Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879. Wozzeck. Still, wieder Alles still, als wär' die Welt todt! Andres. Nacht! Wir müssen heim! Die Stadt. Marie, mit ihrem Kinde am Fenster. Margareth. -- Der Zapfen- streich geht vorbei, der Tambourmajor voran. Marie. (das Kind auf dem Arm wiegend). He Bub! Sa sa! Ra ra ra! Hörst? Da kommen sie! Margareth. Was ein Mann! wie ein Baum! Marie. Er steht auf seinen Füßen, wie ein Löw. (Tambourmajor grüßt.) Margareth. Ei was freundliche Augen, Frau Nach- barin! So was is man an ihr nit gewohnt. Marie (singt): Soldaten das sind schöne Bursch -- Soldaten, Soldaten! -- Margareth. Ihre Augen glänzen ja noch -- Marie. Und wenn! Was geht Sie's an? Trag' Sie ihre Augen zum Juden, und laß Sie sie putzen, vielleicht glänzen sie auch noch, daß man sie für zwei Knöpf' ver- kaufen könnt. Margareth. Was Sie, Sie Frau Jungfer! Ich bin eine honette Person, aber Sie, das weiß Jeder, Sie guckt sieben Paar lederne Hosen durch. Wozzeck. Still, wieder Alles ſtill, als wär' die Welt todt! Andres. Nacht! Wir müſſen heim! Die Stadt. Marie, mit ihrem Kinde am Fenſter. Margareth. — Der Zapfen- ſtreich geht vorbei, der Tambourmajor voran. Marie. (das Kind auf dem Arm wiegend). He Bub! Sa ſa! Ra ra ra! Hörſt? Da kommen ſie! Margareth. Was ein Mann! wie ein Baum! Marie. Er ſteht auf ſeinen Füßen, wie ein Löw. (Tambourmajor grüßt.) Margareth. Ei was freundliche Augen, Frau Nach- barin! So was is man an ihr nit gewohnt. Marie (ſingt): Soldaten das ſind ſchöne Burſch — Soldaten, Soldaten! — Margareth. Ihre Augen glänzen ja noch — Marie. Und wenn! Was geht Sie's an? Trag' Sie ihre Augen zum Juden, und laß Sie ſie putzen, vielleicht glänzen ſie auch noch, daß man ſie für zwei Knöpf' ver- kaufen könnt. Margareth. Was Sie, Sie Frau Jungfer! Ich bin eine honette Perſon, aber Sie, das weiß Jeder, Sie guckt ſieben Paar lederne Hoſen durch. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div type="scene" n="3"> <pb facs="#f0369" n="173"/> <sp who="#WOZ"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker> <p>Still, wieder Alles ſtill, als wär' die<lb/> Welt todt!</p> </sp><lb/> <sp who="#AND"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Andres.</hi> </hi> </speaker> <p>Nacht! Wir müſſen heim!</p> </sp> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div type="scene" n="3"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Stadt</hi>.</hi> </hi> </hi> </head><lb/> <stage><hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Marie,</hi></hi> mit ihrem Kinde am Fenſter. <hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Margareth.</hi></hi> — Der Zapfen-<lb/> ſtreich geht vorbei, der <hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Tambourmajor</hi></hi> voran.</stage><lb/> <sp who="#MARIE"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </hi> </speaker> <stage>(das Kind auf dem Arm wiegend).</stage> <p>He Bub!<lb/> Sa ſa! Ra ra ra! Hörſt? Da kommen ſie!</p> </sp><lb/> <sp who="#MARGA"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Margareth.</hi> </hi> </speaker> <p>Was ein Mann! wie ein Baum!</p> </sp><lb/> <sp who="#MARIE"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </hi> </speaker> <p>Er ſteht auf ſeinen Füßen, wie ein Löw.</p><lb/> <stage>(Tambourmajor grüßt.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#MARGA"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Margareth.</hi> </hi> </speaker> <p>Ei was freundliche Augen, Frau Nach-<lb/> barin! So was is man an ihr nit gewohnt.</p> </sp><lb/> <sp who="#MARIE"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Marie</hi> </hi> </speaker> <stage>(ſingt):</stage><lb/> <lg type="poem"> <l>Soldaten das ſind ſchöne Burſch —</l><lb/> <l>Soldaten, Soldaten! —</l> </lg> </sp><lb/> <sp who="#MARGA"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Margareth.</hi> </hi> </speaker> <p>Ihre Augen glänzen ja noch —</p> </sp><lb/> <sp who="#MARIE"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </hi> </speaker> <p>Und wenn! Was geht Sie's an? Trag' Sie<lb/> ihre Augen zum Juden, und laß Sie ſie putzen, vielleicht<lb/> glänzen ſie auch noch, daß man ſie für zwei Knöpf' ver-<lb/> kaufen könnt.</p> </sp><lb/> <sp who="#MARGA"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Margareth.</hi> </hi> </speaker> <p>Was Sie, Sie Frau Jungfer! Ich bin<lb/> eine honette Perſon, aber Sie, das weiß Jeder, Sie guckt<lb/> ſieben Paar lederne Hoſen durch.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [173/0369]
Wozzeck. Still, wieder Alles ſtill, als wär' die
Welt todt!
Andres. Nacht! Wir müſſen heim!
Die Stadt.
Marie, mit ihrem Kinde am Fenſter. Margareth. — Der Zapfen-
ſtreich geht vorbei, der Tambourmajor voran.
Marie. (das Kind auf dem Arm wiegend). He Bub!
Sa ſa! Ra ra ra! Hörſt? Da kommen ſie!
Margareth. Was ein Mann! wie ein Baum!
Marie. Er ſteht auf ſeinen Füßen, wie ein Löw.
(Tambourmajor grüßt.)
Margareth. Ei was freundliche Augen, Frau Nach-
barin! So was is man an ihr nit gewohnt.
Marie (ſingt):
Soldaten das ſind ſchöne Burſch —
Soldaten, Soldaten! —
Margareth. Ihre Augen glänzen ja noch —
Marie. Und wenn! Was geht Sie's an? Trag' Sie
ihre Augen zum Juden, und laß Sie ſie putzen, vielleicht
glänzen ſie auch noch, daß man ſie für zwei Knöpf' ver-
kaufen könnt.
Margareth. Was Sie, Sie Frau Jungfer! Ich bin
eine honette Perſon, aber Sie, das weiß Jeder, Sie guckt
ſieben Paar lederne Hoſen durch.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/369 |
Zitationshilfe: | Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/369>, abgerufen am 16.02.2025. |