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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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gestellt und predigt). Jedoch, wenn ein Wanderer, der gelehnt
steht an dem Strom der Zeit oder aber sich die göttliche
Weisheit beantwortet und fraget: Warum ist der Mensch?
Aber wahrlich, geliebte Zuhörer, ich sage Euch, es ist gut
so, denn von was hätten der Landmann, der Faßbinder, der
Schneider, der Arzt leben sollen, wenn Gott den Menschen
nicht geschaffen hätte? Von was hätte der Schneider leben
sollen, wenn er nicht dem Menschen die Empfindung der
Schamhaftigkeit eingepflanzt hätte? von was der Soldat und
der Wirth, wenn er ihn nicht mit dem Bedürfniß des Todt-
schlagens und der Feuchtigkeit ausgerüstet hätte? Darum
zweifelt nicht, Geliebteste, ja! ja! es ist Alles lieblich und
fein, aber alles Irdische ist eitel, selbst das Geld geht in
Verwesung über, und meine unsterbliche Seele stinket sehr
nach Branntewein. Zum Schluß, meine geliebten Zuhörer,
lasset uns noch über's Kreuz p -- n, damit ein Jud' stirbt!
Wozzeck. Sie hat rothe Backen, und er einen schönen
Bart! Warum nicht? Warum also nicht?
Ein Irrsinniger (drängt sich neben Wozzeck ans Fenster).
Lustig, lustig, aber es riecht --
Wozzeck. Narr, was willst du?
Irrsinniger. Ich riech, ich riech Blut!
Wozzeck. Blut! Ha Blut! Mir wird roth vor den
Augen. Mir ist, als wälzten sie sich alle in einem Meer
von Blut über einander.


geſtellt und predigt). Jedoch, wenn ein Wanderer, der gelehnt
ſteht an dem Strom der Zeit oder aber ſich die göttliche
Weisheit beantwortet und fraget: Warum iſt der Menſch?
Aber wahrlich, geliebte Zuhörer, ich ſage Euch, es iſt gut
ſo, denn von was hätten der Landmann, der Faßbinder, der
Schneider, der Arzt leben ſollen, wenn Gott den Menſchen
nicht geſchaffen hätte? Von was hätte der Schneider leben
ſollen, wenn er nicht dem Menſchen die Empfindung der
Schamhaftigkeit eingepflanzt hätte? von was der Soldat und
der Wirth, wenn er ihn nicht mit dem Bedürfniß des Todt-
ſchlagens und der Feuchtigkeit ausgerüſtet hätte? Darum
zweifelt nicht, Geliebteſte, ja! ja! es iſt Alles lieblich und
fein, aber alles Irdiſche iſt eitel, ſelbſt das Geld geht in
Verweſung über, und meine unſterbliche Seele ſtinket ſehr
nach Branntewein. Zum Schluß, meine geliebten Zuhörer,
laſſet uns noch über's Kreuz p — n, damit ein Jud' ſtirbt!
Wozzeck. Sie hat rothe Backen, und er einen ſchönen
Bart! Warum nicht? Warum alſo nicht?
Ein Irrſinniger (drängt ſich neben Wozzeck ans Fenſter).
Luſtig, luſtig, aber es riecht —
Wozzeck. Narr, was willſt du?
Irrſinniger. Ich riech, ich riech Blut!
Wozzeck. Blut! Ha Blut! Mir wird roth vor den
Augen. Mir iſt, als wälzten ſie ſich alle in einem Meer
von Blut über einander.


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[189/0385] geſtellt und predigt). Jedoch, wenn ein Wanderer, der gelehnt ſteht an dem Strom der Zeit oder aber ſich die göttliche Weisheit beantwortet und fraget: Warum iſt der Menſch? Aber wahrlich, geliebte Zuhörer, ich ſage Euch, es iſt gut ſo, denn von was hätten der Landmann, der Faßbinder, der Schneider, der Arzt leben ſollen, wenn Gott den Menſchen nicht geſchaffen hätte? Von was hätte der Schneider leben ſollen, wenn er nicht dem Menſchen die Empfindung der Schamhaftigkeit eingepflanzt hätte? von was der Soldat und der Wirth, wenn er ihn nicht mit dem Bedürfniß des Todt- ſchlagens und der Feuchtigkeit ausgerüſtet hätte? Darum zweifelt nicht, Geliebteſte, ja! ja! es iſt Alles lieblich und fein, aber alles Irdiſche iſt eitel, ſelbſt das Geld geht in Verweſung über, und meine unſterbliche Seele ſtinket ſehr nach Branntewein. Zum Schluß, meine geliebten Zuhörer, laſſet uns noch über's Kreuz p — n, damit ein Jud' ſtirbt! Wozzeck. Sie hat rothe Backen, und er einen ſchönen Bart! Warum nicht? Warum alſo nicht? Ein Irrſinniger (drängt ſich neben Wozzeck ans Fenſter). Luſtig, luſtig, aber es riecht — Wozzeck. Narr, was willſt du? Irrſinniger. Ich riech, ich riech Blut! Wozzeck. Blut! Ha Blut! Mir wird roth vor den Augen. Mir iſt, als wälzten ſie ſich alle in einem Meer von Blut über einander.

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/385>, abgerufen am 25.11.2024.