöne Dame und ein gutes Eſſen zu beſingen. Gubetta. Als, die Eine zu umarmen und das Andere zu eſſen. Oloferno. Ja, ich möchte Dichter ſein. Ich möchte mich in den Himmel ſtürzen können. Ich wollte, ich hätte zwei Flügel .... Gubetta. Von einem Faſan auf meinem Teller. Oloferno. Ich will Euch aber doch mein Sonett her- ſagen. Gubetta. Bei'm Teufel, Herr Marquis Oloferno Vi- tellozzo! Ich erlaube Euch, uns Euer Sonett nicht herzu- ſagen. Wir wollen trinken! Oloferno. Ihr erlaubt mir, mein Sonett nicht her- zuſagen? Gubetta. Wie ich den Hunden erlaube, mich nicht zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#GUB"> <p><pb facs="#f0448" n="252"/> Weiber müſſen doch einen Vorwand zum Weggehen haben.<lb/> Was thun?</p> <stage>(Er geht zurück und ſetzt ſich an die Tafel.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#OLO"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Oloferno</hi> </hi> </speaker> <stage>(trinkt)</stage> <p>Bei'm Hercules, meine Herrn, ich<lb/> habe nie einen herrlichern Abend verlebt! Meine Damen,<lb/> verſucht dieſen Wein. Er iſt ſüßer, als <hi rendition="#aq">Lacrimae Christi,</hi><lb/> und glühender, als der Wein von Cypern. Das iſt Syra-<lb/> kuſaner, meine Herren!</p> </sp><lb/> <sp who="#GUB"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Gubetta</hi> </hi> </speaker> <stage>(ißt).</stage> <p>Oloferno iſt betrunken, wie es ſcheint.</p> </sp><lb/> <sp who="#OLO"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Oloferno.</hi> </hi> </speaker> <p>Meine Damen, ich muß Euch einige Verſe<lb/> herſagen, die ich eben gemacht habe. Ich möchte ein beſſerer<lb/> Dichter ſein, als ich bin, um ſo bewundernswürdige Frauen<lb/> zu feiern.</p> </sp><lb/> <sp who="#GUB"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Gubetta.</hi> </hi> </speaker> <p>Und ich möchte reicher ſein, als ich bin, um<lb/> meinen Freunden ſolche Weiber zu geben.</p> </sp><lb/> <sp who="#OLO"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Oloferno.</hi> </hi> </speaker> <p>Nichts iſt ſüßer, als eine ſchöne Dame und<lb/> ein gutes Eſſen zu beſingen.</p> </sp><lb/> <sp who="#GUB"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Gubetta.</hi> </hi> </speaker> <p>Als, die Eine zu umarmen und das Andere<lb/> zu eſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#OLO"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Oloferno.</hi> </hi> </speaker> <p>Ja, ich möchte Dichter ſein. Ich möchte mich<lb/> in den Himmel ſtürzen können. Ich wollte, ich hätte zwei<lb/> Flügel ....</p> </sp><lb/> <sp who="#GUB"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Gubetta.</hi> </hi> </speaker> <p>Von einem Faſan auf meinem Teller.</p> </sp><lb/> <sp who="#OLO"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Oloferno.</hi> </hi> </speaker> <p>Ich will Euch aber doch mein Sonett her-<lb/> ſagen.</p> </sp><lb/> <sp who="#GUB"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Gubetta.</hi> </hi> </speaker> <p>Bei'm Teufel, Herr Marquis Oloferno Vi-<lb/> tellozzo! Ich erlaube Euch, uns Euer Sonett nicht herzu-<lb/> ſagen. Wir wollen trinken!</p> </sp><lb/> <sp who="#OLO"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Oloferno.</hi> </hi> </speaker> <p>Ihr erlaubt mir, mein Sonett nicht her-<lb/> zuſagen?</p> </sp><lb/> <sp who="#GUB"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Gubetta.</hi> </hi> </speaker> <p>Wie ich den Hunden erlaube, mich nicht zu<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [252/0448]
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Was thun? (Er geht zurück und ſetzt ſich an die Tafel.)
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habe nie einen herrlichern Abend verlebt! Meine Damen,
verſucht dieſen Wein. Er iſt ſüßer, als Lacrimae Christi,
und glühender, als der Wein von Cypern. Das iſt Syra-
kuſaner, meine Herren!
Gubetta (ißt). Oloferno iſt betrunken, wie es ſcheint.
Oloferno. Meine Damen, ich muß Euch einige Verſe
herſagen, die ich eben gemacht habe. Ich möchte ein beſſerer
Dichter ſein, als ich bin, um ſo bewundernswürdige Frauen
zu feiern.
Gubetta. Und ich möchte reicher ſein, als ich bin, um
meinen Freunden ſolche Weiber zu geben.
Oloferno. Nichts iſt ſüßer, als eine ſchöne Dame und
ein gutes Eſſen zu beſingen.
Gubetta. Als, die Eine zu umarmen und das Andere
zu eſſen.
Oloferno. Ja, ich möchte Dichter ſein. Ich möchte mich
in den Himmel ſtürzen können. Ich wollte, ich hätte zwei
Flügel ....
Gubetta. Von einem Faſan auf meinem Teller.
Oloferno. Ich will Euch aber doch mein Sonett her-
ſagen.
Gubetta. Bei'm Teufel, Herr Marquis Oloferno Vi-
tellozzo! Ich erlaube Euch, uns Euer Sonett nicht herzu-
ſagen. Wir wollen trinken!
Oloferno. Ihr erlaubt mir, mein Sonett nicht her-
zuſagen?
Gubetta. Wie ich den Hunden erlaube, mich nicht zu
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Zitationshilfe: | Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/448>, abgerufen am 16.07.2024. |